Portfolioaufbau Julien Dauchez von Natixis: „Darum ist 60/20/20 das neue 60/40“

Seite 2 / 2

 

Dennoch bleibt die risikoadjustierte Allokation eines ausbalancierten Portfolios die große Heraus­forderung für Vermögensverwalter. Schließlich beobachten wir, dass es für die Volatilität eines Portfolios in den letzten beiden Jahren gar keinen großen Unterschied machte, ob es zu 20 Prozent aus globalen Aktien (MSCI ACWI) und globalen Anleihen (Bloomberg Global Agg Index) bestand, oder zu 60 und 40 Prozent. In dem einen Portfolio stieg die Volatilität von 5 auf 15 und im anderen auf 20 Prozent.

Renaissance der Diversifikation

Der „Natixis Global Fund Selector Survey“ ergab, dass Fondselektoren, die weltweit ein Investmentvermögen von über 30 Billionen US-Dollar verant­worten, ihre Investitionen in Anleihen aller Art erhöhen wollen – am meisten von ihnen nämlich 51 Prozent in Staatsanleihen. Nahezu die Hälfte von ihnen plant auch, ihre Allokation in Investment-Grade-Unternehmensanleihen zu erhöhen, und ein Drittel wird Bestände an Hochzinsanleihen aufstocken.

Dass der Glaube an Diversifikation nicht tot ist, und – im Gegenteil – die Notwendigkeit zu breiterer Streuung erkannt wurde, zeigt uns ein anderes Ergebnis dieser Umfrage. 64 Prozent der 441 befragten Experten, die bei Banken, Family Offices oder Vermögensverwaltern für die Auswahl von Investment­strategien verantwortlich sind glauben, dass Portfolios, die zu 60 Prozent aus Aktien, zu 20 Prozent aus Anleihen und zu 20 Prozent aus alternativen Anlagen bestehen, im Jahr 2023 besser abschneiden werden als das traditionelle 60/40-Portfolio. Ein deutliches Indiz für ihre Überzeugung ist, dass die Fondsselektoren weltweit doppelt so häufig ihre Allokation in Absolute-Return-Strategien erhöhen (32 Prozent als reduzieren (13 Prozent), während der Rest seine aktuelle Allokation beibehält.

 

 

 

Auch ein Blick in die von uns analysierten Portfolios zeigt eine deutliche Änderung der Positionierung für 2023. Im Kern bestätigen die Fakten die Umfrage: Fixed Income bekommt wieder eine zentrale Rolle. Duration beginnt in die Portfolios zurückzukehren, und während sich die Allokatoren im Dezember noch von High Yield und Schwellenländeranleihen fern hielten, sehen wir jetzt schon im Gefolge eines schwächeren Dollars erste Bewegungen. Generell werden mehr risikoadjustierte Chancen bei festverzinslichen Wertpapieren gesehen. Diese Umschichtung wird auch im Verlauf des Jahres anhalten.

Weiterhin sehen wir, dass Bargeld und kurzlaufende Unternehmensanleihen fast den höchsten Stand aller Zeiten erreichen. Bei den Aktien werden Einzeltitel, Small Caps und Mega Caps tendenziell abgebaut und Value- und Qualitätstitel sowie sogenannte Dividenden-Aristokraten gesucht. Doch auch hier haben sich in den letzten beiden Monaten schon einige in Richtung von zyklischen Werten und Small Caps bewegt.

Aber auch das Interesse an alter­nativen Anlageklassen, die unabhängig von Konjunkturzyklen agieren können, bleibt im Fokus der Profianleger. Gleiches gilt für Aktien, die selektiv einen Mehrwert aufweisen können. Mit anderen Worten: Dieses Jahr wird ein Jahr der taktischen Umschichtungen sein, um den hohen Ertrags­erwartungen in einem schwierigen Umfeld gerecht zu werden.

Über den Autor:

Julien Dauchez ist seit 2014 bei Natixis, ist Leiter für Portfolio und Beraterlösungen (Head of Portfolio Consulting & Advisory). Vor dieser Zeit hatte er verantwortungsvolle Tätigkeiten unter anderem bei Barclays und Lehman Brothers.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen