Wettbewerb ist gut. Er belebt das Geschäft, er spornt an zu guter Leistung und Innovation. Das gilt für Investmentfonds wie für jede andere Branche auch. Der Wettbewerb ist intensiv, in Deutschland buhlen weit mehr als 12.000 Investmentfonds um die Gunst der Kapitalanleger. Doch nicht jeder ist eine Innovation, und nicht jede Innovation nutzt dem Kapitalanleger – Themenfonds zum Beispiel. Aus fünf Gründen sehe ich diese Konzepte kritisch.
1. Viele Themenfonds haben eine kurze Lebensdauer
Zum Ersten eignen sie sich nicht für die langfristige Kapitalanlage. Nach einer aktuellen Morningstar-Analyse wurden global betrachtet beinahe 80 Prozent aller Themenfonds innerhalb von 15 Jahren wieder geschlossen, jeder Dritte feierte nicht einmal seinen fünften Geburtstag. Ganz kleinteilige Themen haben oft noch eine viel kürzere Lebensdauer. Wie kurzlebig das sein kann, illustriert ein amerikanischer „Kids Fund“, ein Fonds für Jugendliche und junge Erwachsene, der selbst noch nicht einmal das Krabbelalter erreichte.
2. Themenfonds bedienen oft Trends, deren großes Potenzial ausgereizt ist
Zum Zweiten sind diese Fonds zwar ein gutes Geschäft für die Anbieter, nicht aber für die Anleger. Allein in den beiden Jahren 2020 und 2021 hat sich das weltweit in Themenfonds verwaltete Vermögen auf 896 Milliarden US-Dollar verdreifacht. Doch über 15 Jahre betrachtet konnte nicht einmal jedes zehnte Konzept die Performance globaler Aktien schlagen. Möglich, dass das auch am Timing liegt, weil sie Trends bedienen, die in der Vergangenheit längst gut gelaufen sind und ihr größtes Potenzial schon ausgereizt ist.
Diese Fonds liefern nicht Rendite, sondern bedienen vielfach mit einfachen Botschaften die Emotionen und persönlichen Anliegen ihrer Käufer – und das häufig ohne dabei ihr von kreativen Marketingabteilungen formuliertes Versprechen einzulösen. Ein „US Vegan Climate ETF“ führt unter seinen Top-10-Holdings fast ausschließlich große Tech-Werte wie Tesla, Nvidia, Google oder
Salesforce auf, die sich wohl qualifizieren, weil sie nichts mit Tieren zu tun haben.
3. Themenfonds bieten keine ausreichende Diversifikation
Zum Dritten bieten Themenfonds keine ausreichende Diversifikation, wenn sie, wie so häufig, nur einen Trend mit wenigen Branchen abbilden. Manche ETFs reizen das fast schon karikaturesk aus. So investierte ein Whiskey-Fonds in Unternehmen, die an der „Bourbon- und Whiskey-Wertschöpfungskette“ beteiligt sind. Auch ein Blockchain-, eSports- oder Uran-Fonds bewegt sich in einem sehr übersichtlichen Unternehmensuniversum. Wenn es zu wenige Unternehmen im Zieluniversum gibt, werden oft Titel beigemischt, die nur kleine Umsatzanteile im Thema haben oder ähnliches tun. Der Name des Fonds sagt dann nur noch wenig über den Inhalt aus.
4. Systematisch höhere Bewertungen im Stilsegment Growth
Zum Vierten sind laut Morningstar über 70 Prozent der Themenfonds dem Stilsegment Growth zuzuordnen, weil sie einen Schwerpunkt im Technologiebereich haben. Im Vergleich zu breiter
angelegten Indizes und Anlagestrategien bedeutet das systematisch höhere Bewertungen.
Als Benchmark müsste man also eigentlich näherungsweise einen Growth Index hinzuziehen.
5. Vorreiter für Megatrends finden sich auch woanders
Zum Fünften schließlich gibt es für Themenfonds ohnehin eine Alternative, mit der sich die hier aufgeführten Nachteile vermeiden lassen: Europäische Small & Mid Caps. Auch, wenn sie nur etwa ein Drittel der Marktkapitalisierung der Standardwerte erreichen, umfassen sie siebenmal so
viele Unternehmen. Unter diesen kleinen und mittelgroßen Titeln finden sich häufig die Vorreiter für bestimmte Megatrends wie KI, Big Data, Healthcare oder Industrie 4.0.
Dabei kann der Investor die Qualität langfristig erfolgreicher Geschäftsmodelle in den Mittelpunkt stellen, ohne sich auf ein Thema beschränken oder andere Verrenkungen vornehmen zu müssen. Im Gegenteil, die Vielfalt an Branchen und Themen in diesem Segment bietet ein hohes Potential für eine ausreichende Diversifikation. Was dabei für den Investor herauskommt: über 20 Jahre betrachtet konnten Nebenwerte in Europa (STOXX Europe TMI Small Net Return Index, September 2002 bis September 2022) eine annualisierte Performance über 9 Prozent liefern.
Über den Autor:
Ralf Lochmüller ist Managing Partner und Geschäftsführer von Lupus alpha. Er besitzt 30 Jahre Erfahrung im Asset Management. Im Oktober 2000 gründete mit vier weiteren Partnern die unabhängige, auf institutionelle Investoren spezialisierte Lupus alpha Asset Management AG. Vorherige Station war die US-Fondsgesellschaft Invesco bei der er insgesamt zwölf Jahre tätig war.