Revolution für das Quellensteuerwesen Was die Faster-Initiative für das Private Banking bedeutet

Manfred Artmeier (links) und Roman von der Höh von Raquest

Manfred Artmeier (links) und Roman von der Höh von Raquest: Im Private Banking ergibt die Quellensteuerrückforderung teilweise großen Sinn – eine Initiative könnte den Prozess jetzt beschleunigen. Foto: RAQUEST

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Hunderte Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Staaten der Europäischen Union sollen eigentlich verhindern, dass Investoren durch den Erhalt von Dividenden doppelt besteuert werden. Dennoch versickern jedes Jahr dutzende Milliarden Euro an zu viel gezahlten Quellensteuern bei den Finanzbehörden. Was den Fiskus freut, ist gerade für die Anstrengungen, einen gemeinsamen Kapitalmarkt in Europa und damit die „Kapitalmarktunion“ zu schaffen, Gift. Die Europäische Union ist enorm komplex, denn 27 Mitgliedsstaaten händeln heute das Thema 27-mal unterschiedlich. Das macht das Thema für Investoren und Banken intransparent.

 

Immerhin: Seit Jahrzehnten gibt es supranationale Anstrengungen, das Quellensteuerwesen effizienter, einfacher und einheitlicher zu gestalten. Nun scheint auf europäischer Ebene ein Durchbruch erzielt worden zu sein: Die Initiative mit dem Namen Faster (Framework for Access and Simplification of the Taxation of Earnings and Reliefs) verändert für alle Interessensgruppen – Investoren, Banken, Steuerbehörden und Unternehmen – vieles. Dabei werden vor allem Banken vor großen Herausforderungen stehen.

Ziele von Faster: Besser für den Investor, sicherer für den Finanzminister

Die Europäische Kommission will mit Faster zwei Hauptziele erreichen, die fast antagonistisch erscheinen. 

Zum einen will die Kommission die Attraktivität des europäischen Kapitalmarkts steigern, indem schnellere, einfachere und digitalere Verfahren zur Vermeidung von Doppelbesteuerung Investments in europäische Titel attraktiver machen sollen.

Zum anderen geht es der Kommission und vor allem dem Europäischen Rat, also den nationalen Regierungen, sehr stark darum, Steuerbetrug zu verhindern und zu bekämpfen. Hier sind ein transparenteres und umfassenderes Reporting sowie weitgehende Haftungspflichten für die Finanzindustrie die Mittel der Wahl, um Vorgänge wie beispielsweise den Cum-Ex-Skandal in Zukunft zu verhindern. Oder anders ausgedrückt, die Banken werden sich verstärkt um das Thema kümmern müssen.

Es ist aber auch wichtig zu betonen, dass Mitgliedsstaaten mit kleineren Kapitalmärkten eine Opt-Out-Option erhalten werden. Die EU hat hierfür eine Schwelle von 1,5 Prozent der EU27-Marktkapitalisierung festgelegt. Stand heute könnten 17 Staaten von dieser Opt-Out-Option Gebrauch machen. Voraussetzung dafür ist die Implementierung eines funktionierenden Vorabbefreiungssystems, das sicherstellt, dass Investoren bereits vor der Ertragsauszahlung von der Quellensteuer befreit werden können. 

 

Herausforderungen für Banken: mehr Reporting, neue Herausforderungen im Tax Compliance

Neue Meldepflichten bedeuten immer zuerst Datenbeschaffung und Datenübermittlung. Bei Faster darf man hier getrost von einer Datenkrake sprechen. Das werden zuerst die neu geschaffenen zertifizierten Finanzintermediäre zu spüren bekommen. Diese als CFIs abgekürzten Certified Financial Intermediaries sind insbesondere große Finanzinstitutionen und zentrale Wertpapierverwahrer.

Um ein CFI zu werden, müssen sich diese Institute über ein neu zu schaffendes Portal registrieren. Damit übernehmen diese Institute innerhalb ihrer Zahlkette eine Reihe von besonderen Verpflichtungen, beispielsweise was Due-Diligence-Pflichten bei der Überprüfung der neu zu schaffenden elektronischen Ansässigkeitsbescheinigungen (eTRCs) oder die Prüfung der Richtigkeit der anzuwendenden Steuersätze betrifft.

Besonders herauszustellen ist in diesem Kontext das umfangreiche Meldewesen entlang der gesamten Kette der Dividendenauszahlung oder direkt von CFI zur Behörde. Dazu gehören detaillierte Informationen über die Investoren sowie unzählige Details der Wertpapiertransaktionen. Diese Berichte müssen innerhalb von zwei Monaten nach dem Zahlungsdatum eingereicht werden. Zudem ist die Aufbewahrung riesiger Datenmengen und Dokumente für die gemeldeten Informationen über einen Zeitraum von zehn Jahren erforderlich.

Dies wird zu massivem Aufwand für CFIs und alle Beteiligten entlang der Zahlungskette führen. Einen „Vorgeschmack“ auf die schnell umzusetzenden härteren Reportingstandards bietet bereits die BZSt-Anforderungen des deutschen Mitteilungsverfahrens zur Kapitalertragsteuer auf Dividenden aus Aktien und Hinterlegungsscheinen (MiKaDiv). 

Insbesondere werden Banken gezwungen sein, in folgende Bereiche zu investieren:

  • Vereinheitlichung und Konsolidierung von Daten unterschiedlicher Systeme: Für die Datenerhebung, Segmentierung und Aufbewahrung der relevanten Ertrags- und Investorendaten.
  • Aufbau von elektronischen Daten- und Informationsabgleichsystemen: Für steuerlich relevante Daten innerhalb der Zahlungskette.
  • Investitionen in die Prozesseffizienz: Im Beantragungswesen, um manuelle Fehler oder Fristversäumnisse auszuschließen.
  • Aufbau und Wartung von Schnittstellen: In eine zertifizierte Intermediärskette und/oder zu den unterschiedlichen Finanzbehörden für das  digitale Melde- und Beantragungswesen.
  • Aufbau von Monitoring- und Alerting-Systemen: Um einerseits die erforderliche Datenqualität der zu meldenden Informationen sicherzustellen und andererseits Anomalien entlang der Zahlungskette schnell zu identifizieren

Dabei kämpfen Banken gegen die Zeit, denn schon 2028 soll die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden und ab 2030 anwendbar sein. Dies ist eine kurze Zeitspanne für die Finanzwirtschaft, die zugleich mit anderen massiven Umsetzungsaufwänden im Bereich Regulatorik, der digitalen Transformation der Geschäftsmodelle und immer höheren Kundenansprüchen zu kämpfen hat.

Good News: Faster als „Beschleuniger“ für Investoren

Für Investoren wird die Faster-Richtlinie die Prozesse zur Quellensteuerentlastung vereinfachen, jedoch nicht unbedingt kostengünstiger machen. Insbesondere wird Faster folgende Aspekte beeinflussen:

  • Schnellere Dokumentenausstellung: Elektronische Steueransässigkeitsbescheinigungen (eTRCs) können innerhalb von Stunden statt Wochen ausgestellt werden, was den Antragsprozess erheblich beschleunigt.
  • Schnellere Einreichungs- und Antragsprozesse: Durch die zunehmende Bereitstellung digitaler Einreichungsoptionen durch Steuerbehörden wird der Prozess weiter beschleunigt, da der mühsame postalische Weg entfällt.
  • Schnellere Steuerentlastung: Feste Fristen von 90 Tagen für schnelle Rückerstattungen („Quick Refund“), oder alternativ die Steuer-Vorabreduzierung (Relief at Source) sowie die Einführung von Verzugszinsen für die jeweiligen Steuerregime bei verspäteten Zahlungen werden dazu führen, dass die Investoren nicht mehr lange auf ihr Geld warten müssen.

All dies wird auch Konsequenzen für die Zusammensetzung der Portfolios haben. Beispielsweise könnte ein heute für Dividendenstrategien mit Einzeltiteln eher unattraktiver Markt wie Italien gerade für Private Banking Kunden attraktiver werden. Zum Vergleich:  Heute warten Investoren hier im Schnitt mehr als neun (!) Jahre. Mit ungewissem Ausgang. In Zukunft wird Italien auch dem privaten Investor entweder eine Quellensteuer-Vorabbefreiung oder eine Rückerstattung innerhalb von 90 Tagen anbieten müssen. Ein wirklich signifikanter Sprung für die Attraktivität dieses Marktes, der mit beispielsweise Enel, Banca Mediolanum oder Generali sehr attraktive Dividendentitel bereithält. 

Allerdings könnte dem Gewinn an Schnelligkeit der Nachteil höherer Kosten gegenüberstehen. Denn die Banken werden die neuen Aufwendungen zumindest teilweise an ihre Kunden weitergeben, was zu höheren Kosten führen könnte.

Faster bietet Banken auch eine Reihe an Chancen

Schon heute ist das Anbieten von (vergüteten) Quellensteuer-Services für Kunden im Private Banking marktüblich. Faster wird die Nachfrage hierfür noch weiter beschleunigen:

  • Auf der einen Seite schreitet die Financial Education zu diesem Thema immer stärker voran, und Kunden werden den Service von Banken erwarten.
  • Zum anderen werden die Prozesse durch die Reportingpflichten der Banken-zentrierter, das heißt: Immer weniger Anleger werden sich wirklich alleine helfen können.
  • Da mehr Märkte nun effiziente Quellensteuer-Erleichterung anbieten werden, wird die Nachfrage nach einem umfassendem Serviceangebot auch in diesen neuen Märkten weiter zunehmen.
Quelle: RAQUEST

Fazit: Faster proaktiv annehmen.

Für die gesamte Finanzindustrie gilt es also, den Wandel als Chance zu nutzen und systemisches, digitalisiertes hochautomatisiertes Quellensteuer-Processing zu implementieren, sprich den Wandel proaktiv anzugehen. Damit können sie den neuen Reporting-Anforderungen gerecht werden und das Thema zur Kundenbindung in das Leistungsversprechen einbinden. Gerade im Private Banking kann dies zu mehr Kundenzufriedenheit, höheren Anlagesummen und, durch die Gebühren für den Service, zu höheren Erlösen führen.


Über die Gastautoren

Manfred Artmeier ist seit 2022 Vertriebs- und Serviceleiter des Fintechs RAQUEST, das sich auf die Automatisierung von Quellensteuer-Prozessen bei Banken und KVGs spezialisiert hat und namhafte Finanzinstitute wie HSBC, DZ Bank, Caceis, Berenberg, Metzler und die Zürcher Kantonalbank seine Kunden nennen darf. Artmeier ist zudem einer der Gründer der Investment- und Advisory-Boutique Acceederate.

Roman von der Höh leitet die Schweizer Dependance von RAQUEST und ist seit vielen Jahren in Führungspositionen in Bereich Tax Operations tätig, unter anderem bei Six und Avaloq. Zudem ist er Autor von Fachartikeln und Keynote-Speaker in diesem Bereich.

 

 

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