Mehr als ein Lückenbüßer Private Real Estate Debt etabliert sich

Maximilian Könen von Linus Digital Finance

Maximilian Könen von Linus Digital Finance: „Dass alternative Akteure ihre Kreise immer weiter ziehen, zeigt sich auch darin, dass sie nicht nur Projekte, sondern immer öfter auch Portfolioakquisitionen finanzieren.“ Foto: Linus Digital Finance

Dass alternative Finanzierer zunehmend in den Markt für Immobilienkredite vordringen, ist kein neuer Trend. Ende 2019 lag das globale Volumen von Private Real Estate Debt, also von anderen als Banken ausgegebenen Immobilienkreditfinanzierungen, laut dem Informationsdienstleister Preqin bei 129 Milliarden Dollar – eine Vervierfachung innerhalb von fünf Jahren. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist der regulatorische Druck, der auf den Banken lastet und der weiter zunimmt.

Dass die Kreditinstitute ihr Risiko zurückfahren, ist nachvollziehbar angesichts der strengeren Eigenkapitalvorschriften nach Basel III, die mit Basel IV noch einmal verschärft werden. Einfluss dürften aber auch die Stresstests für europäische Banken spielen, deren jüngster wegen der Coronakrise um ein Jahr verschoben worden war und erst Ende Juli veröffentlicht wurde. Zwar bescheinigt die Aufsicht den Instituten überwiegend eine ordentliche Stabilität im Fall des Eintretens bestimmter Krisenszenarien, jedoch dürften einige aufgefordert werden, ihre Puffer weiter zu stärken.

Alternative Anbieter nutzen Renditechancen 
Gerade bei Projektfinanzierungen mit höheren Finanzierungsquoten wurden die Banken schon vor Beginn der Corona-Pandemie zunehmend nervöser. Angesichts anhaltend hohen Finanzierungsbedarfs für Immobilienprojekte haben alternative Finanzierer wie Private-Debt-Fonds in der Lücke gute Renditechancen erkannt und sich speziell für Projekte mit höheren Loan-to-Values angeboten, an die sich die Banken immer seltener herantrauten. Dabei kam ihnen auch entgegen, dass sie schneller reagieren konnten als traditionelle Kreditinstitute – sei es dank kürzerer Entscheidungswege, oder weil sie in neue technische Lösungen investiert hatten, um in kurzer Zeit Risiken zu bepreisen.

Die Pandemie gab dieser Entwicklung einen Schub. Die neue Situation hat die Banken noch einmal zurückhaltender werden lassen – allerdings durchaus in unterschiedlichem Maße je nach Bereich. Während die Banken Wohnprojekte weiterhin gerne finanzieren, ziehen sie sich etwa aus Büro- und Logistikprojekten mit höheren Beleihungsausläufen zunehmend zurück – obwohl Logistikimmobilien weiterhin Hochkonjunktur haben. Alternative Finanzierer füllen diese Lücke nur zu gern. Das gilt – bei entsprechender Risikovergütung – auch für Bereiche, die die Banken scheuen, weil sie wie etwa der Non-Food-Einzelhandel stark unter der Pandemie leiden.


Auf angestammtem Terrain der Banken

Zunehmend tummeln sich alternative Finanzierer aber auch in Bereichen, die die Banken immer noch als ihr angestammtes Geschäft sehen. Engagierten sie sich zuvor eher mit risikoreicheren, höhermargigen Instrumenten wie nachrangigen Krediten oder Mezzanine-Kapital, bieten sie sich immer öfter auch im Senior-Bereich an, wo sie den Kreditinstituten Konkurrenz machen. Das geschieht auch mit sogenannten Whole-Loan-Finanzierungen, bei denen alternative Finanzierer sowohl den nachrangigen als auch den Senior-Anteil aus einer Hand anbieten.

Hier hat der Finanzierer, sollte der Kreditnehmer in Schwierigkeiten geraten, über die erstrangige Grundschuld Zugriff auf die als Sicherheit dienende Immobilie. Dass sich immer mehr alternative Kreditgeber in diesen margenärmeren Bereich begeben, hat auch damit zu tun, dass viele von ihnen große Fonds oder Pensionskassen sind, die über viel Erfahrung mit Direktinvestments in Immobilien verfügen. Im Fall des Falles müssen sie nicht erst einen Käufer für das Objekt suchen, sondern können es einfach in ihren eigenen Bestand nehmen oder ihrem direkten Netzwerk anbieten.

Dass alternative Akteure ihre Kreise immer weiter ziehen, zeigt sich auch darin, dass sie nicht nur Projekte, sondern immer öfter auch Portfolioakquisitionen finanzieren. Das hat einerseits damit zu tun, dass es auch hier Bereiche gibt, die den Banken zunehmend zu heiß und zu prüfungsaufwendig werden. Andererseits etablieren sich die Alternativen auch in Bereichen, die bislang als typisches Bankenspielfeld galten, zunehmend als ebenbürtige Konkurrenten – oder sogar als bevorzugte Partner der Kreditnehmer.