Private Equity Sind Firmenbeteiligungen nicht viel zu teuer?

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Fazit: PE-Fonds selbst müssen mit einem ganz anderen Werkzeugkasten mit ihren Portfoliounternehmen arbeiten. Operative Themen, Personalmanagement und Finanzierungsstrukturen rücken nicht nur beim Erwerb allein mehr und mehr in den Vordergrund. Vielmehr spielen sie vor allem bei der Identifizierung und der Integration von Zukäufen eine Rolle.

Sektoren- statt Länderexperten

Über Jahrzehnte gab es bei fast allen überregional investierenden Fonds nur eine Firmenstrategie: Einzelne Länder oder Ländergruppen wurden durch lokale Teams abgedeckt. Diese waren für sämtliche Transaktionen – unabhängig von der Industrie oder der Branche – in der entsprechenden Region verantwortlich. Der Vertrautheit mit der Sprache, den lokalen Gepflogenheiten sowie den ansässigen Intermediären wurde also nicht nur weit mehr Bedeutung zugemessen als der detaillierten Kenntnis der einzelnen Industrien.

Stattdessen galt dieser Faktor auch als vollkommen legitim und ausreichend. Aber warum? In einer recht jungen Industrie wie es die PE-Branche bis vor einigen Jahren in Europa noch war, erfolgte die Wertschöpfung für die Investoren noch recht ein- beziehungsweise zweidimensional. Hatten die Fonds ein unterbewertetes Asset identifiziert, reichte häufig die durchdachte Ergänzung einer Fremdkapital-Struktur, um das Investment nach ein paar Jahren wieder erfolgreich zu verkaufen.

Spätestens nach der Finanzkrise wurde dieser Investitionsansatz bei vielen Fonds hinterfragt und in den meisten Fällen komplett geändert. Erfolgreiche Fonds, die international agieren, haben heutzutage Manager, die nicht den deutschen oder französischen Markt abdecken, sondern die beispielsweise Spezialisten für Chemie- oder Telekomtransaktionen sind. Auch diese Grobrasterung ist in vielen Fällen zwar noch nicht ausreichend. So mögen Chemie-Logistik und Telekom-Software aktuell die relevanten Subsektoren sein, aber bleiben sie dies auch weiterhin?

Wenn es den Fonds jedoch gelingt, nicht nur ihr Know-how hinsichtlich der Strategie und Finanzierung an den Tisch zu bringen, lässt sich erahnen, welchen wirklichen Mehrwert Branchenexperten in den Reihen der Fonds in eine Transaktion einbringen können. Gleichzeitig ist der ein oder andere unentschlossene Verkäufer nun auch bereit, einen Verkauf in Erwägung zu ziehen, wenn doch auf der anderen Seite des Tisches nicht nur ein finanzstarker Investor sitzt, sondern ein Experte!

Die vorliegende, unvollständige Kurzanalyse soll nicht die relativ hohen Preise bei Unternehmenskäufen relativieren. Sie möchte aber dennoch aufzeigen, dass einige Veränderungen auch das Geschäft der PE-Fonds grundlegend modifiziert haben. Vielleicht führt dies zu einer etwas differenzierten Betrachtung der Branche und lässt uns mit mehr zurück als nur dem Urteil „Die Firmen sind doch alle zu teuer“.


Über den Autor:

Alexander Binz ist Gründungspartner und Geschäftsführer der Private-Equity-Boutique Circle Eleven. Zuvor war der 52-Jährige Partner und operativer Geschäftsführer bei Braun & Schreiber Private Equity Partners (2008 bis 2012). Des Weiteren war er Geschäftsführer der Blue Capital Gruppe, einer Unicredit-Tochter, bei der er Investments in Private Equity und andere alternative Anlageklassen verantwortete.

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