Im Spannungsfeld Private Equity zwischen Krisenerfahrung und Aufbruchstimmung

Michael Lindauer von Alliant Capital Partners: „Gerade Krisenjahre sind rückblickend oft die attraktivsten Jahre für Investoren mit einem langfristigen Anlagehorizont.“

Michael Lindauer von Allianz Capital Partners: „Gerade Krisenjahre sind rückblickend oft die besten Jahre für Investoren mit einem langfristigen Anlagehorizont.“ Foto: Allianz

Eine der ältesten und etabliertesten Assetklassen in Private Markets, dem Markt der nicht börsennotierten Unternehmen, ist Private Equity. Begonnen hatte alles vor über 100 Jahren mit Beteiligungen am aufstrebenden Industriesektor mit Eisenbahn- und Stahlunternehmen in Großbritannien und den USA.

Auch in Deutschland spielt Private Equity als Eigentümerin eine wichtige Rolle. Schon seit einigen Jahren ist ein Rückgang der Börsennotierungen zu verzeichnen. Zuletzt waren in Deutschland laut Statista rund 430 Unternehmen am Aktienmarkt notiert. 20 Jahre zuvor waren es noch mehr als 700.

Von der dot.com-Blase bis heute

Private Equity kennt sie alle, die New Economy-Bubble zur Jahrtausendwende, die große Finanzkrise ab 2008, die Covid-Pandemie sowie die aktuellen (geo)politischen Krisen wie der Krieg in der Ukraine und Nahost sowie der Zinsanstieg.

Die gute Nachricht zuerst – Private Equity hat alle diese Verwerfungen und Krisen bisher gut meistern können. Insbesondere institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Versicherungen oder Versorgungswerke, die über einen sehr langen Anlagehorizont verfügen, können oder müssen die meisten dieser Veränderungen oft „aussitzen“ und ihre Portfolien, insbesondere mittels geeigneter Diversifikationsmaßnahmen entsprechend steuern.

New Economy Bubble

Um die Jahrtausendwende herrschte bei vielen Anlegern Goldgräberstimmung. Die dot-com-Blase wuchs Ende der 90er Jahre, angetrieben durch das Internet und der damit verbundenen Geschäftsmodelle, in schwindelerregende Höhen. Und auch einige Private-Equity-Firmen stiegen in die vielen neuen Internetunternehmen ein. Alles schien möglich.

So stieg der US-Nasdaq Composite-Index zwischen 1995 und März 2000 um sagenhafte 800 Prozent, um dann innerhalb weniger Monate bis 2002 um 78 Prozent zu fallen. Auch Private Equity war davon betroffen, konnte aber dennoch profitieren – die Zeiten nach dem Platzen der New Economy-Blase waren von starkem Wachstum und einer weiteren Professionalisierung der Branche gekennzeichnet.

Die globale Finanzkrise und AIFMD

Die globale Finanzkrise Ende der 2000er Jahre schüttelte nicht nur Finanzsysteme und Wirtschaftsräume weltweit, sondern auch die Private-Equity-Branche durcheinander. In Deutschland wurde der Begriff der „Heuschrecken“ als Sinnbild für Investoren, die kurzfristig Profite „um jeden Preis“ erzielen wollten, geprägt. Die Reputation von Private Equity und seiner Akteure litt dadurch. Forderungen nach stärkerer Regulierung wurden laut und letztlich auch umgesetzt.

 

Im Jahr 2011 führte die Europäische Union die Alternative Investment Fund Managers Directive (AIFMD) und verschiedenen Berichtspflichten ein, mit dem Ziel die Aufsicht von Managern alternativer Investmentfonds (AIFMs) innerhalb der EU zu verbessern. Diese Maßnahmen haben notwendige Veränderungen und mehr Transparenz in der Branche gebracht. Darüber hinaus gehören Vintage-Jahre aus dieser Zeit oft zu den erfolgreichsten in manchen Private-Equity-Portfolios.

Von Pandemie bis Krieg

Auch das vergangene halbe Jahrzehnt erschütterte die Welt mit verschiedenen Krisen. Beginnend mit einer Pandemie bisher nicht gekannten Ausmaßes bis zum Angriffskrieg auf die Ukraine, der von einer Energiekrise und einem Zinsanstieg begleitet wurde.

Wie gut die Krisenszenarios und Stresstests waren, zeigte sich für viele Marktteilnehmer in der Krise selbst. Im Bereich Private Equity kam die Branche relativ gut durch die Pandemie. Insbesondere Investoren mit einem breit aufgestellten und über verschiedene Auflagejahre, Regionen und Sektoren hinweg diversifizierten Portfolio, konnten die Risiken meist gut und relativ rasch bewältigen.

Zinsanstieg trennt Spreu von Weizen

Eine besondere Herausforderung für Private Equity ist der Zinsanstieg der vergangenen Jahre. Viele langjährige Investoren hatten nach einer Dekade steilen Wachstums in der Niedrigzinsphase bereits eine Abschwächung erwartet, die nun aber, befeuert durch den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise – insbesondere in Europa – abrupter als erwartet eintrat.

Hier trennte sich sozusagen die Spreu vom Weizen, und es zeigte sich, wie gut Anleger bei der Auswahl ihrer Partner und Assets sowie das Risikomanagement mancher Fondsmanager wirklich waren. Denn schon vor dem Zinsanstieg galt es für Anleger angesichts (zu) hoher Bewertungen und des Marktumfeldes, das bereits im Umschwung begriffen war, Vorsicht walten zu lassen, was sich nun für einige Investoren auszahlt.

So gab es in den vergangenen beiden Jahren bedeutend weniger Transaktionen, die zudem auch mehr Zeit in Anspruch nahmen. Börsengänge wurden abgesagt beziehungsweise verschoben. Verlangsamt war auch das Fundraising für Private Equity, das laut des PEI Private Equity Fundraising Reports in 2024 circa 15 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum lag.