Als einfache und kostengünstige Anlageinstrumente, die Diversifikation, Transparenz und Flexibilität bieten, sind börsengehandelte Fonds (Exchange – Traded Funds/ ETFs) bei Investoren immer gefragter. Dementsprechend ist das weltweite Angebot an ETFs in den vergangenen Jahren auch rasant gewachsen. Da spezifische Anlageziele von Standard-ETFs aber nicht immer optimal abgedeckt werden, sind mit maßgeschneiderten ETFs neue Produkte im Kommen.
Eine von Invesco durchgeführte Studie kan zu dem Ergebnis, dass 55 Prozent der institutionellen Anleger in Europa bis 2025 beabsichtigen, ihre Allokationen in ETFs zu erhöhen, wobei der Fokus auf flexiblen, individualisierten Lösungen liegt. PWC kam zu einem ähnlichen Ergebnis.
Grundsätzlich bieten individuelle gestaltete ETFs die gleichen Vorteile wie Standard-ETFs, ein weiterer Pluspunkt kann die Diversifikation sein. Durch die Möglichkeit, in eine Vielzahl von Vermögenswerten zu investieren, können ETFs das Kapital – und das Risiko – einfach über verschiedene Märkte und Sektoren streuen. Dabei sorgt ihre börsentägliche Handelbarkeit für Liquidität und Transparenz, da Anleger jederzeit einen klaren Überblick über Zusammensetzung und Performance der ETFs haben und diese jederzeit – und nicht nur einmal am Tag, wie bei normalen Fonds – kaufen und verkaufen können. Die regelmäßige Veröffentlichung von Kennzahlen schafft Vertrauen und ermöglicht es Anlegern, informierte Entscheidungen zu treffen.
Transparenz und Flexibilität im Handel sind von besonderer Bedeutung für institutionelle Investoren wie Pensionskassen, Versicherungen und Unternehmen (Corporate Treasuries), die Wert auf klare und nachvollziehbare Investitionen legen und schnell auf Marktveränderungen reagieren möchten.
Individueller Baustein für ein optimal ausgesteuerte Portfolios
Soweit die Vorteile. Ein Nachteil bei Standard-ETFs besteht jedoch darin, dass diese spezifische Anlageziele und -präferenzen nicht optimal abbilden. Zwar lassen sich auch mit individuell zusammengestellten ETF-Portfolios spezifische Anlagestrategien verfolgen. Die Verwaltung eines derartigen Portfolios ist jedoch aufwändiger als die eines einzelnen ETFs und die Anlagekosten, zum Beispiel durch das regelmäßige Rebalancing, sind entsprechend höher.
So lässt sich ein ETF-Portfolio auch kaum sinnvoll als einer von mehreren Bausteinen, zum Beispiel im Rahmen einer Multi-Asset-Strategie, einsetzen. Daher können Investoren auf maßgeschneiderte ETFs setzen, um zum Beispiel einen genau auf ihre Anforderungen ausgerichteten Aktienbaustein für ihr Portfolio zu erhalten.
Lösungen für kurz- und langfristige Anlagehorizonte
Am Anfang jedes maßgeschneiderten ETFs steht die gemeinsame Entwicklung der Strategie auf Basis der individuellen Herausforderungen und Präferenzen des Kunden. Dabei eignen sich die Vehikel für eine breite Palette von Anlagestrategien, die auf detaillierte Ziele ausgerichtet sind.
Mit dem danach kreierten Produkt können institutionelle Investoren im besten Fall ihre Portfolioallokationen steuern und in Marktsegmente, geografische Regionen oder Anlageklassen investieren, um ihr Risiko- und Ertragsprofil optimal anzupassen und ihre kurz- und langfristigen Anlageziele zu erreichen.
Gleichzeitig können Fondsmanager über das Produkt sicherstellen, dass stets allen neuen und sich ändernden regulatorischen Anforderungen entsprochen wird – ein besonders wichtiger Aspekt, wenn man bedenkt, wie dynamisch sich das Regulierungsumfeld in den vergangenen Jahren entwickelt hat.
ESG-konformes Investieren
Neben den finanziellen Aspekten spielen bei den Anlageentscheidungen der meisten Investoren auch Nachhaltigkeitsaspekte eine immer wichtigere Rolle. In diesem Bereich können die Produkte ebenfalls überzeugen, da sie es institutionellen Investoren ermöglichen sollten, von den Vorteilen von ETFs zu profitieren und zugleich ihre spezifischen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Durch die Kopplung an spezielle Nachhaltigkeitsindizes können maßgeschneiderte ETFs somit eine einfache Möglichkeit bieten, nachhaltig zu investieren. Dabei kann der Fokus je nach Wunsch des Anlegers auch auf bestimmte Themen wie saubere Energie, soziale Gerechtigkeit oder umweltfreundliche Technologien gelegt werden.
ETF-Auflegung: Darauf kommt es an
Bei der Auflegung sollten institutionelle Investoren mehrere Aspekte in Bezug auf Anlageziele und -strategie, Kostenstruktur, regulatorische Anforderungen, Transparenz und Kontrolle sowie Marktliquidität berücksichtigen.
So gilt es zum Beispiel, die Anlageziele und -strategie klar zu definieren: Ist eine Smart-Beta-Strategie gewünscht? Soll passiv oder aktiv investiert werden? Sollen Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) berücksichtigt und/oder der Fokus auf bestimmte Anlagethemen oder Branchen gelegt werden? Eine klare Definition der gewünschten strategischen Ausrichtung ist eine wesentliche Erfolgsvoraussetzung.
Gleichzeitig sollte auf eine Optimierung der Verwaltungs- und Handelskosten geachtet werden. Auch muss sichergestellt werden, dass alle regulatorischen Vorschriften und Reportingpflichten eingehalten werden. Wichtig sind zudem eine hohe Transparenz der enthaltenen Vermögenswerte und die direkte Kontrolle über das Risikomanagement. Durch Partnerschaften mit Brokern und Handelsplattformen sollte schließlich eine jederzeit ausreichende Liquidität gewährleistet sein.
Aus diesem Grund empfiehlt es sich, dass institutionelle Investoren bei der Auflegung mit Asset Managern und Investmentteams zusammenarbeiten, die bereits über Erfahrung in Management und Konstruktion von Spezialfonds und ETFs verfügen, insbesondere im Bereich maßgeschneiderter Lösungen.
Erfahrungsbericht
Anhand des Invesco Quantitative Strategies ESG Global Equity Multi-Factor UCITS ETF, der ursprünglich für ein Versorgungswerk aufgelegt wurde und inzwischen auch der Allgemeinheit zugänglich ist, lässt sich veranschaulichen, wie bei der Auflegung eines maßgeschneiderten börsengehandelten Fonds vorgegangen werden kann.
Das betreffende Versorgungswerk trat vor einigen Jahren mit dem Wunsch an uns heran, einen ETF aufzulegen, der global ausgerichtet ist und die spezifischen nachhaltigen Kriterien des Österreichischen Umweltzeichens abbildet.
Ziel war es, diesen ETF als Aktienbaustein im Rahmen einer bestehenden Multi-Asset-Strategie einzusetzen. Die bestehenden Produkte hatten für diesen Kunden nicht die passende Ausgestaltung.
Aktiv oder passiv?
Als es an die praktische Umsetzung ging, musste zunächst eine Entscheidung über die angestrebte Strategie getroffen werden: War eher eine passive Umsetzung über einen zugrunde liegenden beziehungsweise eigens erstellten Index gewünscht? Oder sollte es eine aktiv gemanagte Strategie sein – zum Beispiel eine Smart-Beta-Strategie, die bestimmte Faktoren wie Value, Momentum und Quality betont?
Die Tatsache, dass sich maßgeschneiderte ETFs schnell an Marktveränderungen anpassen können, ermöglicht es den Portfoliomanagern, in vielversprechende Aktien zu investieren und weniger attraktive Titel zu vermeiden. Durch die Einzeltitelselektion haben aktiv gemanagte ETFs das Potenzial, den Markt zu übertreffen. Mit passiven ETFs, die lediglich einen Index nachbilden, ist das dagegen nicht möglich. Zudem ist die Integration zusätzlicher Bedingungen wie die Berücksichtigung von ESG-Kriterien oder die Einhaltung von international anerkannten ESG-Normen bei aktiv gemanagten ETFs problemlos möglich.
Auf der Grundlage der formulierten Kundenbedürfnisse entschied sich das Investmentteam daher dafür, einen aktiv gemanagten und diversifizierten ETF zu entwickeln, der den nachhaltigen Anforderungen entspricht und dabei die Faktoren Value, Momentum und Quality berücksichtigt.
Ein Multi-Faktor-Ansatz mit ESG-Integration
Anlageziel des ETF ist es, durch Investitionen in ein aktiv verwaltetes Portfolio globaler Aktien, die bestimmte ESG-Kriterien erfüllen, im Vergleich zu den globalen Aktienmärkten langfristig eine höhere risikobereinigte Rendite zu erzielen. Dazu verfolgen die Verantwortliches hinter dem ETF einen Multi-Faktor-Ansatz, der verschiedene Anlagestrategien kombiniert, um eine bessere Risiko-Rendite-Bilanz zu erzielen. Die Kombination aus einem Multi-Faktor-Ansatz und ESG-Kriterien unterstützt eine langfristig ausgerichtete Anlagestrategie, die auf Nachhaltigkeit und stabile Renditen abzielt.
Der Fonds wird dabei nicht unter Bezugnahme auf einen Vergleichsindex gemanagt. Bei einer Anlage in diesen Fonds handelt es sich um den Erwerb von Anteilen an einem aktiv verwalteten Fonds und nicht um den Erwerb der Vermögenswerte, die vom Fonds gehalten werden.
Bei der Zusammenstellung des ETF werden die in Frage kommenden Aktien zunächst anhand der ESG-Kriterien des Fonds gefiltert und dann gemäß ihrer Attraktivität im Hinblick auf drei Investmentfaktoren eingestuft:
- Value – das heiß Unternehmen, die im Marktvergleich günstig bewertet erscheinen
- Quality – das heißt Unternehmen, die im Marktvergleich überdurchschnittlich solide Bilanzen vorweisen
- Momentum – das heißt, Unternehmen mit einer im Marktvergleich überdurchschnittlichen historischen Kurs- oder Ertragsdynamik
Der Fonds hält eine Teilgruppe dieser Aktien und verwendet einen Optimierungsprozess, um das Engagement in den genannten Investmentfaktoren zu maximieren und zugleich ein dem Anlageziel des Fonds entsprechendes Risikoprofil zu erzielen. Durch Investitionen in verschiedene Regionen und Sektoren weltweit kann der ETF das Risiko streuen und das Renditepotenzial verschiedener Märkte nutzen. Das quantitative Investmentmodell verwendet mathematische, logische und statistische Techniken zur Titelauswahl. Die Fondspositionen werden monatlich neu gewichtet.
Die ESG-Integration bedeutet, dass der ETF Unternehmen auswählt, die in den Bereichen Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung gut abschneiden. Das kann helfen, langfristige Risiken zu minimieren und nachhaltige Investitionen zu fördern. Dabei unterliegt der maßgeschneiderte Fonds als Ucits ETF strengen regulatorischen Anforderungen, die zusätzlichen Schutz für Anleger bieten und die Einhaltung hoher Standards sicherstellen.
Neben der standardisierten Berücksichtigung von ESG-Kriterien im Investmentprozess setzen wir auf einen aktiven Dialog mit Unternehmen und eine aktive Stimmrechtsausübung. Das Ergebnis ist ein Portfolio, das positivere Faktormerkmale und zugleich ein besseres ESG-Profil aufweist als der Referenzindex. Zudem gibt es die Möglichkeit, die Strategie nach Bedarf um zusätzliche kundenindividuelle ESG-Kriterien wie Dekarbonisierungsvorgaben zu ergänzen.
Über die Autorin:
Manuela von Ditfurth kam 1998 als Portfoliomanagerin mit Schwerpunkt auf die Verwaltung von europäischen und globalen Aktien- sowie Mischportfolios zu Invesco. Sie ist Expertin auf dem Gebiet des nachhaltigen Investierens und der damit verbundenen Strategieentwicklung sowie der Integration von ESG-Aspekten in den Investmentprozess. von Ditfurth begann ihre Investmentkarriere 1989 im Portfolio Research Management bei Metzler.