Ratgeber für Bewerber Was in der Zusammenarbeit mit Headhuntern zu beachten ist

Armin Schuster (links) und Ralf Jasny

Armin Schuster (links) und Ralf Jasny veröffentlichen auf LinkedIn regelmäßig eine Bewerberkolumne, in der sie über verschiedene Themen rund um den Bewerbungsprozess schreiben. Foto: privat

Der beste Weg ins Regal des Händlers zu gelangen, ist immer dann gegeben, wenn man ein Produkt hat, das alle haben wollen und das einen Mehrwert für jedes Sortiment bringt. So haben zum Beispiel starke Marken wie Apple oder Coca-Cola eher selten bis gar nicht das Problem, in das Sortiment eines Einzelhändlers aufgenommen zu werden. Wenn Händler bei der Gestaltung ihres Sortiments dank bestimmter Produkte eine Unverwechselbarkeit und Einzigartigkeit erreichen können, ist das für sie natürlich höchst attraktiv (denn die Kunden wissen so etwas sehr zu schätzen).

Aus diesem Grund werden Händler grundsätzlich anstreben, dass sie starke Marken haben und noch besser, von bestimmten Herstellern exklusiv beliefern werden – dann verfügen sie über ein einzigartiges Sortiment. Was folgt daraus für Sie als Arbeitnehmer?

Einzigartige Selbstpositionierung macht es mit den Headhuntern leichter

Wenn Sie in das „Sortiment“ eines Headhunters aufgenommen werden wollen, folgt das derselben Logik wie oben beschrieben. Sofern Ihre Selbstpositionierung einzigartig und unverwechselbar ist, werden Sie es sehr leicht haben, dass sich Headhunter für Sie interessieren. Dazu ist es notwendig, dass Sie Ihre Selbstpositionierung und Ihren Auftritt entsprechend wählen.

 

Headhunter werden daher auch immer darauf Wert legen, dass sie Ihre Unterlagen exklusiv von Ihnen haben. Für Sie selbst ist das nicht immer von Vorteil. Aus Sicht einer erfolgversprechenden und somit breiten Vermarktung Ihrer Person ist es besser, wenn Ihre Unterlage bei möglichst vielen Headhuntern im Regal liegt – denn dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bei einem interessanten Arbeitgeber präsentiert werden, ungleich größer.

Mit mehreren Headhuntern gleichzeitig im Gespräch

Hier kommt freilich ein weiterer Aspekt der Interessenkonflikt zwischen Hersteller und Händler zum Tragen – oder anders: zwischen Ihnen und dem Headhunter. Exklusivität im Vertrieb und gleichzeitig eine hohe Marktabdeckung schließen sich leider aus. Sofern Sie für sich eine konsequent eigennützige (und somit breite) Vermarktungsstrategie wählen, sollten Sie diese Tatsache, dass Sie gegebenenfalls mit mehreren Headhuntern parallel im Gespräch sind, besser nicht zu breit streuen.

Bleibt noch die dritte Frage, wie finde ich überhaupt einen passenden Headhunter?
Auch hier bleiben wir als Ausgangspunkt bei der Marketingtheorie:
Sucht ein Hersteller einen passenden Händler, wird er sich folgende Anforderungen gegenübersehen:

  • Der Handel muss die Zielgruppe des Herstellers überhaupt erreichen können
  • Der Handel muss mit seiner Handelsorganisation möglichst alle potenziellen Käufer erreichen können
  • Der Handel muss der Markenidentität des Herstellers entsprechen (im Sinne hochwertiger Produktangebote in entsprechenden Läden vs. Massenprodukte gut positionierbar und erreichbar usw.)
 

In die Überlegung fließt ebenso ein, mit welchen und wie vielen Absatzmittlern der Hersteller zusammenarbeitet, um sein Produkt bestmöglich im Markt zu positionieren. Übertragen auf die Suche nach dem passenden Headhunter folgt daraus:

Bei der Suche nach dem passenden Headhunter sollten Sie sich nicht allein auf Empfehlungen / Zurufen verlassen, sondern sich in Ruhe informieren, denn es gibt schlicht sehr viele gute und passende Headhunter. Die Suche nach diesem ist in der Praxis mit einem durchaus hohen Rechercheaufwand für Sie verbunden. Grund: Es gibt eben sehr viele Branchenvertreter. Einige sind spezialisiert

  • auf verschiedene Branchen,
  • andere auf bestimmte Berufsgruppen oder Organisationen,
  • wieder andere auf besondere Gehaltsniveaus oder
  • hierarchische Positionen im Unternehmen; 
  • und dann gibt es noch Spezialisierungen auf bestimmte Eigentümerstrukturen wie z.B. Familienunternehmen.

Eigene Positionierung und Markenidentität definieren

Kurzum -– die Ausgangslage ist unübersichtlich und so bedarf es einiger Vorarbeiten. Bevor Sie sich jedoch die Mühe der Recherche für Ihre spezifische Situation machen, gilt es als zentrale und allerwichtigste Aufgabe
•    Ihre eigene Positionierung festzulegen und 
•    Ihre eigene Markenidentität zu definieren.

Ohne diese Vorarbeit ist es schlicht nicht möglich zu entscheiden, bei welchen Headhuntern Sie sich im Regal präsentiert sehen wollen, respektive welcher Headhunter überhaupt daran Interesse haben könnte, ausgerechnet Sie in das jeweilige Regal aufzunehmen. Im nächsten Schritt gilt es, diejenigen Headhunter zu identifizieren, die über eine hohe Marktabdeckung für Ihre geplante Positionierung verfügen. Diese Gruppe sollte dann mit Anbietern ergänzt werden, die in den für Sie relevanten Nischen positioniert sind. Können Sie dann auch noch sicherstellen, dass Ihr Gehaltslevel mit den Zielpositionen der Headhunter übereinstimmt, habe Sie das richtigen und passende „Händlerportfolio“ selektiert.

Haben Sie nach der ganzen Mühe den passenden Headhunter gefunden, kann es leider sein, dass die betreffenden Headhunter Sie nicht in ihr Sortiment=Shortlist aufnehmen wollen. Was dann?
Auch hier hilft ein Blick in die Marketingtheorie: Findet ein Hersteller keine passende Handelsorganisation oder schafft er es nicht, dass er in den von ihm gewünschten Vertriebskanal gelangt, bleibt nur noch der Direktvertrieb, das heißt der Verkauf der Produkte an den Endkonsumenten.

 

Diese Vertriebsvariante hat mit dem Aufkommen von Onlineshops der Hersteller auch eine gewisse Bedeutung erlangt. Eine weitere Überlegung der Nutzung des Direktvertriebs ist die Möglichkeit, diejenigen Zielgruppen über einen Direktvertrieb zu erreichen, die von den jeweiligen Händlern nicht erreicht werden. Allerdings – und das ist eine besondere Herausforderung – sollte, um keine Interessenkonflikte zu verursachen, dabei keine unmittelbare Konkurrenzsituation zwischen Handel und Direktvertrieb provoziert werden.

Direktbewerbung steht den Interessen von Headhuntern entgegen

Wenn das gelingt (und dafür gibt es ein paar klare Regeln) kann der Hersteller eine größtmögliche Marktabdeckung erreichen. In der Bekleidungsindustrie werden zum Beispiel die aktuellen Modelle im Fachhandel angeboten, die Modelle oder Restposten aus der Vorsaison dann in Outlets und wieder andere Kollektionen im Onlinehandel. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass eine möglichst große Marktabdeckung erreicht werden kann, ohne dass sich die Produkte selbst gegenseitig Konkurrenz machen.

Für Sie folgt daraus: Ebenso wie Hersteller den Handel durch Direktvertrieb umgehen können, steht es auch Ihnen frei, Ihre Unterlagen als Direktbewerbung bei interessanten Unternehmen zu platzieren. Sofern Sie hier eine Strategie der möglichst breiten Marktabdeckung verfolgen, gilt das oben gesagte umso mehr: Ein Direktvertrieb steht grundsätzlich den Interessen des Handels entgegen. Kein Wunder – welcher Händler hat schon Interesse daran, dass ein Produkt aus dem eigenen Regal beim Hersteller direkt bezogen werden kann?

Insofern ist es mehr als verständlich, dass auch ein Headhunter sich nicht sehr erfreut zeigt, wenn Sie ihre Eigenvermarktung zeitgleich über Headhunter und via Direktbewerbungen vornehmen. Eine Möglichkeit, diesen Zielkonflikt aufzulösen, kann sein, im ersten Schritt den Vertriebsweg Handel=Headhunter verfolgen und erst bei nicht erfolgreicher Vermittlung den Weg der Direktbewerbungen einzuschlagen. 

Exklusivität ist nur gut für den Headhunter

Fazit: Aus der Perspektive von Bewerbern sind Headhunter nicht immer nachvollziehbar. Verdeutlicht man sich aber die Funktionsweise am Beispiel einer Wertschöpfungskette, dann ist das Handeln durchaus logisch und nachvollziehbar. Kurzum – Sie sind die Ware, der Headhunter ist der Händler. Fassen wir also wie folgt zusammen:

•    Für Headhunter ist deren Netzwerk und die daraus resultierenden „Angebote“ (im Sinne möglicher Lösungen für deren Kunden) ein zentrales Asset. Folgerichtig haben Headhunter ein immanentes Interesse, einzigartige und spannende Kandidaten exklusiv zu vermarkten. Um in diesen ausgewählten, auserwählten Kreis zu kommen, ist es Ihre zentrale Aufgabe, sich als einzigartige und spannende Persönlichkeit gegenüber Headhunter zu präsentieren. Allerdings ist Exklusivität nur gut für den Headhunter, denn Sie haben damit keine weiteren Zugangswege. Und das kann sich auch nachteilig für Ihre Erfolgschancen auswirken. Insofern sollten Sie einen Plan „B“ bereit haben.

•    Um den für Sie richtigen Headhunter zu finden, ist es zweckmäßig, sich nicht allein auf den Leumund und Empfehlungen zu verlassen, sondern sich selbst im Sinne einer Eigenpositionierung zu hinterfragen, entsprechend danach systematisch vorzuselektieren, um damit diejenigen auswählen zu können, die für zu Ihrer eigenen Markenidentität passen. Dabei können Sie sich von der einfachen (Eingangs-)Frage leiten lassen, bei welchen Headhuntern (Händlern) Sie sich gerne platziert wissen wollen. In diesem Bewusstsein gilt es, diese Adresse dann zielgerichtet anzusprechen.

•    Und wenn die Vermarktung über Headhunter nicht erfolgreich ist, bleibt Ihnen in jedem Fall noch der Weg des Direktvertriebs – sprich: der Direktbewerbung.


Prof. Dr. Ralf Jasny war Bereichsleiter bei der Deutschen Bank und lehrt AWBL und Finanzdienstleistungen an der Frankfurt University of Applied Sciences. Dr. Armin Schuster ist Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen für AWBL und Marketing sowie geschäftsführender Partner in der Beratungsgesellschaft SWK in Berlin. Davor war er über 20 Jahre in verschiedenen verantwortlichen Positionen der genossenschaftlichen Bankengruppe in Frankfurt, Zürich und Luxemburg tätig.

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