Probleme mit dem Prinz-Charles-Prinzip Wenn Töchter die Nachfolge antreten

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EXKURS: Die sechs wichtigsten Regeln für Väter

1. „Schön, dass wir darüber gesprochen haben!“

Väter wollen von ihren Töchtern gesagt bekommen, dass sie sich für die Nachfolge interessieren. Töchter wollen gefragt werden, ob sie sich diese Aufgabe vorstellen können. Eltern wollen ihre Kinder nicht bedrängen und sprechen sie nicht direkt an. Kinder denken, nur wenn die Eltern mich auch fragen, trauen sie es mir wirklich zu.

Die Ergebnisse der Spekulation auf beiden Seiten sind häufig dauerhafte Sprachlosigkeit, unausgesprochene Erwartungen und ein Nachfolgeprozess, der mit mehr Risiken belastet wird als notwendig. Miteinander zu sprechen, ist das wichtigste Instrument in der Gestaltung einer gelungenen Nachfolge. Wer dabei den ersten Schritt macht, ist eigentlich egal – solange einer den Dialog eröffnet.

2. „Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst...“

Damit Töchter zu Unternehmerinnen werden, müssen sie auf Augenhöhe mit ihren Vätern sein. Sie müssen ihre Entscheidungen durchsetzen. Sie müssen ihren eigenen Führungsstil entwickeln. Sie müssen sich Akzeptanz erkämpfen. Sie müssen ihre eigenen Strukturen entwickeln.

All das ist nicht möglich ohne Widerspruch. Um erfolgreich ein Unternehmen zu führen, müssen Nachfolgerinnen zwischen Tochter und Unternehmerin als zwei gänzlich verschiedene Rollen unterscheiden können. Väter brauchen sich angesichts dieser Veränderungen also nicht zu sehr zu ärgern. Sie sind vielmehr ein Zeichen dafür, dass die Tochter gerade auf dem Weg ist, eine gute Nachfolgerin zu sein. Glückwunsch!

3. Welche Wege führen eigentlich nach Rom?

In der Nachfolge muss es einen Masterplan geben. Töchter und Väter müssen sich zusammensetzen und einen Masterplan verabschieden. Steuerberater und Rechtsanwalt können wichtige Inputs dafür geben. Nicht nur weil es in einem so heiklen und wichtigen Prozess wie der Unternehmensübergabe eines ausgereiften Plans B bedarf, sollte sich der Übergeber unbedingt über Alternativen informieren. Ob Verkauf, Fremdgeschäftsführung oder Strategieneuausrichtung – Übergeber sollten sämtliche Optionen kennen, um ihre finale Nachfolgestrategie bestmöglich ausrichten zu können.

4. Bitte adoptieren Sie nicht Prinz Charles!

„Sie ist noch nicht soweit.“ „Vorher sollte sie noch ein Abendstudium machen.“ „Sie ist noch zu jung für die Aufgabe.“ „Sie soll doch noch Familie gründen.“ Alles Sätze, mit denen Väter vielleicht begründen, warum sie sich auch nach vielen Jahren der Tandemführung mit der Tochter noch nicht endgültig aus dem Unternehmen zurückgezogen haben.

Zum Teil mögen die Argumente berechtigt sein. Häufig nutzen Übergeber jedoch derartige Erklärungen bewusst oder unbewusst, um ihren eigenen Abschied aufzuschieben. Sie holen, nicht zuletzt auf Drängen der Beteiligten wie Banken und Mitarbeiter, die Nachfolgerin ins Unternehmen.

Anstatt jedoch konsequent die Verantwortung abzugeben, halten die Väter an ihrer Position fest. Mit der vermeintlich fehlenden Kompetenz der Nachfolgerin rechtfertigen sie die Verzögerung. Heraus kommt eine Schleife, die auch als Prinz-Charles-Prinzip bezeichnet wird. Und das ist problematisch. Eine Nachfolgerin, die ewig die zweite Geige spielt, verliert nicht nur den Glauben an sich selbst. Sie wird auch bald von niemandem mehr ernst genommen und ist somit bald „verschlissen“.

Väter sollten ihre Töchter nicht am langen Arm verhungern lassen, sondern sich direkt für den einen oder den anderen Weg entscheiden. Sind die Erwartungen, die Sie stellen, realistisch und offen besprochen? Dann bedarf es vielleicht einer alternativen Nachfolgelösung. Hat der Übergeber erkannt, dass er noch gar nicht in den Ruhestand gehen will? Dann gilt es dies klar zu kommunizieren und nach alternativen Möglichkeiten zu suchen. Nachfolger in der Ungewissheit zu belassen, ist definitiv kein Weg.

5. Der Übergeber hat das Wort

Die Regelung der Nachfolge ist eine komplexe Angelegenheit. Es gibt unzählige verschiedene Wege, die Übergabe zu gestalten, und jede Familie darf ihren eigenen finden. Aber wem obliegt es überhaupt, die Gespräche anzustoßen? Wäre es nicht viel einfacher, wenn die Jungen das übernehmen?

Manch ein Senior hat sich vielleicht auch schon beim Gedanken ertappt, das Thema Nachfolge einfach ungeregelt den Kindern zu überlassen. Sollen die sich doch damit rumärgern. Die ganze Last den Nachkommen aufzubürden, ist jedoch keine gute Idee.

Es ist ganz klar die Aufgabe des Übergebers, ein Grundgerüst zu entwerfen. Dazu gehört zum Beispiel, die erbschaftssteuerliche Situation zu prüfen, einen Notfallplan zu erarbeiten und Überlegungen zur Verteilung anzustellen. Steht dieser Rahmen, wird ein Familientisch einberufen und das Vorgehen diskutiert.

Der Prozess der Gestaltung kann sich eine Weile hinziehen. Nicht selten vergehen Jahre, bis eine Übergabe von der Planung bis zum Abschluss gebracht ist. Daher ist es wichtig, rechtzeitig mit den Überlegungen zu beginnen. Bis die Übergabe vollzogen ist, gilt: Der Senior trägt die finale Verantwortung für das Entstehen einer guten Lösung.

6. Wenn der Vorhang fällt

Niemand lässt freiwillig etwas Liebgewonnenes los. Niemand investiert, ohne zu wissen, dass das Ergebnis sich wirklich lohnt. Kaum einer macht sich auf den Weg, ohne ein Ziel vor Augen zu haben. Damit der Übergeber am Ende des Prozesses Ihr Unternehmen wirklich loslassen kann, benötigen sie einen Alternativplan. Was machen sie, wenn der Vorhang fällt und ihre Chefrolle im Stück „Familienunternehmen“ beendet ist? Bleiben sie hinter dem Vorhang stehen? Suchen sie sich ein neues Engagement? Wie könnte das neue Stück heißen? Oder hängen sie ihre Schauspielkarriere an den Nagel und nehmen etwas ganz anderes in Angriff? Eine sinnhafte Herausforderung für die Zeit nach dem Ausstieg zu haben erleichtert das Loslassen.