Chancen für institutionelle Investoren Refinanzierungslücke im Immobilienmarkt wächst

Lahcen Knapp von Empira.

Lahcen Knapp von Empira: „Wenngleich sich die Zinssituation mittlerweile wieder etwas entspannt, können herkömmliche Darlehensstrukturen den Bedarf in vielen Teilmärkten nicht mehr vollständig decken.“ Foto: Empira

Am gewerblichen europäischen Immobilienkreditmarkt wird in den kommenden Jahren eine große Anzahl von Krediten innerhalb eines kurzen Zeitraums fällig (Maturity Wall). Für 2025 rechnen Verantwortliche von Empira mit einem Fälligkeitsvolumen von rund 130 Milliarden Euro, während 2026 circa 185 Milliarden Euro an bestehenden Krediten am Markt für alternative Immobilienfinanzierung (Private Real Estate Debt) auslaufen.

Refinanzierung zu höheren Zinssätzen

Vor allem Büroimmobilien werden demnach mit auslaufenden Krediten im Wert von rund 50 Milliarden Euro in 2025 und 65 Milliarden Euro in 2026, den größten Anteil am Refinanzierungsbedarf haben. Auch die Bereiche Wohnen und die Logistik sind laut Studie mit insgesamt zweistelligen Milliardenbeträgen jährlich von der Maturity Wall betroffen. Da viele dieser Kredite in einer Niedrigzinsphase aufgenommen wurden, müssen sie nun zu deutlich höheren Zinssätzen refinanziert werden.

Die Zinssätze für Darlehen mit einer anfänglichen Zinsbindung von 1 bis 5 Jahren erhöhten sich von durchschnittlich 1,90 Prozent im Jahr 2014 auf über 4,01 Prozent im Jahr 2024. Schätzungen zufolge entsteht vor diesem Hintergrund eine Kreditfinanzierungslücke im dritten Quartal 2024 von 86 Milliarden Euro in Europa. Dies entspricht 13 Prozent aller europäischen Immobilienkredite, die im Zeitraum 2025 bis 2027 fällig werden.

Abbildung 1: Geschätzte Commercial Real Estate (CRE) Kreditfälligkeiten in Europa und den USA in Mrd. EUR ; ab 2025 (Quelle: AEW Research / Moody’s / MSCI-RCA)

„Wenngleich sich die Zinssituation mittlerweile wieder etwas entspannt können herkömmliche Darlehensstrukturen den Bedarf in vielen Teilmärkten nicht mehr vollständig decken. Mit Blick auf die kommenden Jahre erwarte ich darum, dass gezielte Private-Debt-Strategien als ein zentrales Element der Finanzierungslösungen an Bedeutung gewinnen werden“, erklärt Lahcen Knapp, Gründer und Verwaltungsratspräsident der Empira Group.

Private Debt Markt wächst weiter durch unter Druck geratene Banken

Der Markt für alternative Finanzierungskredite der Nicht-Banken-Finanzintermediäre (Non-Bank Financial Intermediaries, NBFI) in Deutschland wuchs von rund 5.072 Milliarden US-Dollar in 2014 auf rund 8.237 Milliarden US-Dollar in 2023, was einem Anstieg um 62 Prozent entspricht. Dabei dominieren vor allem Investmentfonds das Private Debt Geschäft, mit einem Marktanteil von 89,5 Prozent.

 

Neben dem rasanten Wachstum des Private-Debt-Marktes insgesamt, stieg auch das akquirierte Kapital für Immobilienfinanzierungen durch nicht-monetäre Kreditinstitute. 2014 lag das weltweit eingesammelte Kapital in diesem Bereich bei etwa 70 Milliarden Euro. In 2021 wurde mit rund 210 Milliarden Euro ein neuer Höchststand erreicht. Für Banken wird es schwieriger, ihr Kreditvolumen auszuweiten, da höhere Zinsen das Risikomanagement und die Kapitalanforderungen verschärfen.

Projekte im Mid-Market-Segment unterfinanziert 

Strengere regulatorische Vorgaben nach Basel III und IV erhöhen ebenfalls den Druck. Die erforderliche Eigenkapitalunterlegung für gewerbliche Immobilienkredite (CRE) könnte, laut mehreren Impact Studien verschiedener Beratungsunternehmen, mittelfristig um rund 10 Prozent steigen – je nach Risikoklasse und Laufzeit sogar noch stärker.

 

Dies macht alternative Finanzierungsquellen zunehmend erforderlich, um eine ausreichende Kapitalversorgung sicherzustellen und eine Verlangsamung der Investitionstätigkeit zu verhindern.

Gerade das Mid-Market-Segment, zwischen 30 und 75 Millionen Euro, biete laut Studie lukrative Investitionsmöglichkeiten. Große institutionelle Investoren konzentrieren sich auf großvolumige Transaktionen, wodurch Projekte im Mid-Market-Segment unterfinanziert bleiben. Unternehmen in diesem Bereich profitieren besonders von maßgeschneiderten Finanzierungsmodellen, die Banken häufig nicht anbieten können.

Abbildung 2: Entwicklung der Expansionspläne: Anteil der europäischen Banken mit Wachstumsabsichten im Bereich CRE, Stand: 2024 (Quelle: Europäische Bankenaufsichtsbehörde)

Die zusätzliche Aufnahme von Fremdkapital auf Ebene des Fonds selbst (Back Leverage) verbessere laut der Studienautoren die Effizienz der Kapitalallokation und die Agilität des Fonds zusätzlich
Während klassische Equity-Investments eine höhere Rendite ermöglichen, gehen sie mit Marktrisiken und längerer Kapitalbindung einher. 

Private Debt hingegen stellt eine defensivere Anlageform dar, die im Immobiliensegment stabile Erträge zwischen in der Regel sechs und zwölf Prozent mit kalkulierbarem Risiko kombiniert. Back Leverage erhöhe demnach die Effizienz der Kapitallokation zusätzlich. Damit wird es ermöglicht, zusätzliche Darlehen zu vergeben, ohne die Eigenkapitalbasis unmittelbar erhöhen zu müssen, was laut Studienautoren die Fähigkeit eines Fonds, auf Marktveränderungen zu reagieren, verbessert.

Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen. 

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