Der EZB dürfte daher keine andere Wahl bleiben, als doch in großem Stile Staatsanleihen zu erwerben. Wir gehen davon aus, dass bei einem Volumen von 1.000 Milliarden Euro mindestens zwei Drittel der Käufe auf staatliche Emissionen entfallen. Selbst wenn ausschließlich Staatsanleihen zum Zuge kämen, würde das vermutlich kein Problem darstellen, wie Tabelle 1 zeigt.
Dabei wird davon ausgegangen, dass die Ankäufe in Höhe von 1.000 Milliarden Euro gemäß dem Kapitalschlüssel der EZB auf die einzelnen Eurostaaten verteilt werden. Abgesehen von einigen kleinen Ländern (Luxemburg, Lettland, Estland), würden dadurch in der Regel weniger als 30 Prozent aller Staatsanleihen absorbiert. Die Bank of England besitzt hingegen bereits mehr als 35 Prozent der ausstehenden Gilts.
Tab. 1: QE mithilfe von Staatsanleihen

Quellen: Bloomberg, Bantleon; *Ausstehendes Volumen, Kredite des Euro-Rettungsschirm nicht berücksichtigt
Es dürfte beim Ankauf der Staatsanleihen auch das gesamte Laufzeitspektrum im Blickfeld stehen. Benoît Coeuré hat bereits darauf hingewiesen, dass man sich – anders als beim OMT – nicht nur auf kurze Laufzeiten beschränken wird.
Die Auswirkungen auf die Finanzmärkte
Würde die EZB im Juni oder September ein QE in der oben beschriebenen Form (1.000 Milliarden Euro, zwei Drittel Staatsanleihen, ein Drittel andere Assets) umsetzen, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte – mithin würden die Karten völlig neu gemischt.
Dabei ist die Lage schon ohne QE schwierig genug. In „normalen“ Zeiten wirkt die Konjunktur als Triebfeder der Finanzmärkte. Wie eingangs erwähnt, erwarten wir in unserem Basisszenario, dass sich die globale Konjunktur im Laufe des Jahres abschwächt und die Deflationsgefahren zunehmen.
Ein solches Szenario spielt den „sicheren Häfen“ (also Bunds, Eidgenossen, Treasuries) in die Hände. Entsprechend ist zu erwarten, dass die Bund-Renditen im 2. Halbjahr 2014 ihren Abwärtstrend fortsetzen und Anlauf auf ihre historischen Tiefstständen nehmen.
Umgekehrt geraten risikobehaftete Assets wie Aktien und Hochzinsanleihen bei konjunkturellem Gegenwind unter Druck. Geht man von einem typischen „midcycle slowdown“ aus, wäre ein namhafter Rücksetzer beim Dax (10 Prozent bis 20 Prozent) vorprogrammiert.
Die Ankündigung eines großflächigen QE-Programms würde jedoch die üblichen Funktionsmechanismen an den Finanzmärkten außer Kraft setzen. Aufgrund der Liquiditätsschwemme mutieren alle Assetklassen zu „Gewinnern“. Die Aktienbaisse würde dann kürzer beziehungsweise ganz ausfallen und der rückläufige Renditetrend an den Anleihenmärkten würde sogar noch verstärkt.
Ist QE folglich ein „free lunch“? Ganz so einfach ist es nicht. Ein umfassendes Anleihenkaufprogramm birgt Risiken in sich. So dürfte sich als Folge von QE Ende 2014 folgendes Bild an den Finanzmärkten ergeben: Die Aktienbörsen befinden sich auf Rekordhöchstständen und die Spreads und Anleihenrenditen auf Rekordtiefstständen. Mithin wären die Ertragsquellen weitgehend ausgeschöpft.
Gleichzeitig gehen mit QE aber auch konjunkturstimmulierende Effekte einher. Der Aufschwung, der sich aus unserer Sicht ohnehin für 2015 abzeichnet, würde mithin verstärkt. Die wahrscheinliche Folge daraus ist, dass sich die Deflationsgefahren schneller in Luft auflösen als gedacht und am Horizont erste Inflationsgefahren auftauchen.
Der Notenbank bliebe in diesem Fall nichts anderes übrig, als einen abrupten Kurswechsel einzuleiten. Dies wäre mit einem kräftigen Renditeanstieg an den Anleihenmärkten verbunden. Die Bund-Renditen (10 Jahre) würden zum Beispiel. rasch die 2,0-Prozentmarke überwinden, was vermutlich auch an den Aktienmärkten nicht spurlos vorrüberginge.
Statt die Konjunkturzyklen zu glätten, hätte QE im Endeffekt das Gegenteil erreicht: erratische Schwankungen an den Finanzmärkten und eine konjunkturelle Berg- und Talfahrt.