Die Hoffnung, dass US-Präsident Donald Trump die Märkte stützen würde, hat sich zerschlagen. Trumps erratischer Regierungsstil und seine Zollpolitik „haben alles in Frage gestellt“, so Jan Viebig, Investmentvorstand von Oddo BHF, bei einer Presseveranstaltung der Bank.
Wie reagiert man auf so viel Unsicherheit? Jan Viebig, Vorstand Nicolas Chaput und Ferdinand Dalhuisen, Leiter Private Equity, präsentierten vergangenen Mittwoch vor Journalisten die Antworten, die Oddo BHF auf diese Frage gefunden hat.
Trump riskiert Rezession und Schuldenexplosion
Viebig fasste zunächst die Folgen Donald Trumps erratischen Handelns zusammen: Seine Zölle treiben die Inflation. Nach einem Modell der Yale University liegen die Durchschnittszölle aktuell bei 17,8 Prozent, was für die US-Wirtschaft 2025 ein Plus von 1,7 Prozent beim Preisniveau und ein Minus von 0,7 Prozentpunkten beim realen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bedeuten würde.
Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession innerhalb eines Jahres liegt bei 43 Prozent. Das geht aus Schätzungen der Federal Reserve (Fed) und des National Bureau of Economic Research (NBER) hervor.
Auch Arbeitslosenquote signalisiert Rezessionsgefahr
Ebenso kritisch ist der Anstieg der Arbeitslosenquote. Noch liegt sie bei 4,2 Prozent (Aprilwerte), die Fed prognostiziert jedoch einen Anstieg auf 4,4 Prozent, was 0,5 Prozentpunkte über dem Tiefstand der letzten zwölf Monate (3,9 Prozent) liegen würde. Nach der Sahm-Regel würde dies eine Rezession bedeuten.
Entwickelt wurde die Regel von US-Ökonomin Claudia Sahm, sie ist ein Frühwarnindikator für eine drohende Rezession in den USA. Liegt der gleitende Dreimonatsdurchschnitt der Arbeitslosenquote mindestens 0,5 Prozentpunkte über dem niedrigsten Wert der Arbeitslosenquote in den vergangenen zwölf Monaten, hat eine Rezession begonnen. Der Indikator war trotz seiner Einfachheit in der Vergangenheit äußerst treffsicher.
Auch der World Economic Outlook des International Monetary Fund (IMF) ging im Januar noch davon aus, dass die Weltwirtschaft 2025 real um 3,3 Prozent wachsen wird, korrigierte diese Prognose im April aber auf 2,8 Prozent (reales BIP).
Trump sprengt Schuldenobergrenze
Viebigs Botschaft ist eindeutig: Die Wachstumsaussichten haben sich eingetrübt und die Rezessionsgefahr ist gestiegen. Hinzu kommt die hohe Verschuldung der USA, die laut Schätzungen des Congressional Budget Offices (CBO) von 123 Prozent des BIPs auf 145 Prozent steigen wird. „Damit wären die USA stärker als während des zweiten Weltkriegs verschuldet“, so Viebig.
US-Dollar wird abgewertet
Der Grund ist Trumps Zoll- und Steuerpolitik. Trumps Haushaltspläne sprengen die gesetzliche Schuldenobergrenze, obwohl das Finanzministerium bereits laut eigener Aussage „mit außergewöhnlichen Maßnahmen arbeitet“.
Das wirkt sich auch auf die Währung aus. „Der US-Dollar ist nach jedem Maßstab überbewertet“, sagt Viebig. Die Pläne der US-Regierung, den Dollar stark abzuwerten, wie beispielsweise durch den Mar-a-Lago-Akkord oder den Druck auf Gläubiger seien Wunschdenken der US-Regierung. Dennoch werde der US-Dollar an Wert verlieren.
Lohnt die Flucht nach Europa?
Auch der Blick nach Europa, genauer gesagt Deutschland, fällt nicht gerade optimistisch aus. Auch hier ist die Fiskalpolitik sehr expansiv. „Die höheren Schulden werden zu einer steileren Zinsstrukturkurve führen. Steigen die Zinsen, sinkt der fundamentale Wert von Aktien“, so Viebig. Noch sehe er aber keine Blase, da europäische Aktien im Vergleich noch niedrig bewertet seien.
Frei nach Buffett: Investieren ist beste Reaktion auf Unsicherheit
Wie reagiert man auf diese Unsicherheiten? War die zweite zentrale Frage, die Viebig während seines Vortrags beantworten wollte. „Wir halten uns da an Warren Buffett, der gesagt hat, dass man kaufen soll, wenn alle ängstlich sind. Das haben wir auch gemacht“, ist Viebigs kurze Antwort. Seine Begründung: Historisch seien die Aktienrenditen nach Volatilitätshochs stets gestiegen.
Zweiter Teil der Oddo-Strategie im aktuellen Marktumfeld ist die Untergewichtung von US-Aktien im Vergleich zum MSCI World. Während amerikanische Titel im Index mit 71 Prozent gewichtet sind, machen sie in der geografischen Allokation von Oddo BHF nur 47 Prozent aus. Das ist weniger als Europa (49 Prozent), das im MSCI World gerade einmal 18 Prozent erreicht.
Oddo BHF will „Private Equity demokratisieren“
Detaillierter auf die hauseigene Strategie ging der globale Vorstand Nicolas Chaput ein. Inzwischen hätten Privatanleger institutionelle Anleger überholt. 61 Prozent aller Assets under Management würden von Privatanlegern kommen (dazu zählen Geschäfts- und Privatbanken, Finanzberater, Family Offices und Direktinvestitionen). Auch wachse Europas Marktanteil.
Oddo BHF versuche daher „private Märkte zu demokratisieren“, und sie unter anderem für vermögende Kunden und Family Offices zu öffnen.
Konzentration auf Europa
Zweiter Punkt der Strategie ist, ein globales Angebot aufzubauen, aber sich auf die europäische Expertise zu konzentrieren. Darunter versteht die Bank das Angebot thematischer Strategien wie KI-Strategien und den Fokus auf Nischen wie Europäische Hochzinsanleihen, Deutsche Aktien oder Europäische Small- und Mid Caps.
Das Produktangebot soll sich laut Chaput an sich wandelnde Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse anpassen. So biete Oddo BHF einige ihrer Kernstrategien künftig auch als aktive ETFs an, zu denen auch Affluent-Kunden Zugang bekommen sollen.
Warum Oddo BHF künftig aktive ETFs anbietet
„Aktives Management ist Teil unserer DNA. Aber Kunden mögen ETFs und wir müssen ein Partner sein, der Lösungen bietet“, so Chaput. Und weiter: „Passive ETFs sind nicht mit unserer Einstellung kompatibel und mit aktiven ETFs haben Kunden zudem immerhin eine Chance, den Markt zu schlagen.“
Vierter Teil der Strategie sei, „der Wandel von einem Produktanbieter zu einem Servicepartner und Anbieter von Lösungen“. Dazu würden kundenspezifische Analysen, eine Werkzeugbox an Strategien und Effizienzsteigerungen durch den Einsatz künstlicher Intelligenz gehören.
So will Oddo BHF „Private Equity demokratisieren“
Näher auf das Thema Private Assets ging zum Abschluss der Veranstaltung Ferdinand Dalhuisen ein. Dalhuisen ist Leiter (Managing Director) Private Equity. Besonders spannend sei aktuell der Sekundärmarkt, unter anderem aufgrund des Mangels an Exits und der rückläufigen Kapitalbeschaffung auf dem Primärmarkt.
Privatanleger werden Treiber des Private-Equity-Markts
Historisch war der Private-Equity-Markt für Privatanleger nur schwer zugänglich. Grund dafür waren unter anderem komplexe Regeln, Intransparenz und Illiquidität durch hohe Mindestanlagesummen sowie langen Laufzeiten. Dadurch gab es auch wenig Spielraum zur Diversifikation.
Schaue man auf die globale Kapitalallokation, werde allerdings deutlich, dass Privatkunden in den kommenden Jahren Treiber des Private-Equity-Markts werden, ist Dalhuisen überzeugt.
Private Equity als Performance-Treiber und Stabilisator
Besonders vermögende Kunden könnten von einer stärkeren Diversifikation ihres Portfolios profitieren. Mögliche Vehikel, um die Private-Equity-Hürden zu nehmen, seien Evergreen-Secondary-Fonds und Eltifs. Oddo selbst bietet fünf Strategien.
Private Equity habe nicht nur historisch andere Anlageklassen outperformt, Exits seien immer noch konservativ bewertet. Das liege daran, dass die oberste Priorität vieler Manager sei, Kapitalgeber nicht zu enttäuschen. Insbesondere die Sektoren Energiewende und Technologie seien spannend.
„Private Assets sind langfristige Anlagen, die auf die Anlage-Horizonte von Institutionen, Familien und Vermögensverwaltungsgesellschaften sowie von vermögenden Privatpersonen, insbesondere für die Altersvorsorge, zugeschnitten sind“, sagt Dalhuisen.