Private-Markets-Studie von Goldman Sachs Asset Management So wollen institutionelle Investoren ihre Fehler der Vergangenheit vermeiden

Private-Markets-Studie von Goldman Sachs Asset Management
So wollen institutionelle Investoren ihre Fehler der Vergangenheit vermeiden
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Francis Idehen, Michael Brandmeyer, Scott Lebovitz, Jim Garman und James Reynolds (v.l.) von Goldman Sachs AM

Francis Idehen, Michael Brandmeyer, Scott Lebovitz, Jim Garman und James Reynolds (v.l.) von Goldman Sachs AM: Anleger wollen Kurs halten und dabei ihr Portfolio aktiv managen. Bildquelle: Goldman Sachs

Goldman Sachs Asset Management (GSAM) hat im Zeitraum Juni/Juli 2023 unter mehr als 200 institutionellen Investoren (Limited Partnern, LPs) und Fondsmanagern (General Partnern, GPs) eine Private-Markets-Umfrage durchgeführt. Zu den Themen der Umfrage zählten Geopolitik und das makroökonomische Umfeld, Präferenzen bei der Sektor- und strategischen Allokation sowie Einschätzungen zum Fundraising.

64 Prozent der Befragten sehen demnach eine Verbesserung des Anlageumfelds, 22 Prozent nehmen eine Stabilisierung wahr. Zudem geht ein größerer Anteil der befragten Investoren davon aus, unterallokiert in alternativen Anlagen zu sein.

Weitere Ergebnisse:

  • Die größte Herausforderung für Fondsmanager neben der reinen Anlagetätigkeit ist das Einwerben von neuen Kapitalzusagen für ihre Fonds, das sich mittlerweile schwieriger gestaltet.
  • Da die historische Erfolgsbilanz eines Fonds für Investoren der wichtigste Faktor bei der Beurteilung von Fondsmanagern ist, haben es neue Fondsmanager schwerer, Fuß zu fassen.

Private Markets werden weiter an Gewicht gewinnen

„Viele Investoren nehmen sich in den meisten alternativen Sektoren als unterallokiert wahr, ein Großteil von ihnen will die Allokation erhöhen“, so Francis Idehen, Partner und US-Chef für alternative Strategien (Head of Alternative Multi-Strategy Solutions) bei GSAM. „Trotz einer Normalisierung ihrer Anlagetätigkeit im Vergleich zu 2022, wünschen sich LPs inzwischen aber eigenen Angaben zufolge engere Beziehungen zu GPs mit weniger Kapitalzusagen über Fondsstrukturen und mehr direkten Co-Investitionen.“

 

Wahrgenommene Risiken konzentrieren sich laut Studie vorwiegend auf makroökonomische Bedenken – nicht auf Marktfaktoren. Aus einer Liste möglicher Risiken wurden folgende Themen am häufigsten genannt:

  • Rezession: 48 Prozent
  • Geopolitischer Konflikt: 46 Prozent
  • Inflation: 43  Prozent
  • Zinssätze: 37 Prozent

77 Prozent der Befragten rechnen zudem in den nächsten zwei Jahren mit einem Konjunkturrückgang in den USA. 23 Prozent erwarten diese Rezession noch 2023, 53 Prozent 2024. Für die Eurozone rechnen 90 Prozen mit einer Rezession, 42 Prozent noch in diesem Jahr, 44 Prozent im nächsten Jahr.

Auch der Ausblick auf Zinsen und Inflation unterscheidet sich regional. In den USA rechnen 49 Prozent mit höheren Zinsen, 45 Prozent erwarten eine Seitwärtsbewegung. Auf globaler Ebene rechnen 51 Prozent mit unveränderten Zinsen bis zum Jahresende, 40 Prozent mit einem Zinsanstieg. In der Eurozone rechnen 63 Prozent der Befragten mit einer Anhebung der Zinsen. 

„Trotz der höheren Inflation und Befürchtungen, was eine Rezession angeht, lässt sich festhalten: Die meisten von uns befragten Investoren sind erfahrene Anleger, die um die Bedeutung einer jährlichen Neuanlage ausgeschütteter Beträge in Privatmärkten wissen“, so Francis Idehen. „Sie wollen nicht die Fehler vieler Akteure wiederholen, die sich 2001 und 2008 aus alternativen Anlagen zurückgezogen haben und anschließend Mühe hatten, die fehlenden guten Vintage-Jahre in ihren Portfolios auszugleichen. Die Anleger wollen Kurs halten und dabei ihr Portfolio aktiv managen.“

Buy-Out-Fonds geraten zunehmend unter Druck

Die Teilnehmer halten ihre größten durchschnittlichen Allokationen in diesen Anlageklassen:

  • Buyouts: 12,2 Prozent
  • Private Credit: 10,1 Prozent
  • Immobilien: 9,6 Prozent
  • Infrastruktur: 6,4 Prozent
  • Growth Equity: 5,1 Prozent
  • Secondaries: 5,1 Prozent
  • Venture Capital: 3,9 Prozent
  • Opportunistische Anlagen /
    Distressed: 2,6 Prozent

LPs weisen tendenziell eher eine Unter- als eine Überallokation in Private-Equity-Strategien auf. Bereiche mit der größten Unterallokation:

  • Co-Investitionen: 51 Prozent
  • Opportunistische Anlagen / Distressed: 46 Prozent
  • Infrastruktur: 44 Prozent
  • Venture Capital: 41 Prozent

Eine Ausnahme stellen Buyouts dar: Hier gaben 27 Prozent eine Überallokation an und 26 Prozent eine Unterallokation.

„Die größte Unterallokation von LPs besteht weiterhin in Bezug auf Strategien mit differenzierten Zugangspunkten zu Privatmärkten, insbesondere in den Bereichen Secondaries, opportunistische Anlagen und Infrastruktur“, so Idehen.  „Das größte Interesse allerdings fokussiert sich auf Co-Investitionsmöglichkeiten. Dies spiegelt den zunehmenden Wunsch von Investoren nach engeren Beziehungen mit einer kleineren Auswahl bevorzugter Fondsmanager wider.“

 

Während 58 Prozent aller LPs für Co-Investitionen eine Allokation von null angeben, planen 59 Prozent eine Erhöhung ihrer entsprechenden Allokation in den kommenden zwei bis drei Jahren. An zweiter Stelle bei den geplanten Erhöhungen stehen Secondaries (48 Prozent), gefolgt von Private Credit (46 Prozent), Venture Capital (41 Prozent), Infrastruktur (40 Prozent) und opportunistische Anlagen / Distressed (40 Prozent).

„Ein Anstieg des Anteils von Secondaries und Co-Investitionen bei Investoren, teilweise über ein Jahrzehnt oder länger hinweg aufgebaut, ist eine natürliche Entwicklung an den Privatmärkten“, erklärt Michael Brandmeyer, Partner und einer der Leiter der extrenen Investmentgruppe (Co-Head External Investment Group). „Immer mehr erfahrene LPs verfügen mittlerweile über die Ressourcen und die Expertise, um diese Komponenten ihrem Alternatives Mix hinzuzufügen.“

„Inflationsschutz ist bei den Infrastruktur-Allokationen vieler Anleger ein wichtiger Gesichtspunkt, doch die Strategie profitiert auch von strukturellen Faktoren, die einen optimistischen langfristigen Ausblick unterstützen, unter anderem die Digitalisierung unserer Volkswirtschaften und die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen“, so Scott Lebovitz, Partner und Co-Investmentchef für Infrastruktur. Bei Immobilien wollen LPs demnach ihre Allokation am ehesten reduzieren (28 Prozent), gefolgt von Growth (16 Prozent) und Buyouts (15 Prozent).

„Angesichts der aktuellen Preiskorrekturen bei Immobilienanlagen und von fällig werdenden Kreditrückzahlungen im Umfang von über zwei Billionen US-Dollar in den kommenden drei Jahren (die sogenannte ‚Wall of Maturities‘) dürften mehr Neubewertungen erforderlich werden. Daher überrascht es wenig, dass einige LPs bei ihren Immobilienallokationen vorsichtig bleiben“, erklärt Jim Garman, Partner und golbaler Leiter Imobilien-Investments bei Goldman Sachs. „Der Markt stellt sich auf die neue wirtschaftliche Realität ein. Daher rechnen wir in Zukunft mit weiteren Verwerfungen. Hieraus eröffnen sich aber auch Chancen für Fondsmanager, die Anlagen in Bereichen erschließen – und mit viel Geschick verwalten – können, die von technologischer Innovation, demografischem Wandel und Nachhaltigkeit geprägt sind.“

„Unserer Umfrage zufolge halten die meisten LPs Private Equity und Immobilien momentan für überbewertet. Daher überrascht es wenig, dass sie bei ihren entsprechenden Allokationen künftig selektiver vorgehen wollen“, so Michael Brandmeyer. „Sie setzen auf GPs, die sich auf operative Werttreiber konzentrieren, die den Einsatz von Fremdkapital reduzieren und die Wertschöpfung in ihren Firmen und Anlagen langfristig vorantreiben  – durch Konsolidierung, operative Effizienz und neue Wachstumsmöglichkeiten.“

Die an der Umfrage teilnehmenden LPs erachten Eigenkapital als generell teuer – ob börsengehandelt in Form von Aktien oder in Form von Private Equity, ob im Unternehmens- oder Immobiliensektor. Gut 72 Prozent der LPs sehen Private Equity und Private Real Estate als teuer an, 54 Prozent haben diese Einschätzung für börsengehandelte Aktien, 41 Prozent für börsengehandelte Immobilienbeteiligungen. Sowohl festverzinsliche Wertpapiere (72 Prozent) als auch Private Debt (59  Prozent) werden von den LPs weitestgehend als angemessen bewertet wahrgenommen.

„Die Überzeugung der Investoren, dass festverzinsliche Wertpapiere und Private Debt ein gutes Verhältnis von Ertrag und Risiko bieten, beflügelt das Interesse an Private Debt. Angesichts des Rückzugs traditioneller Kreditgeber aus diesem Teil des Kapitalmarktes und steigender Kapitalkosten sind Kreditnehmer aus allen Bereichen zunehmend auf der Suche nach innovativen und passgenauen Finanzierungslösungen“, so James Reynolds, Partner und globaler Leiter der Private-Credit-Investitionen bei GSAM.

KI wird auch den Markt für alternative Investments verändern

Während die meisten Fondsmanager auch 2024 den kompletten Verkauf der Anlagen im Fonds als wahrscheinlichste Form der Realisierung von Gewinnen aus alternativen Investments sehen, würden viele LPs einen langsameren Mittelzufluß aus ihren Fonds in Kauf nehmen, bevor sie ihren Anteil an diesen am Sekundärmarkt verkaufen würden. Statt ihre Fondsanteile zu verkaufen (10 Prozent), entscheiden sich immer mehr Investoren für Neu-Anlagen in Sekundärfonds (45 Prozent). Dies könnte sich jedoch ändern, falls die momentan günstigen Einstiegspreise von Sekundärfonds im kommenden Jahr steigen und LPs ihre Portfolien optimieren.

Kreditlinien sind mittlerweile im Liquiditätsmanagement von Private Market Fonds üblich – 72 Prozent der GPs rechnen damit, diese Option im kommenden Jahr weiter zu nutzen. Zwar werden NAV-Lending und Vorzugskapitalstrukturen (Preferred Equity) weiterhin seltener für die übergangsweise Liquiditätsbeschaffung von Fonds eingesetzt (jeweils 16 Prozent), beide Optionen werden jedoch in Erwägung gezogen. Die meisten GPs sehen auch 2024 den Verkauf der Firmen beziehungsweise Anlagen im Fonds als wahrscheinlichste Form der Liquiditätsbeschaffung.

 

Die verhaltene M&A-Aktivität im Jahr 2022 hat zu gesunkenen Transaktionsvolumina geführt. Angesichts dessen dürften GPs die Neubewertung ihrer Positionen am ehesten auf Basis von Transaktionsbewertungen am privaten Markt (44 Prozent: „wesentlicher Einfluss“) sowie anhand von Veränderungen von betrieblichen Kennzahlen wie Umsatz (38 Prozent) und EBITDA-Margen (25 Prozent) vornehmen. Bewertungen im Privatmarkt auf Basis von Bewertungen börsennotierter ähnlicher Firmen und Anlagen werden laut 56 Prozent der Befragten einen „moderaten Einfluss“ haben.

Gefragt nach ihrem Ausblick über die nächsten fünf Jahre gehen 33 Prozent der Befragten davon aus, dass Künstliche Intelligenz (KI) und Data Science die wichtigsten Treiber von Veränderungen bei alternativen Anlagen darstellen werden. An zweiter beziehungsweise dritter Stelle genannt werden ein breiterer Zugang zu alternativen Anlagen für Retail-Kunden (20 Prozent) und Veränderungen des Konjunkturzyklus (16 Prozent).

Fortschritte im Hinblick auf nachhaltige Anlageziele

Obwohl 75 Prozent der Anleger Nachhaltigkeit als wichtig erachten, haben nur
43 Prozent der Fondsmanager erwähnenswerte Fortschritte im Hinblick auf konkrete nachhaltige Anlageziele erreicht. Unter den LPs geben dies lediglich 18 Prozent an. Zwar werden die Kompetenzen von Fondsmanagern im Bereich Nachhaltigkeit von Investoren positiv eingeschätzt, doch sind LPs weniger zuversichtlich in Bezug auf ihre eigene Fähigkeit, diese im einzelnen zu beurteilen. Unter den LPs haben 28 Prozent keine nachhaltigen Anlageziele. Die meisten von ihnen sind in den USA ansässig.

Nachhaltigkeit spiegelt sich auf Sektorebene in den Anlagepräferenzen der Fondsmanager wider. 21 Prozent betonen beispielsweise den im Vergleich zum Vorjahr gestiegenen Fokus auf Anlagen in erneuerbaren Energien.

Erwartungen Limited Partners / General Partners

Investoren wünschen sich engere Beziehungen zu ihren Fondsmanagern. Der Trend geht hin zu weniger Neukapitalzusagen (36 Prozent) und einem stärkeren Fokus auf bestehenden Beziehungen (32 Prozent). Während 23 Prozent der LPs ihre Neukapitalzusagen deutlich reduzieren, setzen sie nur 4 Prozent komplett aus.

Bei der Beurteilung der Performance ziehen LPs auch weiterhin die IRR (Internal Rate of Return) und das MOIC (Multiple-On-Invested-Capital) den PME-Kennzahlen (Public Market Equivalent) vor.
Angesichts des Rückgangs der Kapitalzusagen nennen 66 Prozent der Fondsmanager die Mittelbeschaffung als eine ihrer drei größten Herausforderungen neben der reinen Anlagetätigkeit. Bei 68 Prozent der GPs findet derzeit ein Fundraising statt, beziehungsweise ist für die nächsten zwölf Monate geplant. GPs rechnen mit längeren Zeithorizonten bei der Mittelbeschaffung als bei den letzten Runden (36 Prozent – lediglich 6 Prozent rechnen mit kürzeren Zeiträumen), wobei 56 Prozent dennoch davon ausgehen, in der aktuellen Runde mehr Kapitalzusagen zu erhalten.

Knackpunkt Personal

Als Kriterien für die Beurteilung der Fondsmanager nannten Investoren am häufigsten die historische Erfolgsbilanz (51 Prozent), gefolgt von operativem Know-how (48 Prozent) und Gebühren/Konditionen (46Prozent). Nach Auffassung der Fondsmanager sind Branchenkompetenz (69  Prozent), Erfolgsbilanz (66 Prozent) und differenziertes Sourcing (63 Prozent) ihre wichtigsten Wettbewerbsvorteile.

Hinsichtlich der Nutzung von Marktopportunitäten  sehen beide Gruppen Herausforderungen bei ihren eigenen operativen Kapazitäten (53 Prozent GPs, 42 Prozent LPs), bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung einer resilienten Teamkultur (50 Prozent GPs, 31 Prozent LPs), der Mitarbeiterbindung und -motivation (28 Prozent GPs, 36 Prozent LPs) und der Gewinnung von Talenten (jeweils 28 Prozent).

„Die privaten Märkte sind in einem rasanten Tempo gewachsen, und viele Fondsmanager und Investoren haben von dieser Entwicklung profitiert“, so Brandmeyer abschließend. „Volatilität und Unsicherheit mögen die Mittelbeschaffung und das Wachstum momentan einschränken, doch die meisten Anleger geben an, bei Private-Market-Allokationen an ihrem Kurs festzuhalten und planen, ihr Engagement für bestimmte Strategien sogar zu erhöhen. Mehr Prognosesicherheit in Bezug auf Zinssätze und makroökonomische Entwicklungen könnte das Vertrauen in die aktuellen Bewertungen stärken und das Liquiditätsumfeld verbessern. Während die meisten Teilnehmer sich bereits jetzt optimistischer zeigen, würde dies den Fondsmanagern und Anlegern mehr Flexibilität bei der Verfolgung neuer Opportunitäten und Lösungen bieten.“

Über die Studie

Im Juni und Juli 2023 befragte Goldman Sachs 46 Fondsmanager (GPs) und 166 institutionelle Investoren (LPs) zu den Marktbedingungen im Allgemeinen und zu alternativen Anlagen im Besonderen. Mehrfachantworten waren möglich. Der Fokus der GPs lag auf den Bereichen Private Equity (37), Private Credit (19), Immobilien (10) und Infrastruktur (10). Ihr geschäftlicher Hintergrund umfasst Asset/Wealth Management (43), Endowment (19), Family Offices (7), Stiftungen (7), Versicherungen (32), private Vorsorge (24), öffentliches Rentensystem (30) und Staatsfonds / öffentliche Einrichtungen (4). In Bezug auf die geografische Verteilung haben 59 Prozent der Befragten ihren Sitz in Nord- und Südamerika, 13 Prozent in der Region Asien-Pazifik (APAC) und 28 Prozent in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA).

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