Man muss außerdem sehen, dass historische Vergleiche den aktuellen oder zukünftigen Marktbedingungen nicht immer gerecht werden. Der Markt für hochverzinsliche Anleihen (High Yield /HY) etwa bietet heute mehr Qualität als früher: So ist der Anteil der mit BB – der höchsten Ratingstufe im HY-Markt – bewerteten Unternehmen größer als vor der globalen Finanzkrise 2008. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass schwächere Unternehmen bereits in früheren Abschwungszyklen mit Zahlungsausfällen oder strukturellen Veränderungen in ihren Sektoren konfrontiert waren.
Darüber hinaus sind die Unternehmen auf dem HY-Markt jetzt im Allgemeinen größer, da kleinere Firmen auf den privaten Markt abgewandert sind. Größere Unternehmen wiederum bieten in unsicheren Zeiten oft mehr Stabilität. Generell ist der HY-Markt sicherer geworden, da viele Anleihen jetzt besichert sind. Hinzu kommen eine breitere Anlegerbasis, die zu mehr Liquidität und Stabilität geführt hat, sowie Fortschritte in der Handelstechnologie mit Vorteilen für den Marktzugang und die Transparenz. Alles in allem steigt dank dieser Faktoren die Attraktivität des HY-Marktes für Anleger, die höhere Renditen anstreben.
Im Gegensatz dazu hat der Markt für Investment-Grade-Kredite (IG) im Vergleich zu früheren Zyklen an Qualität eingebüßt: Hier ist das BBB-Segment aufgrund von Herabstufungen in der Vergangenheit inzwischen das umfangreichste. Da viele Unternehmen mit BBB-Rating jedoch bestrebt sind, ihren IG-Status zu verteidigen, legen sie mitunter mehr Finanzdisziplin und ein besseres Kreditverhalten an den Tag als Unternehmen mit A-Rating. Anleger haben so die Chance, höhere Spreads zu erzielen, die durch solide Fundamentaldaten untermauert werden.
Das Erkennen dieser Nuancen ist wichtig, um fundierte Anlageentscheidungen zu treffen und um die Anlageergebnisse zu verstehen.
Aktives Management: Aufdeckung struktureller und zyklischer Chancen
Um strukturelle und zyklische Anlagechancen aufzudecken, bedarf es einer Fokussierung auf hochwertige festverzinsliche Wertpapiere. Zudem sehen wir wachsende Chancen für grüne und soziale Anleihen, die von Unternehmen und Regierungen in Schwellenländern (EM) ausgegeben werden. Obwohl das Risiko-Rendite-Profil dieser Anleihen den klassischen Pendants desselben Emittenten entspricht, zeichnen sie sich dadurch aus, dass ihre Erlöse in Umwelt- oder Sozialprojekte fließen.
Damit die Ziele für saubere Energie erreicht werden können, müssen nach Berechnungen der . Internationale Energieagentur IEA die Investitionen in Schwellenländer bis in die 2030er Jahre von 770 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 auf eine jährliche Spanne von 2,2 bis 2,8 Billionen US-Dollar verdreifacht werden. Hier besteht ein enormes Wachstumspotenzial. Wenn der Markt reifer und diversifizierter wird, könnte er einen größeren Kreis von Investoren anlocken.
Im Bereich der Privatkredite haben aktive Manager die Möglichkeit, über komplexere, strukturierte Lösungen Investments in solide Unternehmen zu tätigen, die mit temporären Herausforderungen zu kämpfen haben. Davon können insbesondere Unternehmen profitieren, die nach strukturierten Finanzierungslösungen wie hybriden Kapitalformen suchen. Private Kreditgeber sind gut positioniert, um das notwendige Kapital bereitzustellen, indem sie maßgeschneiderte Kapitallösungen entwickeln, die sowohl Fremd- als auch Eigenkapitalelemente kombinieren.
Dieser Ansatz ermöglicht es Kreditgebern im besten Fall nicht nur, von einer potenziellen Wertsteigerung des Eigenkapitals zu profitieren und dadurch die Gesamtrendite zu steigern, sondern auch weiterhin Erträge zu generieren und im Vergleich zu reinen Eigenkapitalinvestitionen eine vorrangige Position in der Kapitalstruktur einzunehmen. Darüber hinaus zeigt er, wie viel Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei der Finanzierung auf dem privaten Markt möglich ist. Für Kreditgeber sind damit höhere Renditen und mehr Schutz möglich, während Kreditnehmer in der Lage sein sollten, im Zuge einer Kapitalbeteiligung ihre Kreditkosten zu senken.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Koexistenz von öffentlichen und privaten Schuldenmärkten ein dynamisches Finanzökosystem konstituiert, in dem ein differenziertes Verständnis und eine aktive Steuerung unerlässlich sind. Mit einer geeigneten strategischen Vorgehensweise können Investoren erkennen, wo sich bei beiden Anlageklassen potenzielle Chancen und Resilienzen bieten.
Über die Autoren
Kay Haigh ist globaler Co-Head of Fixed Income and Liquidity Solutions bei Goldman Sachs Asset Management und hat ebenfalls die Aufsicht über das Emerging Markets Debt Team. Er kam 2019 als Geschäftsführer (Managing Director) und wurde 2022 zum Partner ernannt. Zuvor war er 17 Jahre bei der Deutschen Bank in London, New York und Singapur tätig, hatte verschiedene Leitungspositionen inne. 2011 wurde er Gründungspartner und Chief Investment Officer von Avantium Investment Management, einem auf Schwellenländer spezialisierten Hedgefonds mit Sitz in London und New York. Darüber hinaus war Haigh als Leiter der Emerging Markets bei Stone Millener Asset Management und Morgan Stanley tätig.
James Reynolds ist globaler Leiter des Bereichs Direct Lending bei Goldman Sachs Asset
Management, verantwortet damit unter anderem die Strategie für die Senior Debt-Investmentplattform des Unternehmens, einschließlich der Flaggschiff-Fonds Loan Partners, GS Credit und GSEC, sowie für die Junior Debt-Investmentstrategie des Unternehmens über die Flaggschiff-Fonds Mezzanine Partners. Er ist außerdem unter anderem Mitgeschäfstführer (Co-Chief Executive Officer) von Goldman Sachs Asset Management International. Reynolds kam im Jahr 2000 als Analyst zu Goldman Sachs und wurde 2007 zum Geschäftsführer (Managing Director) und 2010 zum Partner ernannt.