Produktpassrechte adé Die möglichen Brexit-Folgen für britische Asset Manager

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Im Falle eines harten Brexit wird Szenario 3 am wahrscheinlichsten sein. Um den Kunden aus der EU weiterhin Produkte und Dienstleistungen als Vermögensverwalter aus einem Drittland anbieten zu können – und um ihren Anteil von 2,0 Billionen Euro Assets under Management aus der EU nicht zu verlieren – können britische Asset Manager zwischen drei Marktzugangsoptionen gemäß Mifid wählen:

  1. Innerhalb der EU können sie institutionellen Anlegern Anlageprodukte in Form von grenzüberschreitenden Angeboten zur Verfügung stellen. Dies setzt allerdings voraus, dass sowohl die EU-Kommission als auch jeder relevante Aufnahmemitgliedstaat die Gleichwertigkeit der Regulierungsaufsicht des Asset Managers bestätigen.
  2. Sie können Produkte und Dienstleistungen in einem bestimmten EU-Mitgliedsstaat über eine registrierte und rechtlich unabhängige Zweigniederlassung anbieten. In diesem Fall können sowohl institutionelle Anleger als auch Privatkunden abgedeckt werden.
  3. Sie können eine lokale Zweigniederlassung in einem Schlüsselmarkt (zum Beispiel Deutschland oder Frankreich) gründen, um die institutionellen und privaten Kunden des Marktes abzudecken, und darüber hinaus mithilfe der Passrechte dieser EU-Zweigniederlassung institutionelle Anleger in allen anderen EU-Mitgliedstaaten bedienen.

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Unter der Annahme, dass Großbritannien ein Nicht-EWR-Drittland werden wird – was angesichts des derzeitigen Stands der Brexit-Verhandlungen zwischen Briten und den Kontinentaleuropäern wahrscheinlich ist –, wird es den in Großbritannien ansässigen Investmentfirmen nur möglich sein, über unabhängige und vollständig EU-regulierte Zweigniederlassungen Privatanleger zu bedienen und EU-Passrechte zu nutzen.

Um eine EU-Zweigniederlassung zu eröffnen, müssen eine Reihe von administrativen Anforderungen erfüllt werden. Diese können grob in drei Kategorien eingeteilt werden: allgemein, zwischenstaatlich und Unternehmensebene.

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Neben strategischen Themen wie Standort, Zielmarkt, Steuern und Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal muss eine Zweigniederlassung Mindestanforderungen erfüllen, die bislang jedoch noch nicht genau feststehen. Gleichwohl werden die Regulierungsbehörden mindestens eine lokal implementierte Risikokontrollfunktion fordern, während die Funktionen für das Backoffice noch an anderer Stelle, das heißt am Hauptsitz des Asset Managers außerhalb der EU ausgeführt werden können (Delegierung).

Gleichwertige Behandlung

Neben einem harten Brexit könnten Verhandlungen auch dazu führen, dass das Großbritannien im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verbleibt oder den EWR verlässt, aber für Richtlinien und Verordnungen, für die eine Gleichwertigkeitsregelung existiert, so genannte Äquivalenzrechte erhält.

Ist Gleichwertigkeit gegeben, enthält Mifid pass-ähnliche Rechte für Unternehmen, die Großkunden-Anlageprodukte für anspruchsvolle institutionelle Anleger anbieten. Es gibt jedoch keine Gleichwertigkeitsregelung für den Vertrieb von Fonds an Privatkunden, weshalb bilaterale Verhandlungen zwischen Großbritannien als Drittland und den EU-Mitgliedstaaten unumgänglich sind.

Derzeit gibt es weder eine klare Richtung noch einen Zeitplan für konkrete Maßnahmen. Daher ist es wichtig, weit im voraus auf das Jahr 2019 auf das Worst-Case-Szenario vorbereitet zu sein.


Über den Autor:

Dr. Carsten Wittrock ist Partner bei der auf Finanzdienstleister spezialisierten Managementberatung zeb. Dort berät er Kapitalverwaltungsgesellschaften, Versicherungen und Banken vornehmlich zu Fragen der Strategie, Organisation und Vertrieb im Asset Management und Wertpapiergeschäft.

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