Raus aus der Angstkasse Anleihedepots in Zeiten der Zinswende

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Bei dieser Betrachtung wird allerdings das geringe Ausmaß der tatsächlichen Volatilitätsreduktion von 7,81 Prozent mit Zinsneutralisierung über Absicherungsinstrumente gegenüber 7,40 Prozent jährlicher Schwankungsintensität ohne Derivate-Einsatz im reinen Index zu wenig beleuchtet. Zudem sind Phasen mit Gleichlauf von Spread- und Zinsniveau zu beobachten, die im Chart unten mit positiver Korrelation verzeichnet sind.

Im Jahr 2018 setzte die US-Notenbank ihre Zinsnormalisierungspolitik fort, was zu steigenden US-Basiszinsraten begleitet von fallenden Anleihekursen führte. Gleichzeitig stieg auch die Renditeforderung an die Schwellenländerpapiere, ausgedrückt in der Spread-Ausweitung, was dann seinerseits zusätzlichen Kursdruck bescherte.

Selbst wenn nach Ansicht des Mainstreams eine Zinssicherung „in normalen Phasen nichts bringt“, sollte angesichts des bereits hinter uns liegenden 30-jährigen Abwärtstrends in den Zinsen mit Blick auf den vor uns befindlichen Zyklus eine Neutralisierung von Risiken aus steigenden Marktzinsen ernsthaft erwogen werden. Aktuell kann aufgrund der flachen US-Zinsstrukturkurve bei 0,65 Prozent Renditeaufgabe, was den Absicherungskosten entspricht, das Kursverlustrisiko abgesichert werden. Dies ist historisch betrachtet ein recht günstiger Wert, lag der Durchschnitt über die letzten 15 Jahre doch bei 1,23 Prozent.

Selbst wenn sich die Zinswende aufgrund der massiven Schuldenstandausweitung seit der globalen Finanzmarktkrise im Jahr 2008 nur in sehr gemächlichem Tempo und mit einem nicht die Schuldentragfähigkeit gefährdendem, begrenztem Ausmaß vollziehen sollte, riskieren die Zinsanleger ohne Absicherung zukünftig durch Kursverluste belastete Wertentwicklungen.

Auch auf absehbare Sicht besteht trotz der Zinswende, die Notwendigkeit höhere Zinseinnahmen global zu suchen, da mittelfristig kaum Besserung in der Eurolandzinslandschaft aufgrund der drückenden Schuldenlast erwartet werden kann.

Investoren, die mit einem Buy-and-Hold-Ansatz strategisch agieren und global fernab vom Benchmark-Denken die erhöhten Spread-Niveaus ausnutzen wollen, können Chancen der Illiquidität ausnutzen. Sollte die Konjunktur weiterhin auskömmlich wachsen, könnten sich zwar die erwähnten Bonitätsaufschläge verringern (tightening) und zusätzliche Kursgewinne zur ohnehin überdurchschnittlichen Zinseinnahme auflaufen, jedoch wird dann bei der Konjunkturerholung auch mit weiter steigenden US-Zinsen zu rechnen sein.

So könnten in diesem Szenario die Kursgewinne aus der Normalisierung der Risikowahrnehmung durch Kursverluste aus den gleichzeitig steigenden Marktzinsen wieder verloren gehen. Die maßgeblichen Indizes sind in der Laufzeit extrem lang und reagieren zinssensitiv. Es empfiehlt sich also aus unserer Sicht weiterhin, Zinsrisiken zur Vermeidung von Anleihekursverlusten abzusichern. Für den Zinsanleger verbleiben nach Abzug aller Sicherungskosten überdurchschnittliche Ablaufrenditen, die hohen Kuponraten ermöglichen eine attraktive Ausschüttung.

 


Über den Autor:

Der Autor Lutz Röhmeyer ist geschäftsführender Gesellschafter der Capitulum Asset Management. Die Berliner Fondsboutique gründete er im April 2018. Dort setzt der CFA-Charterholder die globalen Zinsstrategien in Unabhängigkeit fort, managt globale Rentenfonds in Lokalwährungen sowie abgesicherte Konzepte.

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