QE der EZB „Quantitative Lockerung wahrscheinlich zwischen Juni und September 2014“

Bantleon-Volkswirt Daniel Hartmann

Bantleon-Volkswirt Daniel Hartmann

Die EZB hält den Finger am Abzug

Während in den USA der Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik voranschreitet, deutet sich in der Eurozone das Gegenteil an. Die Währungshüter aus Frankfurt haben zuletzt keinen Zweifel daran gelassen, dass die Hürden für zusätzlich expansive Maßnahmen niedrig liegen. Sollte sich der Inflationsausblick nochmals nach unten verschieben, werden sie zur Tat schreiten.

Potentielle Auslöser einer solchen Abwärtsrevision gibt es viele. Mario Draghi hat etwa darauf hingewiesen, dass eine weitere Aufwertung des Euros nicht toleriert werden könnte. Daneben stehen die kommenden Inflationszahlen im Fokus. Bleiben sie hinter den Erwartungen zurück, dürfte dies eine Reaktion der Notenbank erzwingen.

Aus der aktuellen Teuerung lässt sich zwar nicht unmittelbar auf die künftigen Preissteigerungsraten schließen. Anhaltend tiefe Werte würden aber unterstreichen, dass die vielfältigen Disinflationsimpulse (etwa vonseiten der Arbeitsmärkte, der Strukturreformen in der Peripherie, der niedrigen Kapazitätsauslastung oder der schwächelnden Rohstoffpreise) hartnäckiger sind als gedacht. Außerdem nimmt die Gefahr der Destabilisierung der langfristigen Inflationserwartungen zu, die bereits zuletzt unter Druck geraten sind (vgl. Abb.1).

Abb. 1: Inflationserwartungen geraten unter Druck


Quellen: EZB, Bloomberg, Bantleon

Enttäuschungen bei den Inflationszahlen im Frühjahr lassen sich nicht ausschließen. Für wahrscheinlicher halten wir indes, dass die Konjunkturdaten den Ausschlag für eine noch expansivere Geldpolitik geben. So rechnen wir damit, dass der zyklische Trend spätestens zum Ende des 2. Quartals 2014 nach unten dreht. Vorboten dafür gibt es bereits (vgl. Abb. 2).

Abb. 2: Zyklischer Aufwärtstrend gerät ins Stocken

Quellen: IFO, Markit, ZEW, Bantleon

Etwa den ZEW-Index, der im April seinen vierten Rückgang in Folge verzeichnete und normalerweise einen zuverlässigen Vorlauf vor den übrigen offiziellen Stimmungsindikatoren besitzt. Großes Gewicht wird in den Reihen der EZB unter anderem dem Einkaufsmanagerindex beigemessen. Hier dürften sich spätestens im Mai/Juni die konjunkturellen Bremsspuren zeigen.

Wenn jedoch das Expansionstempo nachlässt, gerät die Einschätzung der Notenbank – von einer anhaltenden zyklischen Erholung – ins Wanken. Die Beseitigung der negativen Outputlücke (Unterauslastung der Kapazitäten) verschiebt sich dann noch weiter in die Zukunft. Mithin wird eine Abwärtskorrektur der Inflationsprognose unvermeidlich und das Erreichen des Inflationsziels rückt in weite Ferne.

In Anbetracht dessen sind die anstehenden Notenbanksitzungen im Juni und September, wenn die Inflationsprognosen turnusmäßig überarbeitet werden, heiße Kandidaten für eine erneute Reaktion der EZB.

QE als Befreiungsschlag


Was den Instrumenteneinsatz anbetrifft, verweist die EZB gebetsmühlenartig auf eine breite Palette an Möglichkeiten. Maßnahmen wie die Vollzuteilung der Offenmarktgeschäfte für noch längere Zeit als bislang zu garantieren (Juli 2015), dürften jedoch kaum als starkes Signal zur Deflationsbekämpfung interpretiert werden.

Im Hinblick auf die Leitzinsen hat die EZB nur noch „einen Schuss frei“. Sie kann den Hauptrefinanzierungssatz auf 0,00 Prozent reduzieren und gleichzeitig die Depositenrate leicht ins Minus führen (auf -0,25 Prozent).

Ein darüber hinausgehender Leitzinssenkungszyklus in Richtung tiefer negativer Bereiche stand nie zur Debatte. Schon der erste Schritt unter die Nulllinie hat Experimentiercharakter und ist nicht ohne Risiko. Es könnte sogar sein, dass die ohnehin angeschlagenen Banken unter Margendruck geraten. Schließlich ist kaum vorstellbar, dass sich die Kunden mit Nullzinsen auf dem Sparkonto abspeisen lassen.

Alles in allem stellt eine nochmalige Leitzinssenkung zweifellos eine Option dar, ein echter Befreiungsschlag ist darin aber nicht zu sehen, zumal dann endgültig das Ende der konventionellen Geldpolitik erreicht wäre. Ein klares Signal zur Bekämpfung von Deflationsgefahren dürfte letztendlich nur einem Programm der „Quantitativen Lockerung“ (Quantitative Easing, kurz QE) sein.

Die EZB könnte damit auch dem Vorwurf begegnen, im Vergleich zu den anderen Notenbanken ins Hintertreffen geraten zu sein (vgl. Abb. 3). Während etwa die Fed oder die Bank of Japan ihre Bilanzsummen bis zuletzt ausgeweitet haben, ließ die EZB ein passives Abschmelzen ihrer Bilanzsumme zu (Rückzahlung der LTROs). Dies stellt letztendlich eine monetäre Straffung dar – und dies ausgerechnet in der Region, welche weltweit die schärfste Rezession hinter sich hat.

Abb. 3: EZB toleriert Abschmelzen der Bilanz

Quellen: Eurostat, Bloomberg, Bantleon