Private-Equity-Serie, Teil 2 Darum baut die „Nextgen“ der Family Officer verstärkt auf Private Equity

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Von Dekarbonisierung über technische Innovationen in der Agrartechnik (Agtech) bis hin zu Social Impact gibt es im PE- und VC-Bereich zahlreiche, fokussierte Impact-Anlagestrategien, die es Investoren erlauben, ihr Impact-Engagement zielgenau zu steuern. In meinen Augen ist einer der zentralen Gründe, warum Teile der Nextgen, die sehr stark impact-orientiert denken und handeln, PE stärker zugeneigt sind als anderen Anlageklassen.

Dass die Anlagen dabei für viele Jahre gebunden sind und Regeln sowie Fristen der illiquiden Welt der Privatmarkt-Investments unterliegen, ist für die meisten Nextgen-Investoren in der Regel kein Problem Zu diesme Ergebnis kommt auch der aktuelle UBS Global Family Office Report. Da die Verantwortung zur Anlage des Vermögens oft erst kürzlich an die nächste Generation übertragen wurde und Programme dabei neu ausgerichtet beziwhungsweise „from scratch“ gestartet werden, überwiegen die genannten Vorteile den Nachteilen der Illiquidität – sie werden billigend in Kauf genommen.

Selbstmachen, outsourcen oder irgendwas dazwischen?

Eine zentrale Fragestellung für Nextgen-Investoren ist dabei die Entscheidung hinsichtlich des Zugangsweges: Will ich als Family Office mit meist knappen personellen Ressourcen den Weg der direkten Investments mit einem Inhouse-Beteiligungsteam gehen und meine Portfoliounternehmen selbst halten, steuern, verbessern und sie wieder veräußern oder investiere ich mittels Private-Equity-Fondsmanagern – beschreite also den indirekten Weg?

Statistisch gesehen überwiegt bei Family Offices die letztere Form, also das indirekte PE-Engagement. Die Vorteile liegen dabei –trotz höherer Kosten – auf der Hand: Über ein breites Portfolio an PE- und ggf. VC-Fondsmanagern kann ich beispielsweise regional, sektoral sowie über diverse Unternehmensgrößen und -reifephasen breit investieren, was mit meist überschaubaren personellen Direktressourcen so nicht möglich wäre. Für direkte Investments hingegen spricht, dass gezielt in eine Branche oder Unternehmen investiert werden kann, Investoren deutlich „unternehmerischer“ agieren können und man dichter am Geschehen ist.

Aber auch in der Welt der PE- und VC-Fonds warten Herausforderungen auf den Anleger. Während es vor rund 20 Jahren in Europa noch weniger als 250 Private- Equity-Buyout-Fondsmanager mit institutionell investierbarer Qualität gab, hat sich die Zahl heute mehr als verdoppelt. In den USA ist die Anzahl nochmals deutlich größer. In Summe bedeutet dies für ein kleines und neues Family-Office-Team eine nicht überschaubare Anzahl an Fondsmanagern, die es zu covern gilt. Es muss also nach effizienten Lösungsansätzen gesucht werden.

Während durch Netzwerk und eigenen Wissensaufbau Namen und Präferenzen für den Upper-Mid-Market- und Large-Cap-Bereich aufgebaut werden können, der transparent und in seiner Größe beschränkt ist, gilt ansonsten die Regel: „Je kleiner, desto interessanter, aber schwieriger.“ Während sich manche Family Offices auch für die umfangreichen und kompliziert zu erarbeitenden Bereiche des PE-Fondsmarktes auf ihr Netzwerk verlassen, ist es häufig ratsamer, sich dem Thema systematisch zu nähern und auf externe Hilfe zurückzugreifen.

„Am schlimmsten ist es für uns, wenn wir nach unserem Investment nur zu den Jahreshauptversammlungen oder zum nächsten Fundraising wieder von unserem PE-Partner etwas hören“, meinte dazu der für PE verantwortliche „Nextgen“-Family Officer eines großen deutschen Family Offices. Ziel von vielen Family Offices ist nämlich der schrittweise Wissensaufbau zum Thema und nicht die dauerhafte und bedingungslose Delegation der Investitionsentscheidungen.

 

Anbieter, seien es Vermögensverwalter, Asset- beziehungsweise Fondsmanager oder Anlageberater, die ausschließlich den Kontakt über Investor-Relations-Personen, Kundenbetreuer ohne Verankerung im Investmentteam halten, werden sich bei der Nextgen und deren Lern- und Wissensbemühungen schwertun.

Hürden bei Venture Capital

Passgenaue Angebote, die auf Family Offices und deren Anlagebedürfnisse zugeschnitten sind und vorzugsweise noch Elemente wie systematischen Wissenstransfer und -aufbau für die Verantwortlichen eingebaut haben, sind deshalb hoch oben auf der Wunschliste. Meist sind dies somit keine Produkte von der Stange, die an eine große Investorenzahl maximal skalierbar vertrieben und oft aus dem Ausland investiert werden, sondern hochspezialisierte Anbieter, die der Nextgen das geben, was sie für den Aufbau des Portfolios benötigt. So gibt es spezielle PE-Programme für Family Offices wie beispielsweise Private Equity Club Deals, die weitgehend auf Anlageanforderungen von Familien eingehen und zusätzlich noch das Element Wissenstransfer und -aufbau integriert haben.

Viele Family Offices haben sich seit 2020 sehr schnell und aktiv im Rahmen des großen Aufschwungs im Bereich Venture Capital nach vorne gewagt. So wurden  teilweise – nicht selten ohne umfassende vorhergehende Investitionserfahrung – neben VC-Fonds-Investments auch gleich Direktbeteiligungen eingegangen und Family Offices haben sich an Start-Up-Finanzierungsrunden beteiligt. Oft mit gemischtem Erfolg, wie sich bereits jetzt herausstellt. Partner, die neben Fondsinvestments auch noch den Zugangsweg Co-Investments für passive Direktbeteiligungen als nächste Wissensevolutionsstufe mit anbieten können und dem Family Office somit eine Art „Co-Piloting“ bieten, sind dann oft der Wunschkandidat.

Auch wenn Liebhaberei bei Anlagen von Family Offices wohl nie ganz verschwinden wird, kann die Nextgen der Familien und der Family Officers vor allem eines für sich proklamieren: professionell-systemischer Portfolioaufbau gepaart mit Aufbau von Wissen und Expertise sind die Maxime der nächsten Jahre. „Schwarze Nullen“ hingegen sollen nach Möglichkeit komplett der Vergangenheit angehören.

Über den Autor

Holger Roßbach ist in leitender Position (Managing Director) bei der auf Sachwertanlagen spezialisierte Frankfurter Investmentboutique Palladio Partners tätig. Er hat gut 20 Jahre Investmenterfahrung im Bereich Private Equity und Venture Capital (VC). Roßbach war unter anderem Head of PE/VC Research Europa im Londoner Büro bei Cambridge Associates. Zuletzt hat er das Deutschlandbüro des Investors eröffnet, von wo aus er mehrere Großmandate institutioneller Investoren im Privatmarktbereich verantwortete. Weitere Karrierestationen waren Tharium Capital Consulting, von Braun und Schreiber Private Equity Partners und Goetzpartners Management Consulting.

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