Präsentationsstandards im Wealth Management „Die Rosinenpickerei sollte ein Ende haben“

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Schliemann: Viele Privatbanken, die sowohl Private Wealth Management als auch institutionelles Geschäft betreiben, dürften die Standards aber schnell umsetzen können. Sie müssen lediglich die Prozesse aus dem institutionellen Geschäft ins Privatkundengeschäft übertragen. Ein Knackpunkt hingegen dürfte sein, dass derzeit in der privaten Vermögensverwaltung kaum monatliche Performance-Zahlen erfasst werden. Es fehlt vielerorts an den Voraussetzungen der IT-Systeme.

Roth: Die Situation hat sich aber geändert. Die Kunden werden zunehmend anspruchsvoller. Sie fragen nicht nur nach ausformulierten Anlagevorschlägen, sondern schicken ein Excel-Dokument, in das die monatlichen Performance- und Risikozahlen der gewählten Anlagestrategie einzutragen sind. Bisher haben wir immer das Neukundengeschäft erwähnt.

Gibt es durch die GIPS auch Vorteile für Bestandskunden?

Carsten Lüders: Eher weniger. Der BVI führt alle zwei Jahre eine Umfrage bei seinen Mitgliedern zur Nutzung der GIPS durch. Demnach sind die Präsentationsstandards für Asset Manager überwiegend ein Instrument für die Kundenakquise. Consultants greifen insbesondere bei der Auswahl von Asset Managern für Investoren auf sie zurück. Für Bestandskunden indes werden die GIPS weniger genutzt. Das ist naheliegend, denn sie möchten für ihr konkretes Portfolio einen Ausweis der Performance sowie des Risikos erhalten und keine GIPS-Darstellung der gesamten Fondspalette eines Anbieters.

Roth: Sobald eine Geschäftsbeziehung zwischen Vermögensverwalter und Anleger besteht, ist die Benchmark das Maß aller Dinge. Der Bestandskunde will wissen, ob die Performance seines Depots als gut oder schlecht einzuordnen ist. Der Potenzialkunde will hingegen wissen, ob die ihm präsentierte Performance aus der Vergangenheit realistisch und repräsentativ ist. Oder ist sie hingebogen, um bei der Kundenpräsentation zu überzeugen.

Gibt es eigentlich eine Kontrollinstanz, die die Einhaltung der GIPS überwacht?

Schliemann: Grundsätzlich kontrolliert niemand die Einhaltung. Die Standards sind eine rein freiwillige Angelegenheit und unterliegen lediglich der Beobachtung der Marktteilnehmer. Wer sich GIPS-compliant nennt, aber nicht ist, fliegt über kurz oder lang auf. Eben weil die Standards alles transparent machen.

Gibt es Private Wealth Manager, die die GIPS bereits umsetzen?

Lilla: Im deutschen Privatkundengeschäft hält bislang keiner die Standards ein. Dabei wäre das ein Alleinstellungsmerkmal und könnte vor allem im Marketing genutzt werden. Denn was zeigt ein Vermögensverwalter, wenn er GIPS-compliant ist? Dass er es vermag, höhere Qualitätsstandards als der Rest der Branche einzuhalten.

Schliemann: Deswegen erhoffen wir uns beim GAMSC – German Asset Management Standards Committee – auch, dass es Vorreiter geben wird, die diesen Vorteil für sich erkennen und über die die GIPS dann auch im Private Wealth Management zum Branchenstandard werden. Das wäre die Parallele zu vor 20 Jahren, als sich die Standards im institutionellen Geschäft durchsetzten.

Roth: Fairerweise muss man aber sagen, dass es im Privatkundengeschäft bereits aufsichtsrechtliche Veränderungen wie Mifid – Markets in Financial Instruments Directive – gegeben hat. Mit dieser Richtlinie zwingt die Regulierung die Vermögensverwalter zwar nicht, die Performance nach einer bestimmten Methode zu messen. Sie gibt aber vor, dass gemeinsam mit dem Kunden eine Benchmark zur Vermögensverwaltung vereinbart wird. Das ist also schon der erste Schritt in Richtung GIPS gewesen.

Gibt es mögliche Vorreiter in dieser Gesprächsrunde?

Schmidt-von Rhein: Feri hat ein Projekt zur Umsetzung der GIPS für die Vermögensverwaltung gestartet, das im Lauf des Jahres 2016 abgeschlossen werden soll. Dann werden wir GIPS-compliant sein. Unser heutiger Investmentprozess wurde vor einigen Jahren aufgesetzt, sodass inzwischen ein entsprechender Track Record vorliegt. Darauf können wir nun mit dem Start des Projekts aufbauen.

Roth: Wir bei der Rothschild-Vermögensgesellschaft haben dies bereits im Blick. Viele Voraussetzungen der Standards erfüllen wir schon. Jetzt müssen wir entscheiden, ob wir den Aufwand für die wenigen fehlenden Prozentpunkte in Kauf nehmen, um GIPS-compliant zu werden.

Gegebenenfalls löst die GAMSC-Initiative bei vielen Anbietern einer Vermögensverwaltung GIPS-Projekte aus. Haben die Standards auch selbst Baustellen?

Lüders: Ja. Wir arbeiten an der Weiterentwicklung der GIPS. Dazu gehört zum Beispiel, dass alle Sachwertefonds in die Standards einbezogen werden. Bisher sind liquide Assets sowie Immobilien und Private Equity Bestandteil von GIPS. Künftig sollen weitere Sachwerte wie erneuerbare Energien, Infrastrukur und Flugzeuge einbezogen werden. Das ist wichtig für die Fondsanbieter, um die gesamte Produktpalette darzustellen. Diese Weiterentwicklung treiben wir in Deutschland mit dem German Asset Management Standards Committee voran und werden sie in die internationalen GIPS-Gremien einbringen.

Schmidt-von Rhein: Herausforderung ist da schlicht und ergreifend die monatlich kaum mögliche Datenerhebung und damit Bewertung des Investments. Denn bei vielen illiquiden Assets wie Immobilien oder Private Equity ist eine jährliche, bestenfalls quartalsweise Bewertung üblich. Solche Investments unterliegen einfach einer anderen Logik. Da spielen beispielsweise auch die Multiples, das Verhältnis von investiertem Kapital zu Rückflüssen, eine wichtige Rolle. Auch dominiert bisher die interne Zinsfußmethode, die sogenannte geldgewichtete Rendite, anstatt einer zeitgewichteten Performance wie bei Wertpapieren. Und letztlich stoßen bei der Individualität einiger illiquider Investments auch die GIPS irgendwo an ihre Grenzen. Da gibt es noch viel Entwicklungspotenzial.

Der Weg in die GIPS-Welt
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