Private-Equity-Serie, Teil 2 Darum baut die „Nextgen“ der Family Officer verstärkt auf Private Equity

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Private-Equity-Serie, Teil 2
Darum baut die „Nextgen“ der Family Officer verstärkt auf Private Equity
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Holger Roßbach von Palladio Partners: „Man geht mit Investitionen in PE-Small-Cap-Fonds kaum ein zusätzliches Risiko ein – ganz entgegen landläufiger Meinung.“

Holger Roßbach von Palladio Partners: „Man geht mit Investitionen in PE-Small-Cap-Fonds kaum ein zusätzliches Risiko ein – ganz entgegen landläufiger Meinung.“ Foto: Palladio Partners

Mehr als 1.700 Family Offices sind laut der Studie „Fundraising from Family Offices: A guide to raising capital” von Preqin weltweit in den vergangenen knapp fünf Jahren neu entstanden, fast 500 davon allein in Europa. Zusätzlich steht bei vielen Familien ein Generationenwechsel bevor. Die jetzt entstehende Generation an Kapitalanlageverantwortlichen ist dabei Private Equity so zugeneigt wie kaum eine Anlegergruppe zuvor. Das zeigt mir meine tägliche Arbeit. Seit 2006 erstelle ich Private-Equity-Programme und Allokationen für Family Offices. 

„Sind bestimmte Anlagen über den Zenit?“- diese Kernfrage sowie weitere Schwerpunkte beschäftigen die Anlageentscheidungen der „Nextgen“ an Family Offices. Sie hinterfragen die historischen Asset-Entscheidungen und möchten neue Akzente in der Ausrichtung setzen. Dabei sind diverse Neuerungen und neue Anlageschwerpunkte zu beobachten – mehr Private Equity und Venture Capital und Themen wie Impact Investing, Netzwerken und Know-How-Transfer von externen Beratern sind einige Beispiele, die im ersten Teil dieses Artikels umfassend beleuchtet wurden.

Einordnung zwischen „groß“ und „klein“ besonders wichtig 

Die stark unternehmerisch geprägte Anlageklasse Private Equity bietet die Möglichkeit, diese neuen Anforderungen zu erfüllen. Hinzu kommt eine historische Überperformance gegenüber den öffentlichen Märkten (Preqin-Index vs. MSCI World auf PME+ Basis), welche mögliche Vorteile der Anlageklasse hervorhebt. Wie an den Aktienmärkten ist aber auch bei Private Equity der Blick auf die Zielinvestments und die Einordnung zwischen „groß“ und „klein“ besonders wichtig.

Einige große PE-Fondsanleger, wie beispielsweise Pensionskassen, sind allein schon bedingt durch hohe Anlagesummen und maximale Zielfonds-Beteiligungsquoten gezwungen, vor allem Large- und Mega-Cap-Fonds zu zeichnen. Im Gegensatz dazu können Family Offices in dieser Frage flexibel agieren, was sich auszahlen kann: Nicht nur kann so die gesamte Breite der wirtschaftlichen Wertschöpfung – inklusive der wichtigen Small-Cap-Beteiligungen – problemlos im Portfolio abgebildet werden, Private Equity wartet darüber hinaus in der Größenfrage auch noch mit einer Überraschung auf.  

 

Während es erfahreneren PE-Anlegern durchaus bewusst ist, dass Small-Cap-Private-Equity-Fonds systematisch besser abschneiden, wird im selben Atemzug regelmäßig das höhere Risiko als „Downside“ von Small Cap PE als unvermeidbare Eigenschaft mit genannt. „Kleinere Firmen sind weniger widerstandsfähig - höhere Ausfallquoten und Performance-Schwankungen sind die Folge“, so das allgemeine Verständnis.

Small Cap kaum riskanter aber mit mehr Upside-Potential

Dem ist jedoch nicht so: Im Durchschnitt sind über die verschiedenen Größenklassen der PE-Fonds und die darunter liegenden Zielunternehmen statistisch gesehen kaum Unterschiede beim Downside, also der potentiellen Underperformance, auszumachen. Im Gegensatz dazu schneiden sich Investoren in Upper Mid-Market-, Large-Cap- und Mega-Cap-Fonds vor allem das „Upside“ bei Ihren Investments ab – also die Möglichkeit, bei überdurchschnittlich gut laufenden Investments besonders hohe Renditen zu erzielen. Je größer das Zielinvestment, desto stärker ausgeprägt ist dieser Effekt.

Asymmetrisch verteilt ist jedoch das potentielle Risiko „daneben zu liegen“. Das bedeutet, die Underperformance von schlechten Investments ist über alle Größenklassen in etwa gleich stark verteilt. Sie ist nicht bei den Fonds höher, die im Gegenzug bessere Outperformance-Aussichten haben. Man geht also mit Investitionen in PE-Small-Cap-Fonds kaum ein zusätzliches Risiko ein – ganz entgegen landläufiger Meinung – aber generiert sich ein Outperformance-Potential.

Quelle: Preqin Performance Daten Private Equity global zum 31.12..22; Darstellung gemäß S. Malhotra „Fund allocations: Debunking the myths“ (2011). Top Performer“ sind erstes Quartil bis zu den 5% besten Fonds (5% Quantil), „Worst Performer“ sind viertes Quartil bis zu den 5% schlechtesten Fonds (95% Quantil). Pfeile stellen den Performance-Unterschied zwischen Median und den Top 5% bzw. schlechtesten 5% des jeweiligen PE-Fondsgrößensegmentes dar.

Ein weiterer Vorteil von Investments im Bereich Private Equity kann die aktive Gestaltungsmöglichkeit, die PE-Fondsmanager als Mehrheitseigentümer ihrer Portfoliounternehmen haben, sein. Diese Freiheitsgrade an Gestaltungsraum und Einflussnahme gibt es an anderer Stelle in der Investmentwelt kaum. Vor allem im immer wichtiger werdenden Bereich der Impact Investments können PE-Direktinvestoren und PE-Fondsmanager in diesem Zusammenhang punkten. Als Eigentümer können sie ihre Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen gestalten und direkt beeinflussen.

Von Dekarbonisierung über technische Innovationen in der Agrartechnik (Agtech) bis hin zu Social Impact gibt es im PE- und VC-Bereich zahlreiche, fokussierte Impact-Anlagestrategien, die es Investoren erlauben, ihr Impact-Engagement zielgenau zu steuern. In meinen Augen ist einer der zentralen Gründe, warum Teile der Nextgen, die sehr stark impact-orientiert denken und handeln, PE stärker zugeneigt sind als anderen Anlageklassen.

Dass die Anlagen dabei für viele Jahre gebunden sind und Regeln sowie Fristen der illiquiden Welt der Privatmarkt-Investments unterliegen, ist für die meisten Nextgen-Investoren in der Regel kein Problem Zu diesme Ergebnis kommt auch der aktuelle UBS Global Family Office Report. Da die Verantwortung zur Anlage des Vermögens oft erst kürzlich an die nächste Generation übertragen wurde und Programme dabei neu ausgerichtet beziwhungsweise „from scratch“ gestartet werden, überwiegen die genannten Vorteile den Nachteilen der Illiquidität – sie werden billigend in Kauf genommen.

Selbstmachen, outsourcen oder irgendwas dazwischen?

Eine zentrale Fragestellung für Nextgen-Investoren ist dabei die Entscheidung hinsichtlich des Zugangsweges: Will ich als Family Office mit meist knappen personellen Ressourcen den Weg der direkten Investments mit einem Inhouse-Beteiligungsteam gehen und meine Portfoliounternehmen selbst halten, steuern, verbessern und sie wieder veräußern oder investiere ich mittels Private-Equity-Fondsmanagern – beschreite also den indirekten Weg?

Statistisch gesehen überwiegt bei Family Offices die letztere Form, also das indirekte PE-Engagement. Die Vorteile liegen dabei –trotz höherer Kosten – auf der Hand: Über ein breites Portfolio an PE- und ggf. VC-Fondsmanagern kann ich beispielsweise regional, sektoral sowie über diverse Unternehmensgrößen und -reifephasen breit investieren, was mit meist überschaubaren personellen Direktressourcen so nicht möglich wäre. Für direkte Investments hingegen spricht, dass gezielt in eine Branche oder Unternehmen investiert werden kann, Investoren deutlich „unternehmerischer“ agieren können und man dichter am Geschehen ist.

Aber auch in der Welt der PE- und VC-Fonds warten Herausforderungen auf den Anleger. Während es vor rund 20 Jahren in Europa noch weniger als 250 Private- Equity-Buyout-Fondsmanager mit institutionell investierbarer Qualität gab, hat sich die Zahl heute mehr als verdoppelt. In den USA ist die Anzahl nochmals deutlich größer. In Summe bedeutet dies für ein kleines und neues Family-Office-Team eine nicht überschaubare Anzahl an Fondsmanagern, die es zu covern gilt. Es muss also nach effizienten Lösungsansätzen gesucht werden.

Während durch Netzwerk und eigenen Wissensaufbau Namen und Präferenzen für den Upper-Mid-Market- und Large-Cap-Bereich aufgebaut werden können, der transparent und in seiner Größe beschränkt ist, gilt ansonsten die Regel: „Je kleiner, desto interessanter, aber schwieriger.“ Während sich manche Family Offices auch für die umfangreichen und kompliziert zu erarbeitenden Bereiche des PE-Fondsmarktes auf ihr Netzwerk verlassen, ist es häufig ratsamer, sich dem Thema systematisch zu nähern und auf externe Hilfe zurückzugreifen.

„Am schlimmsten ist es für uns, wenn wir nach unserem Investment nur zu den Jahreshauptversammlungen oder zum nächsten Fundraising wieder von unserem PE-Partner etwas hören“, meinte dazu der für PE verantwortliche „Nextgen“-Family Officer eines großen deutschen Family Offices. Ziel von vielen Family Offices ist nämlich der schrittweise Wissensaufbau zum Thema und nicht die dauerhafte und bedingungslose Delegation der Investitionsentscheidungen.

 

Anbieter, seien es Vermögensverwalter, Asset- beziehungsweise Fondsmanager oder Anlageberater, die ausschließlich den Kontakt über Investor-Relations-Personen, Kundenbetreuer ohne Verankerung im Investmentteam halten, werden sich bei der Nextgen und deren Lern- und Wissensbemühungen schwertun.

Hürden bei Venture Capital

Passgenaue Angebote, die auf Family Offices und deren Anlagebedürfnisse zugeschnitten sind und vorzugsweise noch Elemente wie systematischen Wissenstransfer und -aufbau für die Verantwortlichen eingebaut haben, sind deshalb hoch oben auf der Wunschliste. Meist sind dies somit keine Produkte von der Stange, die an eine große Investorenzahl maximal skalierbar vertrieben und oft aus dem Ausland investiert werden, sondern hochspezialisierte Anbieter, die der Nextgen das geben, was sie für den Aufbau des Portfolios benötigt. So gibt es spezielle PE-Programme für Family Offices wie beispielsweise Private Equity Club Deals, die weitgehend auf Anlageanforderungen von Familien eingehen und zusätzlich noch das Element Wissenstransfer und -aufbau integriert haben.

Viele Family Offices haben sich seit 2020 sehr schnell und aktiv im Rahmen des großen Aufschwungs im Bereich Venture Capital nach vorne gewagt. So wurden  teilweise – nicht selten ohne umfassende vorhergehende Investitionserfahrung – neben VC-Fonds-Investments auch gleich Direktbeteiligungen eingegangen und Family Offices haben sich an Start-Up-Finanzierungsrunden beteiligt. Oft mit gemischtem Erfolg, wie sich bereits jetzt herausstellt. Partner, die neben Fondsinvestments auch noch den Zugangsweg Co-Investments für passive Direktbeteiligungen als nächste Wissensevolutionsstufe mit anbieten können und dem Family Office somit eine Art „Co-Piloting“ bieten, sind dann oft der Wunschkandidat.

Auch wenn Liebhaberei bei Anlagen von Family Offices wohl nie ganz verschwinden wird, kann die Nextgen der Familien und der Family Officers vor allem eines für sich proklamieren: professionell-systemischer Portfolioaufbau gepaart mit Aufbau von Wissen und Expertise sind die Maxime der nächsten Jahre. „Schwarze Nullen“ hingegen sollen nach Möglichkeit komplett der Vergangenheit angehören.

Über den Autor

Holger Roßbach ist in leitender Position (Managing Director) bei der auf Sachwertanlagen spezialisierte Frankfurter Investmentboutique Palladio Partners tätig. Er hat gut 20 Jahre Investmenterfahrung im Bereich Private Equity und Venture Capital (VC). Roßbach war unter anderem Head of PE/VC Research Europa im Londoner Büro bei Cambridge Associates. Zuletzt hat er das Deutschlandbüro des Investors eröffnet, von wo aus er mehrere Großmandate institutioneller Investoren im Privatmarktbereich verantwortete. Weitere Karrierestationen waren Tharium Capital Consulting, von Braun und Schreiber Private Equity Partners und Goetzpartners Management Consulting.

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