private banking magazin: Mister Robinson, was hat Sie dazu bewogen, sich auf alternative Investments zu spezialisieren?
Brandon Robinson: Der Hauptgrund für mich war, dass ein Großteil des Kapitals für globales Wirtschaftswachstum oft in Unternehmen fließt, die neue Technologien entwickeln. Nehmen wir zum Beispiel die Energiewende – um hier wirklich weiterzukommen, braucht es Kapital für neue Technologien, aber auch für bestehende. Historisch gesehen kam dieses Kapital größtenteils über die privaten Märkte.
Die globale Wirtschaft wird also stärker von den Privatmärkten beeinflusst als von den meisten anderen Anlageklassen oder Branchen. Wenn ich beispielsweise im Öl- und Gassektor tätig wäre, würde ich mich hauptsächlich damit beschäftigen. Aber wenn ich in mobile Infrastruktur wie den Transportsektor investiere, lerne ich etwas über Öl und Gas, über sich verändernde Konsumgewohnheiten und über Technologien. Die privaten Märkte bieten mir den umfangreichsten Einblick, um globale Volkswirtschaften, globale Politik und globale soziale Konstrukte zu verstehen.
Inwiefern unterscheidet sich das von den öffentlichen, den Public Markets?
Robinson: In den öffentlichen Märkten haben Sie zwar viele Daten, aber es fließt tatsächlich immer weniger Kapital hinein. Die privaten Märkte sind um ein Vielfaches größer. Unternehmen, die früher nach 3 bis 4 Jahren an die Börse gingen, bleiben heute 12, 13, 14 Jahre privat. Das bedeutet, dass der Großteil des Kapitals, das in die globale Wirtschaft fließt, länger „privat“ bleibt. Man hat tatsächlich mehr Einblicke in das, was in der Welt vor sich geht, wenn man mehr Beziehungen zu nicht börsennotierten Unternehmen hat.
Was können europäische und insbesondere deutsche Investoren und Anbieter von den USA lernen?
Robinson: Ich denke, in Europa gibt es noch nicht genug Investitionen in Private Equity. Hier herrscht eine einkommensorientierte und risikoaverse Investorenlandschaft. In den USA ist es eher ein unternehmerischer Geist, sowohl beim Gründen von Unternehmen als auch bei Investoren, die bereit sind, das Risiko einzugehen. Ich wünsche mir, dass europäische Investoren, insbesondere Privatanleger, mit der Zeit verstehen, dass es bei Investitionen in private Märkte nicht nur um die Erträge geht – aber diese Asymmetrie kann durchaus positiv sein.
Welche Innovationen oder technischen Entwicklungen sehen Sie als relevant für die privaten Märkte – in puncto Asset-Klasse und auf der Investitionsebene?
Robinson: Eine Innovation, die notwendig ist, um mehr Menschen Zugang zu Investitionen in private Märkte zu ermöglichen, ist die Fähigkeit, private Assets in ein Modellportfolio zu integrieren. Das wird ein wichtiger Meilenstein für Investoren sein. Wir arbeiten in unserer Branche mit Regulierungsbehörden zusammen, um die richtige Liquidität zu finden. Wir sind noch nicht ganz dort, aber wir machen Fortschritte mit Technologien wie der Tokenisierung von Assets und der Nutzung von Blockchain. Diese Technologien können uns helfen, konsistente Eigentumsaufzeichnungen zu führen und den Eigentumsübergang effizienter, schneller und transparenter zu gestalten.
Wenn wir über Technologie im Allgemeinen sprechen, so findet ein Großteil der Investitionen in künstliche Intelligenz und Large Language Models über private Märkte statt. Das wird höchstwahrscheinlich so weitergehen.
Welche Sektoren oder Branchen halten Sie in den nächsten Jahren für besonders vielversprechend für private Investments?
Robinson: Viel Kapital fließt weiterhin in traditionelles Private Equity, vor allem weil dort viele Technologie-Investitionen stattfinden. Private Credit ist wahrscheinlich die am schnellsten wachsende Allokation in Portfolios. Das liegt daran, dass europäische und US-amerikanische Banken sich aufgrund von Kapitalanforderungen aus der Kreditvergabe zurückgezogen haben, wodurch der Private-Credit-Markt explodiert ist.
Was häufig allerdings noch unterallokiert ist, ist Infrastruktur - sowohl zur Verbesserung unserer Infrastruktur in entwickelten Volkswirtschaften als auch zur Verbesserung der Infrastruktur in Schwellenländern. Unsere Prognosen zeigen, dass wir etwa 4 Billionen Dollar Kapital pro Jahr global benötigen, sei es für die Modernisierung von Versorgungsunternehmen, Investitionen in neue erneuerbare Energiequellen, die Verbesserung von Straßen oder die Installation von Ladestationen für Elektrofahrzeuge weltweit.
Sie müssen uns etwas zum Project Spark erzählen. Das ist hochintressant.
Robinson: Sehr gern. Project Spark entstand aus dem Fokus darauf, wo Kapital hinfließen sollte und wie private Märkte wachsen können. Als wir uns frauengeführte Unternehmen oder Unternehmer aus Minderheitengruppen ansahen, stellten wir fest, dass fast alle stark unterallokiert und unterinvestiert waren. Bei frauengeführten Unternehmen zeigten Statistiken sogar, dass sie tendenziell aus Eigenkapitalperspektive besser abschnitten als andere Unternehmensformen. Ein interessantes Beispiel ist ein Startup, das durch Project Spark finanziert wurde, dessen Investitionsthese darauf ausgerichtet war, in die Gesundheit von Frauen zu investieren, weil das ein unterallokierter, unterinvestierter Bereich von klassischen Healthcare-Unternehmen war. Mit phänomenalem Erfolg.
Gibt es ähnliche Initiativen in Europa?
Robinson: Unsere europäischen Kollegen wollen etwas Ähnliches aufbauen, wobei wir hier noch in einer sehr frühen Phase sind. So haben wir uns zunächst mit einem anderen Finanzhaus in Frankreich zusammengetan und ein ähnliches Programm gestartet. Heute investieren wir hauptsächlich in französische Risikokapitalgeber, vor allem im Bereich der Geschlechtergleichstellung. Und es zeigen sich einige der gleichen Vorteile wie auf dem US-Markt.
Können Sie uns etwas über Ihre Pläne für den deutschen Markt erzählen?
Robinson: Als einer der weltweit führenden Anbieter für Private Market Investments arbeiten daran, unsere Präsenz auf den privaten Märkten auch hierzulande weiter auszubauen und zu diversifizieren, etwa im Bereich Infrastruktur. Es gibt viel zu investierendes Kapital bei deutschen Versicherungsgesellschaften und Pensionsplänen. Infrastruktur ist besonders interessant, da mit diesen Investments ein stetiges Einkommen generiert werden kann, während parallel die Eigenkapitalrenditen wachsen. Das bietet beispielsweise für deutsche Institutionen eine sinnvolle Diversifizierung und somit auch Stabilisierung der Portfolios.
Wir sind auch sehr gespannt auf das Eltif-Framework. Die Idee ist, private Marktrenditen auf intelligente Weise in die Portfolios von Privatanlegern zu bringen. Die erste Version der Eltif-Regulierungen war noch sehr institutionell ausgerichtet. Mit dem Eltif 2.0 haben wir die Absicht, in diesen Markt einzusteigen.
Für Privatanleger ist es wichtig, nicht nur ihr 60/40-Aktien- oder Anleihenportfolio mit Allokationen innerhalb der Private Markets zu diversifizieren, sondern auch innerhalb der Alternatives eine diversifizierte Strategie zu verfolgen. So kann beispielsweise Private Equity, diversifiziert mit Infrastrukturanlagen, eine gute Mischung aus regelmäßigen Erträgen, Aktienrenditen und geringerer Volatilität bieten – wenn man nur in die eine oder andere Anlageklasse investiert, bleiben Chancen außen vor. Die effektivsten Portfolios nutzen also idealerweise mehrere alternative Anlageklassen.
Über den Interviewten:
Brandan Robinson ist stellvertretender globaler Leiter für alternative Investments bei J.P. Morgan Asset Management.