Private Debt Vom Dinosaurier zum dynamischen Finanzierungsmodell

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Als wegen der hohen Schwankungen im Zuge der russischen Invasion in die Ukraine der Zugang zu vielen Kapitalmärkten verschlossen war, konnte privates Kapital diese Lücken schließen. Davon profitierten auch diverse Transaktionen, die wegen der extremen Volatilität nicht abgeschlossen werden konnten. So übernahmen beispielsweise Direktkreditgeber einen Großteil der Finanzierung für die Übernahme der britischen Supermarktkette Morrisons durch Clayton, Dubilier & Rice. Besicherte Anleihen im Volumen von 1,1 Milliarden beziehungsweise 545 Millionen Euro wurden nach Berichten von Bloomberg bei privaten Investoren platziert und nicht über die öffentlichen Märkte verkauft. Die nachrangige Tranche in Höhe von 1,2 Milliarden Pfund Sterling sicherte sich das CPP Investment Board aus Kanada.

Von dem Finanzierungspaket in Höhe von insgesamt 6,4 Milliarden Pfund Sterling müssen laut Bloomberg nur noch für die auf Euro und Pfund Sterling lautenden befristeten Kredite im Wert von 2,2 Milliarden Pfund über die Konsortialmärkte Kreditgeber gefunden werden.

Private Debt etabliert sich

Mit der Weiterentwicklung des Marktes hat sich auch bei den Privatkreditgebern einiges getan. Bei der Kapitalvergabe dreht sich längst nicht mehr alles nur um die Fundamentalanalyse der Kreditnehmer. Vielmehr beinhaltet diese nun auch vielfältige, detaillierte Betrachtungen von makroökonomischen Themen und Risiken in Lieferketten sowie das Erstellen von ESG-Profilen und Marktdatenanalysen. Auch heute sind persönliche Beziehungen für private Investoren weiterhin von zentraler Bedeutung, haben sich aber vom Golfplatz in deren Geschäftsräume verlagert. Die privaten Kapitalgeber von heute müssen flexibler und sachkundiger sein als je zuvor.

Nicht zuletzt weil Private Debt ganz eigene finanzielle Risiken und nicht finanzielle Herausforderungen mit sich bringt. So ist es mitunter kein leichtes Unterfangen, von Kreditnehmern aussagekräftige ESG-Daten zu erhalten, die man als Investor braucht, um einen Beitrag zu den globalen Nachhaltigkeitszielen zu leisten und die EU-Taxonomievorschriften einzuhalten. In einigen Private-Debt-Bereichen ist noch viel Aufklärung nötig, um die Berichtsstandards in einem Markt zu verbessern, der nach wie vor mit dem Offenlegungsniveau an den öffentlichen Märkten fremdelt.

 

 

 

Diese Themen jetzt anzugehen ist wichtig, da für die Private-Debt-Märkte trotz des schwächeren Konjunkturumfelds langfristig Wachstum erwartet wird. Denn aufgrund aufsichtsrechtlicher Bestimmungen ziehen sich Banken immer mehr aus Kreditmarktsegmenten zurück, in denen Unternehmen mit schwächerer Bonität gesicherte erstrangige Kredite begeben. Als Vorbild für Wachstum kann dem europäischen Markt sein Pendant in den USA dienen, wo Fonds schon heute deutlich mehr Finanzierungen vergeben. Trotz des sich trübenden Konjunkturausblicks rechnen wir daher mit größeren Transaktionen und dem Einstieg von mehr Akteuren in diesen sich etablierenden Markt.

Über die Autorin: Annika Milz ist Co-Chefin des institutionellen Vertriebs des privaten, über 800 Milliarden Euro verwaltenden US-Finanzdienstleistungsinstituts Fidelity International. Zuvor war sie Geschäftsführerin (Managing Director) bei der Privatbank Sal. Oppenheim jr. & Cie.

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