Interview mit Allianz-Anlagespezialisten „Private Equity wird der Börse weiter Marktanteile abnehmen“

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Bei welchem Wert möchten Sie mittelfristig stehen?

Ott: Mit der Private-Equity-Quote fühle ich mich sehr wohl. Den Bereich der alternativen Anlagen planen wir aber weiterhin von 35 auf 40 Prozent deutlich auszubauen. Allein die Energiewende benötigt substanzielle Investitionen, dazu kommt das Ziel, unser Portfolio bis 2050 CO2-neutral zu aufzustellen. Investitionen in Infrastruktur und neue Technologien, diese auch wieder über Private Equity, werden auch deshalb an Bedeutung gewinnen.

Herr Lindauer, Sie verwalten 25 Milliarden Euro, die überwiegend von der Allianz kommen. Am Markt findet sich immer mehr Dry Powder, also Geld, das bei professionellen Anlegern eingesammelt, aber noch nicht investiert ist. Ist das für Sie ein Problem?

Lindauer: Zurzeit empfinde ich es nicht als großes Problem, weil der Markt mitwächst. Dry Powder steigt, das ist richtig. Wenn ich es aber ins Verhältnis zu der jährlichen Investment-Tätigkeit setze, dann sinkt es sogar. Der Zeitraum, in dem Kapital abgerufen wird, hat sich verkürzt. Es waren mal fünf Jahre, jetzt sind wir bei drei Jahren. Die Frage ist derzeit, ob vielleicht zu viel investiert wurde, also die Grundgesamtheit an interessanten Investmentmöglichkeiten wirklich so stark angewachsen ist, wie das investierte Geld.

Ist das der Fall?

Lindauer: Wir denken, ja, sehen dementsprechend keine Blasenbildung. Wegen der Invasion in der Ukraine, der Inflation und weiterer Faktoren wird der Markt eventuell etwas abkühlen. In Teilbereichen ist das aber nicht ungesund. Insgesamt wird Private Equity dem börsengehandelten Kapital weiter Marktanteile abnehmen. Gut zu sehen ist das im Tech-Bereich, in dem immer mehr Firmen länger privatfinanziert bleiben, bevor sie an die Börse gehen. Früher war das anderes. Generalisieren lässt sich das aber nicht. Mit Sicherheit gibt es Bereiche, in denen derzeit zu viel Geld investiert ist. Das muss spezifisch für einzelne Marktsegmente bis runter zu den einzelnen Fonds bewertet werden. Deshalb wollen wir in Fonds mit einer vernünftigen Größe investieren, deren Manager die Flexibilität hat, auch mal drei Monate nicht zu investieren.

Welche Größe sollte ein Fonds mindestens vorweisen?

Lindauer: Weniger die Größe als die Erfahrung, der Marktzugang und die damit verbundenen Anlagemöglichkeiten sind für uns ausschlaggebend. Unsere Volumina je Transaktion bewegen sich zwischen 40 bis 200 Millionen Euro. Die Fondsgröße muss dabei zum entsprechenden Zielmarkt passen.

Inwieweit hat die Covid-Pandemie ihr Geschäft beeinflusst?

Lindauer: Im Private-Equity-Bereich hat eigentlich jeder mit einer Korrektur gerechnet. Das führte dazu, dass der Markt, und auch wir mit unseren Portfolios und Co-Investments in widerstandsfähigere Branchen gegangen sind. Die Hälfte unseres Portfolios liegt heute in Software, Technologie, Gesundheitswesen und in Basis-Konsumgütern. Die Pandemie war nach zehn guten Jahren der erste Test für Private Equity als Industrie. Die Unternehmenseigner haben, was unser Portfolio angeht, verantwortungsvoll gehandelt. Ich habe nicht miterlebt, dass staatliche Gelder ungerechtfertigt abgerufen wurden, oder Portfoliofirmen in die Pleite geschickt wurden.

Ott: Grundsätzlich was das eine sehr anstrengende und herausfordernde Zeit. Alternative Anlagen zeigten sich sehr robust, so auch unser Private-Equity-Buch. Vereinzelt hatte die Pandemie natürlich Folgen für unsere Investments – so fuhr etwa plötzlich kaum jemand mehr auf den Autobahnen und auch die Studentenheime standen leer. Im Großen und Ganzen waren die Auswirkungen auf unser Portfolio aber sehr gering.