Bevor sie ein Anleihenkaufprogramm einleitet, sollte die Europäische Zentralbank (EZB) sich noch etwas Zeit nehmen um die Entwicklung genauer zu beobachten. Denn auch in Europa verbessern sich die Aussichten für das Wirtschaftswachstum und eine weitere quantitative Lockerung durch konventionelle Maßnahmen könnte ausreichen, um bestehende Deflationsrisiken auszuschalten.
Dass die extrem niedrige Inflation den Währungshütern Sorgen bereitet, ist offenkundig. Mit lediglich 0,5 Prozent liegt die Teuerungsrate der Verbraucherpreise derzeit weit unterhalb des Ziels der EZB. Selbst in Deutschland, wo nahezu Vollbeschäftigung herrscht und die Realzinsen nahe Null liegen, steigen die Verbraucherpreise kaum.
Sorgen dürfte sich die EZB nicht nur über die aktuelle Preisentwicklung sondern auch über die mittelfristigen Inflationserwartungen machen. Denn je länger die Inflation sehr niedrig bleibt, desto mehr orientieren sich die Inflationserwartungen an der aktuellen Teuerungsrate als Anker statt am Inflationsziel der Zentralbank von knapp unter 2 Prozent.
Das zeigt sich etwa an den von Inflationsswaps abgeleiteten Inflationserwartungen, die mittelfristig deutlich von den Projektionen der EZB abweichen. Während die EZB eine Inflation von 1,5 Prozent 2016 für realistisch hält, weisen die Inflationsswaps für 2016 eine Erwartung von nur 1,2 Prozent auf.
Solange die Wirtschaft jedoch weiter wächst, scheint es kein unmittelbares Risiko einer Deflationsspirale zu geben.
Bessere Aussichten für das Wirtschaftswachstum
In der Tat verbessern sich die Aussichten für das Wirtschaftswachstum und dies ist ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen einer „gutartigen“ Disinflation und einer „bösartigen“ Deflation.
Sowohl der Einkaufsmanagerindex im Dienstleistungssektor als auch im verarbeitenden Gewerbe sind im Euroraum auf einen Durchschnittswert von 53,1 im ersten Quartal dieses Jahres gestiegen - ein Signal dafür, dass die Produktion in vielen Branchen und Mitgliedstaaten zulegt. Steigt die Produktion, steigt auch die Binnennachfrage.
Hinzu kommt die Produktion im Baugewerbe, die sich auch aufgrund eines sehr milden Winters stark präsentiert. Im Euroraum ist die Produktion im Baugewerbe im Januar 2014 gegenüber Januar 2013 nach Arbeitstagen und saisonbereinigt um 5,7 Prozent gestiegen. In Deutschland betrug der Anstieg 8,8 Prozent.
Die Produktion im Baugewerbe macht lediglich etwa 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. In Anbetracht des Wachstumstempos und der günstigen Investitionsbedingungen im Immobilienbereich könnte sie jedoch ein wichtiger Treiber des Wirtschaftswachstums in diesem Jahr sein.
Eine erneute Lockerung der Geldpolitik der EZB ist trotz der konjunkturellen Verbesserung nicht auszuschließen, zumal der Rückzug der US-Notenbank Fed aus ihrem Anleihenkaufprogramm auch die Finanzkonditionen im Euroraum belasten dürfte. Entscheidend werden insbesondere die Abfolge und der Inhalt weiterer Maßnahmen der EZB sein.
Ein Paket aus konventionellen Maßnahmen könnte genügen, um die Deflationsrisiken zu mindern ohne ein Anleihenkaufprogramm auflegen zu müssen.
Der Hauptrefinanzierungssatz könnte etwa auf 0,10 Prozent gesenkt werden, die Liquiditätsabsorption über die Hereinnahme von Termineinlagen könnte ausgesetzt werden, pro Quartal könnte ein langfristiges Refinanzierungsgeschäft mit einer Laufzeit von einem oder zwei Jahren zu einem fixen Satz angeboten werden und die Festzinstender bei voller Zuteilung könnten bis Ende 2016 ausgeweitet werden.
Negative Verzinsung auf der Einlagefazilität?
Strittig ist, ob der Satz der Einlagefazilität der EZB unter Null gesenkt werden sollte oder nicht, da unklar ist, ob der Nutzen letztlich größer wäre als die Kosten.
Bei einem negativen Zinssatz würde die EZB Zinsen von den Banken verlangen, die Geld bei der Zentralbank deponieren. Um die daraus entstandenen Kosten zu decken, könnten Banken mehr Gebühren von ihren Kunden verlangen, und der „geldpolitische Schuss“ würde nach hinten losgehen.
Oder die Banken schichten ihre Depots um, und investieren in andere liquide Anlagen, deren Renditen noch positiv sind. Nicht nur Banken, sondern auch Unternehmen, Versicherungen und Fondsgesellschaften werden diesen Schritt machen müssen, um negative Zinsen zu umgehen.
Die daraus entstehenden Portfolioumschichtungen würden die Nachfrage für geldmarktähnliche Anlagen mit positiven Renditen erhöhen und folglich die Renditen von Alternativanlagen drücken.
Aller Voraussicht nach würde der Kurs des Euros unter Druck geraten, da einige Anleger lieber einen Teil ihrer liquiden Mittel in höher verzinste Fremdwährungen anlegen würden. Eine negative Verzinsung auf der Einlagefazilität wird wohl alle drei Effekte mit sich bringen.
Wenn die EZB solche Maßnahmen in den kommenden Monaten umsetzt, sollte der Zentralbankrat abwarten, ob sich die Wirtschaftslage und die Kreditkonditionen dadurch spürbar verbessern oder nicht. Erst, wenn sich im vierten Quartal keine Verbesserung zeigen würde, wäre ein „Quantitative Easing“ (QE) wohl zu rechtfertigen.
QE aus Anlegersicht unnütz
Aus Anlegersicht wäre dies eine gemischte Botschaft – ähnlich wie es die QE-Programme in den USA waren. .Während der gegenwärtige Kurswert von Anleihen, Aktien und Immobilien wohl steigen würde, wären diese Kapitalgewinne über die Zeitachse betrachtet nichts anders als die Kupon--, Dividenden- - und Mieteinnahmen von morgen, die in die Gegenwart vorverlagert wurden.
Je mehr die Kurse heute steigen, desto geringer dürften die künftigen Renditen ausfallen. Vielleicht gibt es das Ricardianische Äquivalenzprinzip auch bei Anlegern: Wenn man davon ausgeht, dass die künftigen Renditen geringer ausfallen werden, spart man neues Finanzvermögen anstatt es heute auszugeben. Unter diesem Aspekt – also aus Anlegersicht – wäre ein quantitatives Lockerungsprogramm also nicht nur potenziell unnötig, sondern auch langfristig gesehen unnütz.
Dass die extrem niedrige Inflation den Währungshütern Sorgen bereitet, ist offenkundig. Mit lediglich 0,5 Prozent liegt die Teuerungsrate der Verbraucherpreise derzeit weit unterhalb des Ziels der EZB. Selbst in Deutschland, wo nahezu Vollbeschäftigung herrscht und die Realzinsen nahe Null liegen, steigen die Verbraucherpreise kaum.
Sorgen dürfte sich die EZB nicht nur über die aktuelle Preisentwicklung sondern auch über die mittelfristigen Inflationserwartungen machen. Denn je länger die Inflation sehr niedrig bleibt, desto mehr orientieren sich die Inflationserwartungen an der aktuellen Teuerungsrate als Anker statt am Inflationsziel der Zentralbank von knapp unter 2 Prozent.
Das zeigt sich etwa an den von Inflationsswaps abgeleiteten Inflationserwartungen, die mittelfristig deutlich von den Projektionen der EZB abweichen. Während die EZB eine Inflation von 1,5 Prozent 2016 für realistisch hält, weisen die Inflationsswaps für 2016 eine Erwartung von nur 1,2 Prozent auf.
Solange die Wirtschaft jedoch weiter wächst, scheint es kein unmittelbares Risiko einer Deflationsspirale zu geben.
Bessere Aussichten für das Wirtschaftswachstum
In der Tat verbessern sich die Aussichten für das Wirtschaftswachstum und dies ist ausschlaggebend für die Unterscheidung zwischen einer „gutartigen“ Disinflation und einer „bösartigen“ Deflation.
Sowohl der Einkaufsmanagerindex im Dienstleistungssektor als auch im verarbeitenden Gewerbe sind im Euroraum auf einen Durchschnittswert von 53,1 im ersten Quartal dieses Jahres gestiegen - ein Signal dafür, dass die Produktion in vielen Branchen und Mitgliedstaaten zulegt. Steigt die Produktion, steigt auch die Binnennachfrage.
Hinzu kommt die Produktion im Baugewerbe, die sich auch aufgrund eines sehr milden Winters stark präsentiert. Im Euroraum ist die Produktion im Baugewerbe im Januar 2014 gegenüber Januar 2013 nach Arbeitstagen und saisonbereinigt um 5,7 Prozent gestiegen. In Deutschland betrug der Anstieg 8,8 Prozent.
Die Produktion im Baugewerbe macht lediglich etwa 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. In Anbetracht des Wachstumstempos und der günstigen Investitionsbedingungen im Immobilienbereich könnte sie jedoch ein wichtiger Treiber des Wirtschaftswachstums in diesem Jahr sein.
Eine erneute Lockerung der Geldpolitik der EZB ist trotz der konjunkturellen Verbesserung nicht auszuschließen, zumal der Rückzug der US-Notenbank Fed aus ihrem Anleihenkaufprogramm auch die Finanzkonditionen im Euroraum belasten dürfte. Entscheidend werden insbesondere die Abfolge und der Inhalt weiterer Maßnahmen der EZB sein.
Ein Paket aus konventionellen Maßnahmen könnte genügen, um die Deflationsrisiken zu mindern ohne ein Anleihenkaufprogramm auflegen zu müssen.
Der Hauptrefinanzierungssatz könnte etwa auf 0,10 Prozent gesenkt werden, die Liquiditätsabsorption über die Hereinnahme von Termineinlagen könnte ausgesetzt werden, pro Quartal könnte ein langfristiges Refinanzierungsgeschäft mit einer Laufzeit von einem oder zwei Jahren zu einem fixen Satz angeboten werden und die Festzinstender bei voller Zuteilung könnten bis Ende 2016 ausgeweitet werden.
Negative Verzinsung auf der Einlagefazilität?
Strittig ist, ob der Satz der Einlagefazilität der EZB unter Null gesenkt werden sollte oder nicht, da unklar ist, ob der Nutzen letztlich größer wäre als die Kosten.
Bei einem negativen Zinssatz würde die EZB Zinsen von den Banken verlangen, die Geld bei der Zentralbank deponieren. Um die daraus entstandenen Kosten zu decken, könnten Banken mehr Gebühren von ihren Kunden verlangen, und der „geldpolitische Schuss“ würde nach hinten losgehen.
Oder die Banken schichten ihre Depots um, und investieren in andere liquide Anlagen, deren Renditen noch positiv sind. Nicht nur Banken, sondern auch Unternehmen, Versicherungen und Fondsgesellschaften werden diesen Schritt machen müssen, um negative Zinsen zu umgehen.
Die daraus entstehenden Portfolioumschichtungen würden die Nachfrage für geldmarktähnliche Anlagen mit positiven Renditen erhöhen und folglich die Renditen von Alternativanlagen drücken.
Aller Voraussicht nach würde der Kurs des Euros unter Druck geraten, da einige Anleger lieber einen Teil ihrer liquiden Mittel in höher verzinste Fremdwährungen anlegen würden. Eine negative Verzinsung auf der Einlagefazilität wird wohl alle drei Effekte mit sich bringen.
Wenn die EZB solche Maßnahmen in den kommenden Monaten umsetzt, sollte der Zentralbankrat abwarten, ob sich die Wirtschaftslage und die Kreditkonditionen dadurch spürbar verbessern oder nicht. Erst, wenn sich im vierten Quartal keine Verbesserung zeigen würde, wäre ein „Quantitative Easing“ (QE) wohl zu rechtfertigen.
QE aus Anlegersicht unnütz
Aus Anlegersicht wäre dies eine gemischte Botschaft – ähnlich wie es die QE-Programme in den USA waren. .Während der gegenwärtige Kurswert von Anleihen, Aktien und Immobilien wohl steigen würde, wären diese Kapitalgewinne über die Zeitachse betrachtet nichts anders als die Kupon--, Dividenden- - und Mieteinnahmen von morgen, die in die Gegenwart vorverlagert wurden.
Je mehr die Kurse heute steigen, desto geringer dürften die künftigen Renditen ausfallen. Vielleicht gibt es das Ricardianische Äquivalenzprinzip auch bei Anlegern: Wenn man davon ausgeht, dass die künftigen Renditen geringer ausfallen werden, spart man neues Finanzvermögen anstatt es heute auszugeben. Unter diesem Aspekt – also aus Anlegersicht – wäre ein quantitatives Lockerungsprogramm also nicht nur potenziell unnötig, sondern auch langfristig gesehen unnütz.