Der Konjunkturausblick der Privatbanken Sind die Märkte zu optimistisch?
„Wir raten, die Warnungen der Notenbanken ernst zu nehmen“
„Die Märkte preisen aktuell wenig bis keine Risiken ein und möchten sich die gute Laune nicht verderben lassen. Das ist besonders erstaunlich, da EZB-Chefin Christine Lagarde gerade erst das entschlossene Vorgehen der EZB gegen den hohen Preisdruck bekräftigte und die Anleger dazu animierte, ein allzu optimistisches Vorgehen zu überdenken“, bemerkt Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland.
„Auch bei den stabilisierenden Frühindikatoren ziehen immer mehr Wolken auf. Kurzfristig betrachtet hält der Erholungskurs zwar noch an. Mittelfristig betrachtet, belastet allerdings die restriktive Geldpolitik, weshalb wir davon ausgehen, dass sich die Frühindikatoren wieder abschwächen werden. So dient zum Beispiel ein geringes Geldmengenwachstum als Indikator für einen niedrigen Ifo-Index. Aktuell liegt das Geldmengenwachstum im Euroraum bei gerade einmal bei 2 Prozent.
Auf dem US-Rentenmarkt erleben wir derzeit einen intakten Zinsabwärtstrend: Während das Renditehoch bereits um Oktober vergangenen Jahres (mit 4,3 Prozent) erreicht wurde, liegen 10-jährige Staatsanleihen derzeit nur noch bei 3,5 Prozent. Im Unterschied dazu erfolgte das Renditehoch der Bundesanleihe erst zum Jahreswechsel, weshalb hier bisher noch kein Zinsabwärtstrend erkennbar ist. Die aktuellen Renditeniveaus sind uns nicht attraktiv genug.
Zu hohe Gewinnschätzungen bergen Enttäuschungspotenzial
Der Trend mit fallenden Inflationsraten und verbesserter Stimmung dürfte vorerst anhalten
Allerdings gehen wir davon aus, dass die Gewinnschätzungen für 2023 wahrscheinlich zu hoch sind, was für Anleger ein Enttäuschungspotenzial auf der Aktienseite bergen könnte.
Die Tatsache, dass die Belastungen für die Konjunktur erst im Jahresverlauf sichtbar sein werden, sollten Anleger nicht außer Acht lassen. Wir raten, die Warnungen der Notenbanken ernst zu nehmen und zu beachten, dass die restriktive Geldpolitik voraussichtlich länger als erwartet anhalten wird“, warnt Winkler.