In letzter Zeit ist zu beobachten, dass immer mehr Unternehmen sowohl öffentliche als auch private Kapitalmärkte für ihre Finanzierung nutzen. Sie optimieren ihre Kapitalstrukturen durch ein breiteres Spektrum an Finanzierungsoptionen, um ihr Wachstum zu sichern und sich an die Marktbedingungen anzupassen. In den Jahren 2022 und 2023 beispielsweise haben viele Unternehmen Kapital über die privaten Kreditmärkte aufgenommen. Demgegenüber haben sich in den vergangenen Monaten zahlreiche Unternehmen über die öffentlichen Märkte refinanziert.
Wir gehen davon aus, dass sich im Laufe der Zeit ein Gleichgewicht einstellen wird: Unternehmen werden zwischen den niedrigeren Kapitalkosten auf den öffentlichen Märkten und einer maßgeschneiderten Kapitalstruktur und Finanzierungslösung auf den privaten Märkten wählen, wobei die Wahl je nach Geschäftsphase variieren kann. Diese Entwicklung wird es öffentlichen und privaten Märkten ermöglichen, harmonisch zu koexistieren und zu wachsen und Anlegern eine breite Palette potenzieller Anlagemöglichkeiten zu bieten.
Status-Check: Ein Jahr nach dem Höchststand der Zinsen
Der Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank endete im Juli 2023. Trotz der deutlich gestiegenen Zinssätze beweisen Unternehmen eine bemerkenswerte Resilienz, was sich in der geringen Zahl von Zahlungsausfällen und Notlagen niederschlägt.
Diese Stärke in einem schwierigen makroökonomischen Klima ist zwei Faktoren zu verdanken: dem anhaltenden Wirtschafts- und Ertragswachstum, das zu einer Verbesserung der Fundamentaldaten geführt hat, sowie den offenen Kapitalmärkten, welche die Refinanzierung von Schulden erleichtert haben. So verzeichneten beispielsweise von Sponsoren unterstützte Unternehmen ein durchschnittliches Ebitda-Wachstum von 11 Prozent auf Jahresbasis. Damit hat sich ihre Schuldendienstfähigkeit verbessert, selbst bei steigenden Schuldenkosten und sinkenden Zinsdeckungsquoten.
Dennoch ist es wichtig, den Abwärtstrend der Zinsdeckungsquoten und die Qualität der Emissionsstandards im Blick zu behalten. Darüber hinaus sind wir der Meinung, dass die Entwicklung der öffentlichen Schulden angesichts der beginnenden quantitativen Straffung durch die Zentralbanken stärker vom Konjunkturzyklus, von politischen Entscheidungen und von der Fähigkeit der Unternehmen, sich an ein neues Zinsumfeld anzupassen, beeinflusst werden dürfte, ganz zu schweigen von strukturellen Veränderungen wie der Dekarbonisierung, der alternden Bevölkerung und der geopolitischen Instabilität.
Vertiefter Einblick in die Datenlage
Die Ausfallquoten bleiben insgesamt niedrig. Viele Notlagen werden direkt zwischen den Parteien gelöst, um Probleme proaktiv anzugehen und Zahlungsausfälle zu vermeiden. Die Maßnahmen beinhalten häufig Strategien wie die Zahlung von Zinsen in Form von Sachleistungen (PIK) oder zusätzliche Eigenkapitalbeiträge der Finanzsponsoren des Kreditnehmers. Sie können Unternehmen dabei helfen, vorübergehende Hürden zu überwinden und einen kostspieligen und langwierigen Umstrukturierungsprozess zu vermeiden.
Den Geldgebern wiederum bieten sie die Chance, ihre Investitionen zu unterstützen und ihre Kapitalbeteiligungen zu sichern. Bei Kreditnehmern mit gravierenderen Problemen bieten solche Lösungen jedoch womöglich nur einen vorübergehenden Aufschub, sodass ein unvermeidlicher Zahlungsausfall letztlich nur hinausgezögert wird. Dennoch können außergerichtliche Lösungen den Sanierungswert erhalten und die Verluste der Investoren minimieren.
Bei der Bewertung der Ausfallquoten ist es zudem wichtig, die steigende Anzahl von Distressed Exchanges unter den Kreditnehmern sowohl auf dem Markt für Konsortialkredite als auch auf den privaten Märkten zu beachten. Bleiben diese Umtauschgeschäfte unberücksichtigt, sinkt beispielsweise die Zwölf-Monats-Ausfallrate für Leveraged Loans laut daten von uns und von J.P. Morgan im Mai 2024 von 3,3 auf 1,25 Prozent.
Notleidende Tauschgeschäfte (Distressed Exchanges) liegen vor, wenn ein finanziell angeschlagenes Unternehmen den Gläubigern neue Schulden, Eigenkapital oder eine Mischung aus beidem anbietet, in der Regel zu einem geringeren Wert als die bestehenden Schulden, um einen Ausfall zu verhindern. Dies beschert den Kreditgebern zwar Verluste, ist aber in der Regel weniger kostspielig und schneller als ein formelles Konkursverfahren.
Weitere Vorteile sind die stabileren Rückzahlungsraten sowie der geringere Grad an Betriebsstörungen für das Unternehmen. In einigen Fällen erweist sich die aus dem Umtausch resultierende Kapitalstruktur als tragfähig, in anderen Fällen werden lediglich größere Verluste abgewendet. Es bleibt daher ungewiss, welchen Einfluss Distressed Exchanges letztlich auf Verluste haben
High Yield ist sicherer geworden, Investment-Grade büßt Qualität ein
Auf dem Markt für Leveraged Loans treten Ausfälle vor allem bei kleineren Unternehmen auf, die mit branchenspezifischen Veränderungen zu kämpfen haben, ohne dass dies auf allgemeine Marktturbulenzen hindeuten muss. Aktive Anleger können einen Teil der Risiken bereits mindern, indem sie solche Ausfälle durch eine kluge Wertpapierauswahl antizipieren und geschickt umgehen.