Pulverfass Selbstanzeige „Der Berichtungszeitraum kann zur Falle werden“

Richard Lechner ist Steuerberater, Aufsichtsratsvorsitzender einer AG, Autor und Redner

Richard Lechner ist Steuerberater, Aufsichtsratsvorsitzender einer AG, Autor und Redner

Die Selbstanzeige wurde bisher von vielen Steuerhinterziehern als eine gute Methode betrachtet, um hinterzogenes Geld zu legalisieren – sei es, weil sie eine Entdeckung durch den Fiskus fürchteten oder weil sie das hinterzogene Geld nun einsetzen wollten. Die Gründe für den politischen Kurswechsel sind vielfältig, aber eines ist sicher: Die geänderten Anforderungen an eine Selbstanzeige ab 1. Januar 2015 scheinen beschlossene Sache.

Die Gesetzgeber sehen zahlreiche Änderungen vor: Eine Selbstanzeige wird nur dann strafbefreiend sein, wenn die hinterzogene Steuer maximal 25.000 Euro beträgt. Liegt der hinterzogene Betrag deutlich darüber oder liegt ein besonders schwerer Fall von Steuerhinterziehung vor, schließt der Gesetzesgeber vorerst die strafbefreiende Wirkung aus.

Vorsicht bei den Kleinigkeiten

Eine weitere Voraussetzung für die strafbefreiende Wirkung kommt dann noch hinzu: Nicht nur die hinterzogene Steuer muss an das Finanzamt abgeführt werden, sondern auch die Hinterziehungszinsen. Man mag dies für eine Kleinigkeit halten, aber bei vielen Steuerhinterziehern steht es Spitz auf Knapp. Allein 1.000 Euro mehr kann etlichen der Nachzahlenden ökonomisch das Genick brechen.

Eine Ausnahme hinsichtlich des Ausschlusses der steuerbefreienden Wirkung gibt es: Ist der Hinterziehungsbetrag höher als 25.000 Euro oder liegt ein schwerer Fall von Steuerhinterziehung vor, so kann durch die Zahlung eines Zuschlags von der Verfolgung der Steuerstraftat abgesehen werden.

Dieser ist gestaffelt: Bei Summen zwischen 25.000 und 100.000 Euro beträgt der Zuschlag 10 Prozent. Zwischen 100.000 und einer Million Euro 15 Prozent und über einer Million Euro 20 Prozent. Die Selbstanzeige verteuert sich damit deutlich.

Gefahren bei der Selbstanzeige – ein Ausblick

Zwar bleibt die Verjährungsfrist von fünf Jahren bestehen, doch der Berichtigungszeitraum wird auf zehn Jahre ausgedehnt – und das kann zur Falle werden. Dem Finanzamt sind im Rahmen der Selbstanzeige die Daten aus diesem Zeitraum vorzulegen. Und zwar komplett. Wird ein Dokument übersehen und dieses vom Finanzamt dann auf Grund eigener Nachforschungen entdeckt, wird die Selbstanzeige ungültig und ein Steuerstrafverfahren mit all seinen Konsequenzen eingeleitet. Damit war alle Mühe umsonst.

Im Falle einer festverzinslichen Geldanlage kann die anzutreffende Dokumentierung noch sehr übersichtlich sein, bei komplexeren Finanzprodukten oder häufigen Kontobewegungen ist dies aber nicht mehr der Fall.

Dies zu wissen ist auch vor dem folgenden Hintergrund wichtig: Gibt ein Steuerhinterzieher eine Selbstanzeige ab und zahlt auch die von ihm geforderten Summen, tritt in Zukunft kein Strafklageverbrauch ein. Das heißt konkret, dass das Finanzamt das Verfahren wiederaufnehmen kann, wenn die Selbstanzeige unvollständig oder nicht richtig war.

Im Extremfall sitzt der Selbstanzeiger auf einem Pulverfass: Das Geld ist zwar bezahlt, aber aus den unterschiedlichsten Gründen fliegt ihm das Verfahren um die Ohren, weil doch noch ein Papier aufgetaucht ist, das einen Vorgang belegt, der in der Selbstanzeige nicht aufgeführt wurde.

Von der Verschärfung betroffen ist eher Otto Normalhinterzieher. Für Unternehmer gibt es im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung, beziehungsweise Lohnsteueranmeldung Möglichkeiten, diese zu korrigieren und so eine Teilselbstanzeige abzugeben.

Was tun?

Wer jetzt noch die Möglichkeit zur Selbstanzeige hat, sollte dies tun. Die Chancen, eine Steuerhinterziehung auszusitzen, werden in Zukunft gleich Null sein. Die Festsetzungsfrist für Steuern auf Kapitalerträge, die durch Vermögen in Drittländern entstehen, beginnt spätestens zehn Jahre nach Steuerentstehung zu laufen. Dies kann unter verschiedenen Umständen dazu führen, dass die Steuerfestsetzungsfrist 20 Jahre beträgt. Auch die strafrechtliche Verfolgungsverjährung wird mit der Neuregelung auf zehn Jahre ausgedehnt werden.

Ist eine Selbstanzeige geplant, sollte noch folgender Umstand berücksichtigt werden: Die Banken benötigen für die Zusammenstellung der Papiere zwischen fünf und sieben Wochen. Im ungünstigsten Fall ist es also gerade fünf vor zwölf.


Ein Hinweis:
Die Fakten dieses Artikels sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert. Er ersetzt kein Beratungsgespräch mit einem zugelassenen Steuerberater. Auch basieren die Informationen in diesem Artikel auf einem Referentenentwurf. Das Gesetz tritt erst am 1. Januar 2015 in Kraft. Änderungen bis dahin sind durchaus möglich.

Über den Autor
Richard Lechner ist seit über 25 Jahren im Bereich des Steuerrechts tätig. Er arbeitete mehrere Jahre als Leiter der Steuerabteilung für eine der größten international tätigen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften in Deutschland und gründete 2002 seine eigene Steuerberatungsgesellschaft.

Seine Erfahrungen als Steuerberater, Aufsichtsratsvorsitzender einer Aktiengesellschaft und Business-Experte gibt er als Redner und Berater an Unternehmer und Entscheider weiter. Am 18. September 2014 erscheint sein Buch „Schwarzgeld, Nummernkonten und andere Steuerlügen. Was hinter den Türen einer Steuerkanzlei wirklich passiert“ im Verlag Orell Füssli.


www.steuerberater-lechner.de

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