Eine der ältesten und etabliertesten Assetklassen in Private Markets, dem Markt der nicht börsennotierten Unternehmen, ist Private Equity. Begonnen hatte alles vor über 100 Jahren mit Beteiligungen am aufstrebenden Industriesektor mit Eisenbahn- und Stahlunternehmen in Großbritannien und den USA.
Auch in Deutschland spielt Private Equity als Eigentümerin eine wichtige Rolle. Schon seit einigen Jahren ist ein Rückgang der Börsennotierungen zu verzeichnen. Zuletzt waren in Deutschland laut Statista rund 430 Unternehmen am Aktienmarkt notiert. 20 Jahre zuvor waren es noch mehr als 700.
Von der dot.com-Blase bis heute
Private Equity kennt sie alle, die New Economy-Bubble zur Jahrtausendwende, die große Finanzkrise ab 2008, die Covid-Pandemie sowie die aktuellen (geo)politischen Krisen wie der Krieg in der Ukraine und Nahost sowie der Zinsanstieg.
Die gute Nachricht zuerst – Private Equity hat alle diese Verwerfungen und Krisen bisher gut meistern können. Insbesondere institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Versicherungen oder Versorgungswerke, die über einen sehr langen Anlagehorizont verfügen, können oder müssen die meisten dieser Veränderungen oft „aussitzen“ und ihre Portfolien, insbesondere mittels geeigneter Diversifikationsmaßnahmen entsprechend steuern.
New Economy Bubble
Um die Jahrtausendwende herrschte bei vielen Anlegern Goldgräberstimmung. Die dot-com-Blase wuchs Ende der 90er Jahre, angetrieben durch das Internet und der damit verbundenen Geschäftsmodelle, in schwindelerregende Höhen. Und auch einige Private-Equity-Firmen stiegen in die vielen neuen Internetunternehmen ein. Alles schien möglich.
So stieg der US-Nasdaq Composite-Index zwischen 1995 und März 2000 um sagenhafte 800 Prozent, um dann innerhalb weniger Monate bis 2002 um 78 Prozent zu fallen. Auch Private Equity war davon betroffen, konnte aber dennoch profitieren – die Zeiten nach dem Platzen der New Economy-Blase waren von starkem Wachstum und einer weiteren Professionalisierung der Branche gekennzeichnet.
Die globale Finanzkrise und AIFMD
Die globale Finanzkrise Ende der 2000er Jahre schüttelte nicht nur Finanzsysteme und Wirtschaftsräume weltweit, sondern auch die Private-Equity-Branche durcheinander. In Deutschland wurde der Begriff der „Heuschrecken“ als Sinnbild für Investoren, die kurzfristig Profite „um jeden Preis“ erzielen wollten, geprägt. Die Reputation von Private Equity und seiner Akteure litt dadurch. Forderungen nach stärkerer Regulierung wurden laut und letztlich auch umgesetzt.
Im Jahr 2011 führte die Europäische Union die Alternative Investment Fund Managers Directive (AIFMD) und verschiedenen Berichtspflichten ein, mit dem Ziel die Aufsicht von Managern alternativer Investmentfonds (AIFMs) innerhalb der EU zu verbessern. Diese Maßnahmen haben notwendige Veränderungen und mehr Transparenz in der Branche gebracht. Darüber hinaus gehören Vintage-Jahre aus dieser Zeit oft zu den erfolgreichsten in manchen Private-Equity-Portfolios.
Von Pandemie bis Krieg
Auch das vergangene halbe Jahrzehnt erschütterte die Welt mit verschiedenen Krisen. Beginnend mit einer Pandemie bisher nicht gekannten Ausmaßes bis zum Angriffskrieg auf die Ukraine, der von einer Energiekrise und einem Zinsanstieg begleitet wurde.
Wie gut die Krisenszenarios und Stresstests waren, zeigte sich für viele Marktteilnehmer in der Krise selbst. Im Bereich Private Equity kam die Branche relativ gut durch die Pandemie. Insbesondere Investoren mit einem breit aufgestellten und über verschiedene Auflagejahre, Regionen und Sektoren hinweg diversifizierten Portfolio, konnten die Risiken meist gut und relativ rasch bewältigen.
Zinsanstieg trennt Spreu von Weizen
Eine besondere Herausforderung für Private Equity ist der Zinsanstieg der vergangenen Jahre. Viele langjährige Investoren hatten nach einer Dekade steilen Wachstums in der Niedrigzinsphase bereits eine Abschwächung erwartet, die nun aber, befeuert durch den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise – insbesondere in Europa – abrupter als erwartet eintrat.
Hier trennte sich sozusagen die Spreu vom Weizen, und es zeigte sich, wie gut Anleger bei der Auswahl ihrer Partner und Assets sowie das Risikomanagement mancher Fondsmanager wirklich waren. Denn schon vor dem Zinsanstieg galt es für Anleger angesichts (zu) hoher Bewertungen und des Marktumfeldes, das bereits im Umschwung begriffen war, Vorsicht walten zu lassen, was sich nun für einige Investoren auszahlt.
So gab es in den vergangenen beiden Jahren bedeutend weniger Transaktionen, die zudem auch mehr Zeit in Anspruch nahmen. Börsengänge wurden abgesagt beziehungsweise verschoben. Verlangsamt war auch das Fundraising für Private Equity, das laut des PEI Private Equity Fundraising Reports in 2024 circa 15 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum lag.
Die Exit-Aktivitäten im Bereich Private Equity gestalten sich weiterhin schwieriger als in früheren Jahren. Aber insbesondere seit der zweiten Hälfte des Jahres 2024 zeichnet sich ein Anspringen der Transaktionstätigkeit ab. Der hohe Investitionsbedarf in den Bereichen Digitalisierung, Dekarbonisierung und demographischer Wandel eröffnet Private Equity-Anlegern gute Einstiegschancen auf der einen und neue Exit-Möglichkeiten auf der anderen Seite.
In einem aktuellen Report von EY gaben ebenfalls knapp 60 Prozent der befragten CEOs weltweit an, in den nächsten zwölf Monaten eine Übernahme zu planen. Zusammenfassend rechnen wir für 2025 mit mehr Transaktionen im Markt.
2025 – Private Equity im Aufwind?
Allein in Europa errechnete der ehemalige EZB-Präsident Draghi in einer Studie im Auftrag der EU-Kommission einen Investitionsbedarf von circa 800 Milliarden Euro jährlich aus, um die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Dabei soll der Schwerpunkt auf den Bereichen Digitalisierung, Energiewende und Verteidigung liegen.
Auch Private Equity kann hier eine positive Rolle spielen, um diese dringend benötigten Investitionen voranzutreiben. Folgerichtig geht die Research-Plattform Preqin von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum der Anlageklasse Private Equity von circa 13 Prozent in den nächsten fünf Jahren aus.
Laut einer BAI-Umfrage planen über 80 Prozent der in 2024 befragten institutionellen Anleger in Private Equity zu investieren. Dafür stehen Anlegern verschiedene Zugangswege offen:
- Secondaries Neben den bekannten Primärmarktinvestments, in denen ein Anleger in einen Fonds investiert und der Fondsmanager dann die Auswahl der in dem Fonds liegenden Anlagen vornimmt, gibt es auch den Sekundärmarkt, der weit entwickelt ist. Immer mehr LPs und GPs trennten sich aus Liquiditätserwägungen und anderen Gründen von Teilen ihres Portfolios. Für Anleger und hier insbesondere größere Häuser, die über entsprechende Finanzkraft und in-house Ressourcen verfügen, um schnell eine fundierte Anlageentscheidung treffen zu können, können sich dadurch interessante Einstiegsoptionen ergeben.
Sekundärmarkttransaktionen, auch Secondaries genannt, können dazu beitragen, den Portfolioaufbau zu beschleunigen und dabei breit zu streuen. Sie können damit auch für Neuanleger in Private Equity, die möglichst schnell ein Portfolio mit dieser Assetklasse errichten wollen, interessant sein.
Zudem verfügen Secondaries in der Regel über eine gute Kostenstruktur, da sie oft mit Abschlägen zu vorherigen Buchwerten verkauft werden und somit als Renditetreiber für das aufnehmende Portfolio dienen können. Auch die Private Markets-Plattform der Allianz Global Investors investiert in Secondaries – unterstützt durch die Erkenntnisse aus ihrem Primärmarktportfolio im Bereich Private Equity.
- Co-Investments
Seit gut 13 Jahren investiert die Allianz im Bereich Private Equity auch in Co-Investments. Auch hier können Anleger, die an der Seite von Fondsmanagern direkt in Assets investieren, von Kostenvorteilen in Form von geringeren Gebühren profitieren und somit die Renditestruktur ihres Portfolios optimieren. Voraussetzung, um überhaupt Zugang zu einem Co-Investment zu erlangen, ist meist eine starke und langjährige Kundenbeziehung. Der Grund: die Anzahl an Co-Investments ist begrenzt und wird häufig größeren Anlegern angeboten, die über die entsprechende Finanzkraft eines Einzelinvestments in der jeweiligen Höhe verfügen und deren Kundenbindung man vertiefen möchte.
Zudem bietet sich für Anleger die Möglichkeit zu geringeren Kosten – im Vergleich zu einem Fondsinvestment – gezielt einen Schwerpunkt für das Portfolio zu setzen oder entsprechend zu diversifizieren und schnell umzusetzen. Bei der Auswahl können dabei auch die jeweiligen Anforderungen im Hinblick auf Nachhaltigkeitspraktiken und ESG-Kriterien eingebracht werden. Als möglicher Nebeneffekt können Anleger durch Co-Investments auch ihr Branchenwissen vertiefen und dieses für zukünftige Anlageentscheidungen und im Monitoring nutzen.
Krisenjahre sind rückblickend oft die besten Jahre
Die unsichere Wirtschaftslage und weltweiten politischen Spannungen werden Private Equity-Investoren auch 2025 vor große Herausforderungen stellen. Gerade Krisenjahre sind jedoch rückblickend oft die besten Jahre für Investoren mit einem langfristigen Anlagehorizont, weshalb sich ein Einstieg weiterhin lohnen kann. Dass Private Equity mit Krisen umgehen und die darin liegenden Chancen auch nutzen kann, zeigte die Assetklasse in der Vergangenheit.
ESG gewinnt weiter an Bedeutung
Der Investitionsbedarf in vielen Bereichen ist hoch und angesichts wieder sinkender Zinssätze, gehen wir davon aus, 2025 vermehrt interessante Transaktionen unter Private Equity-Beteiligung zu sehen. Anleger können hier aus unterschiedlichen Zugangswegen zur Assetklasse auswählen. Dabei gilt es auch weiterhin anspruchsvoll zu bleiben, den richtigen Manager auszuwählen und in der Due Diligence ebenso ESG-Kriterien einzubeziehen, die auch in Private Equity weiter an Bedeutung gewinnen werden.
Michael Lindauer leitet das Private-Equity-Geschäft bei Allianz Capital Partners und verwaltet in dieser Funktion mehr als 25 Milliarden Euro. Zur Allianz wechselte er im Jahr 2003 von der Unternehmensberatung Pricewaterhouse Coopers.