Portfoliomanager zum Einsatz Künstlicher Intelligenz „Die KI kann schneller auf Marktereignisse und Verluste reagieren“

Sascha Hinkel (links) und Michael Günther: Die Fondsmanager von Deka Vermögensmanagement und Tungsten erklären Chancen und Grenzen von Künstlicher Intelligenz im Portfoliomanagement.

Sascha Hinkel (links) und Michael Günther: Die Fondsmanager von Deka Vermögensmanagement und Tungsten erklären Chancen und Grenzen von Künstlicher Intelligenz im Portfoliomanagement. Foto: Deka, Tungsten

private banking magazin: Wer versucht sich an einem Satz, der den Unterschied zwischen KI-basierter und klassischer Investmentstrategie klar macht? Die KI-Variante...

Michael Günther: …bezieht ein Vielfaches an Daten und Variablen und deren intelligente Verknüpfung ein, um Handelsgelegenheiten an den Märkten zu finden.

Und jetzt mal die Langversion.

Günther: KI hat zwei Dimensionen: Zum einen die Technologie, zum anderen die verwendeten Daten. Die Modelle entstehen aus der computergestützten Analyse großer Datensätze. KI ist daher mehr als die Fortsetzung herkömmlicher Quant-Strategien. Sie beeinflusst nicht nur Geschwindigkeit und Effizienz des Fondsmanagements, sondern kann auch Portfoliozusammensetzungen erzeugen, die sich durch die Analyse vieler Tausend oder Millionen Einflussfaktoren von traditionellen Portfolios erheblich unterscheiden.

Welche Daten können als Rohstoff für die Analysen dienen?

Günther: Das ist unterschiedlich. Manche Anbieter beschränken sich auf den Einsatz strukturierter Finanzdaten, andere verwenden exotischere Datenquellen, von denen sie sich neue Erkenntnisse versprechen. Ein Beispiel hierfür wäre das Auslesen von Twitter-Nachrichten. Der Einsatz unkonventioneller Daten, verknüpft mit KI, ist per se aber noch kein Erfolgsgarant. KI in der Finanzbranche wird im öffentlichen Diskurs zuweilen undifferenziert behandelt und mit anderen Themen wie Robo-Advisory und Fintechs in einen Topf geworfen. Daher besteht gemeinhin auch Verunsicherung. Für uns geht es in erster Linie darum, welchen Nutzen ein KI-Baustein für das Portfolio erwirtschaften kann.

Wie sehen Sie das als Investor, Herr Hinkel?

Sascha Hinkel: Bei der Fondsselektion prüfen wir sowohl nach quantitativen als auch nach qualitativen Gesichtspunkten. Wenn wir in einen KI-Fonds investieren, dann als Mittel zum Zweck, nicht als Selbstzweck. Welchen Mehrwert verspricht uns diese Investition gegenüber einer herkömmlichen Strategie, die keine Künstliche Intelligenz nutzt? Und: Bietet die Anlagestrategie möglicherweise eine Alleinstellung, qualifiziert sie sich unter dem Gesichtspunkt einer breiten und wirksamen Risikostreuung auf Ebene des Gesamtportfolios?

Warum sollte ausgerechnet ein KI-basierter Fonds diesen Auswahlkriterien genügen?

Hinkel: Für ein breit strukturiertes Portfolio schauen wir stets nach Konzepten, die die Ausgewogenheit der Allokation als Ganzes unterstützt und die Korrelation mit anderen Anlagen verringert. KI-Fonds können sich insofern qualifizieren, als sie bestimmte andersartige Handelsgelegenheiten ausfindig machen und in diese investieren können. Als Anleger kann ich auf diese Weise Spezialwissen ins Portfolio holen beziehungsweise eine bestimmte Nische zusätzlich besetzen.

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Spezialwissen und Risikostreuung könnten Sie aber auch über andere Stile reinholen.

Hinkel: Absolut, ja. Dies tun wir auch – etwa über Makro-, Bottom-up- oder bisherige Quant-Ansätze. Aus unserer Sicht existiert aber nicht die eine Strategieausprägung oder der Fondsmanager. Es sind immer wieder andere Konzepte, die die besten Ergebnisse erzielen. Daher geht es vor allem auch darum, ausgeprägte Stil-, Konzept- oder Managementabhängigkeiten zu reduzieren. Hier können KI-Lösungen aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit eine wichtige Rolle spielen.

Unterscheidet sich der Einsatz von KI im Portfoliomanagement von anderen Branchen?

Günther: Letztlich müssen alle Anbieter für ihre jeweilige Branche herausfinden, auf welche Weise sie sich KI zunutze machen können. Beispielsweise kann man KI in der Industrie nicht mit KI im Portfoliomanagement gleichsetzen. Automatisierungen und Rationalisierungen, wie wir sie aus Fertigungsprozessen kennen, spielen eine untergeordnete Rolle. Stattdessen geht es beim Einsatz im Portfoliomanagement vornehmlich um das Finden von Handelsgelegenheiten, die auf traditionellem Wege kaum zu identifizieren sind.