UBS schluckt Konkurrentin So fallen die Reaktionen auf die Credit-Suisse-Übernahme aus
Christian Haas von Eleway
private banking magazin: Was ist passiert aus Sicht eines Personalberaters?
Christian Haas: Ein qualitativer Erfolgsfaktor im Banking ist Vertrauen. Dieses Vertrauen haben die Anleger und Kunden der Credit Suisse verloren. Viele der Fehler waren selbstverschuldet; jahrelange finanzielle Fehltritte, Handelsverluste und Skandale haben das Unternehmen milliardenschwere Verluste und Bussen gekostet. Das wichtigste Asset eines jeden Unternehmens machen die Menschen aus, die das Unternehmen führen. Der angesprochene kulturelle Wandel wurde von vielen, vor allem auch aber von Mitarbeitern als reines Lippenbekenntnis wahrgenommen. In der jüngsten Vergangenheit hätte die Credit Suisse ein Leadership-Team benötigt, mit welchem sich die Mitarbeiter identifizieren hätten können, das Richtung vorgibt, motiviert, unterstützt und mit Beispiel vorangeht. So wie die Anleger das Vertrauen in die Credit Suisse verloren haben, haben auch viele Mitarbeiter das Vertrauen in ihre Credit Suisse verloren.
Welche Auswirkungen hat der Zusammenschluss/Übernahme?
Haas: Zurück bleiben praktisch nur Verlierer. Die Aktionäre, die einen Bruchteil Ihres Investments erhalten. Kunden, die mit weniger Wettbewerb unter den Banken rechnen müssen. Und als ganz zentrales Element: Viele Mitarbeiter der Credit Suisse, die vermutlich Ihren Job verlieren werden.
Welche Jobprofile sind besonders betroffen?
Haas: Mit dieser großen neuen Superbank werden viele Jobs doppelt besetzt sein. Wenn man sich hierzu in der Schweiz das Filialnetz vor Augen hält, welches vor allem Privat- und Firmenkundenberatung anbietet, wird einem schnell bewusst, dass es Doppelfunktionen über die gesamte Wertschöpfungskette bestehen, sprich vom Backoffice bis zur Front. Im Asset Management zum Beispiel bestehen ebenfalls viele Doppelspurigkeiten. Als Beispiel hierzu das Indexgeschäft: die Credit Suisse und die UBS haben hier beide einen wesentlichen Marktanteil im Schweizer Markt.
Gibt es Gewinner am Personalmarkt?
Haas: Gute Talente werden sich jetzt proaktiv nach anderen Karriereopportunitäten umsehen. Somit ist es jetzt die Gelegenheit für andere Finanzdienstleister, gute Talente gewinnen zu können. Zum Anderen werden Berater wie beispielsweise Outplacement-Agenturen jetzt bestimmt vielen Credit-Suisse-Leuten helfen können, sich neu zu positionieren.
Werden Gehaltsstrukturen unter Druck geraten?
Haas: Das glauben wir nicht.
Hat dieses Event eine Strahlkraft auf den Schweizer Arbeitsmarkt?
Haas: Es löst eine starke Grundsatzdiskussion zur „too big too fail“-Debatte aus. Als die UBS im 2008 gerettet werden musste, sollten die Rahmenbedingungen so ausgestaltet werden, dass eine Bank nie mehr gerettet werden muss. Etwa 15 Jahre später sind wir in einer ähnlichen Situation. Der Bundesrat hat zwar formuliert, dass die vorliegende Situation keine Rettung der Credit Suisse sei, sondern eine Übernahme der UBS. In der Schweiz wie aber auch global wird der Event klar mit einer Rettung zugunsten des Finanzplatzes Schweiz und des internationalen Finanzplatzes angesehen. Was passiert nun aber, wenn wir in ein paar Jahren wieder mit einer ähnlichen Situation konfrontiert sind, dies aber mit einer neuen Superbank mit über 5 Billionen Assets. An diese Auswirkungen mag man nicht denken…
Gab es vergleichbare Events in der Schweiz? Mit welchen Ergebnissen?
Haas: Wie oben beschrieben, musste 2008 die UBS Staatshilfe in Anspruch nehmen. Der Fakt, dass beide Großbanken in der Schweiz gerettet werden mussten und eine davon jetzt ganz untergeht, ist eine Schmach für den Finanzplatz Schweiz.
Hat dieses Event Auswirkungen auf den europäischen Bankensektor im Hinblick auf den Personalmarkt?
Haas: Die Credit Suisse ist eine der weltweit 30 systemrelevanten Banken. Dieses Event hat globale Auswirkungen und mit der Übernahme ist die erste unmittelbare Auswirkung, dass tausende von Mitarbeitern vermutlich ihren Job verlieren werden. Der Bankensektor wird nicht alle diese Mitarbeiter absorbieren können. Damit verbunden sind vor allem auch Einzelschicksale und jetzt agil zu sein, ist eine Kernkompetenz, welche als Credit-Suisse-Mitarbeiter jetzt zwingen notwendig ist.