Zukunft der Branche Wie sich das Private Banking neu erfinden muss

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Wie die jüngste Vergangenheit zeigt, hat aber auch diese Vorgehensweise ihre Grenzen erreicht. Effizienz ist nun das neue Stichwort – zugegebenermaßen eine nicht ganz neue Idee. Effiziente Prozesse sind in jedem Unternehmen die Grundvoraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften und sollten stets nach innen gerichtet sein. Nach außen sollten sie zu besseren Dienstleistungen und Produkten führen.

Zu beobachten ist aktuell häufig jedoch das Gegenteil: Für den Kunden erhöhen sich die Preise, die Prozesse aber werden nicht besser. Die Verhaltensweise ähnelt derjenigen, die bereits in früheren Krisen zu beobachten war. Letztlich geht es um eine geringere Dienstleistung für den Kunden zu einem höheren Preis. Retten, was zu retten ist. So ist der Untergang allerdings vorhersehbar.

Gerade für wohlhabende Kunden in der Region stellt sich spätestens mit Erhöhung der Kontoführungsgebühren und der Einführung von Verwahrgebühren eine entscheidende Frage: Welchen Mehrwert liefert eine Private-Banking-Betreuung? Die Filiale und die Möglichkeit zur regionalen Geldversorgung sind in unmittelbarer Nähe gegeben, die Renditen finanzieren die Gebühren nicht mehr, und auch im Online-Banking ist alles gleich für Privatkunden und Private-Banking Kunden. Teilweise sind die Dienstleistungen für Privatkunden sogar schneller, direkter oder über Service-Center, Internet-Filiale oder Standortnetz leichter zu erreichen und länger verfügbar.

Erschwerend kommt hinzu, dass das Wachstum der vergangenen Jahre häufig mit dem Zinsertrag, also der Liquidität erzielt wurde. Gerade wenn vom betreuten Volumen 60 Prozent und mehr im Passivbereich investiert sind, schwinden die Erträge für die nächsten Jahre. Liquidität „einfach mal so“ in Anlageprodukte wie Fonds oder Aktien zu drehen, geht auch kaum noch. Es entspricht häufig nicht dem Kundenwunsch. Die gern angeführte Regulatorik ist tatsächlich weniger das Problem. Ein echtes Dilemma: Womit kann das Private Banking seine Kunden in der Zukunft noch begeistern?

Vom Werterhalt zum Sinngehalt

„Wirtschaftlichkeit und damit auch wirtschaftlicher Gewinn werden in der Next Economy wieder als Mittel zur Zielerreichung erfahrbar, nicht mehr als Ziel an sich“, titelt André Reichel, Professor an der Karlshochschule International University, in seinem Artikel „Die neue Sinn-Ökonomie“. Nimmt man dies ernst, wird schnell klar, dass hinter das klassische Private-Banking-Geschäftsmodell zumindest ein Fragezeichen zu stellen ist.

Überträgt man das von Reichel aufgeworfene Thema auf das Private Banking und seine Kunden, steht nicht mehr das Vermögen an sich, sondern dessen sinnvolle Nutzung im Fokus. Wie es beispielsweise die Sparkasse Herford schreibt: „Für Ihre ganz persönlichen Werte“.

Dabei haben sich die Werte in den vergangenen Jahren deutlich verschoben. Zunehmend mehr Kunden investieren direkt. Ob in Immobilien, eigene Unternehmungen oder auch Luxusgüter. Stets ist es aus Sicht des Kunden sinnvolle Investitionen. Ob da Fonds oder Aktien, bei denen der Kunde wenig Einfluss hat, aus seiner Sicht sinnvoll sind, wird immer wieder neu zu beantworten sein. Nur eine ansprechende Rendite zu liefern, reicht nicht.

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Bernd Ankenbrand, Professor an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, hat auf dem letzten Private Banking Kongress in Hamburg darauf hingewiesen, dass jede Epoche neue Sinnmaßstäbe entwickelt und Private-Banking-Kunden aktuell einen anderen Sinnmaßstab ansetzen als die Banken selbst.

Grund sei, dass jedes Unternehmen, jede Organisation und jeder Mensch ein individuelles Sinnprofil, seinen Schlüssel zum Sinn aufweise. Zweifelsohne wird diese Entwicklung in vielen Private-Banking-Häusern noch nicht wahrgenommen. Der Altersdurchschnitt der Kunden liegt oftmals jenseits des 65. Lebensjahrs. Diese Kunden stammen häufig noch aus dem Milieu der Konservativ-Etablierten.