Pensionsverpflichtungen Dax-40-Unternehmen: Deckungsgrad erreicht Höchststand, aber der Schein trügt

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Dax-40-Unternehmen: Deckungsgrad erreicht Höchststand, aber der Schein trügt
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André Geilenkothen, Leiter Pensionskassenberatung von Mercer

André Geilenkothen, Leiter Pensionskassenberatung von Mercer: „Bestehende Ausfinanzierungslösungen sollten auf die neuen Gegebenheiten optimiert werden und Unternehmen, die solche Lösungen bislang noch nicht nutzen, sollten diese Option zumindest prüfen.“ Foto: Mercer

Nahezu alle Anlageklassen haben im Jahr 2022 Kursverluste verzeichnen müssen. Das hat sich auch auf das Pensionsvermögen im Dax 40 ausgewirkt. Der Zeitwert des Vermögens ist von 299 Milliarden Euro um etwa 60 Milliarden Euro auf etwa 240 Milliarden Euro gesunken. Da es gleichzeitig einen enormen Anstieg des Rechnungszinssatzes gegeben hat, ist der bilanzielle Wert der Pensionsverpflichtungen nach IFRS ebenfalls deutlich abgesackt ist – von 412 Milliarden Euro auf etwa 290 Milliarden Euro.

Die Folge davon ist, dass der Deckungsgrad der Pensionsverpflichtungen, der im Vorjahr bei 72 Prozent stand, auf einen neuen Höchststand von über 80 Prozent angestiegen ist. So die Ergebnisse einer Schätzung des Beratungsunternehmens Mercer auf Basis der Geschäftsberichte der Dax-40-Unternehmen sowie aktueller Kapitalmarktinformationen.

 

© Mercer Deutschland

 

Die Krisen lassen das Pensionsvermögen schmelzen

Hauptgrund dafür, dass das Pensionsvermögen 2022 im Dax 40 – in aktueller Zusammensetzung – auf etwa 240 Milliarden Euro gesunken ist, sind die Kursverluste in nahezu allen Anlageklassen.
Der Rückgang wurde abgemildert durch die geänderte Zusammensetzung des Leitindexes. An vier Stichtagen wurden insgesamt fünf Unternehmen ausgetauscht. Zwei davon, Beiersdorf und Siemens Energy, haben den Dax im März verlassen, wurden aber noch im selben Jahr wieder aufgenommen. Im Ergebnis haben somit Delivery Hero, Hellofresh und Puma den Dax verlassen, während Daimler Truck Holding, Hannover Rück und Porsche aufgenommen wurden.

Durch diese Änderungen hat sich das Pensionsvermögen um etwa 6 Milliarden Euro erhöht.
Die Zahlungen liegen etwas höher als die neuen Zuwendungen, per Saldo kam es dadurch zu einem Mittelabfluss von etwa 2 Milliarden Euro. Im Ergebnis belaufen sich die Kursverluste also auf knapp 66 Milliarden Euro oder 22 Prozent.

Das Jahr 2022 begann dabei an den Kapitalmärkten zunächst recht positiv, gestützt durch die weitreichenden Aufhebungen der Covid-19-Beschränkungen in den Industrieländern. Aufgrund der sich stabilisierenden Lieferketten und einer moderat anziehenden Geldpolitik wurde zu Jahresbeginn noch erwartet, dass sich die bereits erhöhte Inflation schnell wieder normalisieren würde. Ab Ende Februar dominierte der Ukrainekonflikt. Die Folge war ein starker Anstieg der Rohstoffpreise, sich noch verschärfende Lieferkettenprobleme sowie eine enorme geldpolitische Straffung und eine hohe Inflation.

 

 

 

Die Wachstumserwartungen sämtlicher Volkswirtschaften wurden im Laufe des zweitens Quartals heruntergeschraubt und das Szenario „Rezession“ als reale Gefahr angesehen. Erst gegen Ende des Jahres hat sich die geldpolitische Straffung etwas verlangsamt, da nun davon ausgegangen wird, dass in den USA der Inflationspeak bereits überschritten und der Abwärtstrend eingeleitet ist. Zudem erfolgte in China eine nahezu vollständige Aufhebung aller Covid-19-Beschränkungen, wodurch ebenfalls ein Auftrieb der Märkte möglich ist. 

Im Ergebnis wies das Jahr 2022 insbesondere eine schwache Performance der Aktienmärkte auf. So fiel der MSCI World TR Index um 12,3 Prozent, der MSCI Emerging Markets TR Index um 14,5 Prozent und der MSCI Europe TR Index um 8,9 Prozent (alles jeweils in EUR). Die hohe Inflation und die expansive Geldpolitik führten zu Verlusten von 13,3 Prozent an den globalen Anleihenmärkten (gemessen am Bloomberg Barclays Global Aggregate TR Index, in Euro Hedged). Haben Unternehmen zur Absicherung der bilanziellen Zinsrisiken der Pensionsverpflichtungen eine längere Duration in ihrem Anleihenportfolio gewählt, sind die Verluste sogar noch höher ausgefallen.