Doppelter Sicherheitsmechanismus Pfandbriefe – der vielleicht letzte sichere Hafen

Portfoliomanager Henrik Stille erklärt, wieso Covered Bonds in volatilen Marktphasen ein verlässlicher Anker sein können.

Portfoliomanager Henrik Stille erklärt, wieso Covered Bonds in volatilen Marktphasen ein verlässlicher Anker sein können. Foto: Nordea

Die Finanzmärkte boten in den Tagen nach den Zollankündigungen von US-Präsident Trump ein selten zu beobachtendes Ereignis: Die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen stieg binnen kürzester Zeit von unter 4 Prozent auf über 4,5 Prozent an. So etwas hatte es seit dem Ausbruch der Coronapandemie nicht mehr gegeben.

Keine Frage, die Ankündigungen des US-Präsidenten und die Reaktion der Märkte darauf haben die Investoren teils in regelrechte Angst versetzt. In solchen Phasen suchen Anleger nach sicheren Häfen für ihr Kapital oder erwägen sogar, Teile ihres Anlagevermögens ganz aus dem Markt zu nehmen, um es in Sichteinlagen zu parken.

Für Investoren stellt sich zum einen die Frage, wo sichere Häfen überhaupt noch zu finden sind, wenn nicht einmal mehr US-Staatsanleihen diesen Nimbus zu haben scheinen. Zum anderen geraten sie bei der Erreichung ihrer Renditeziele zunehmend ins Hintertreffen, wenn sie ihr Geld ganz aus dem Markt nehmen und in Cash parken.

Die Suche nach sicheren Anlagen mit solider Rendite scheint kaum lösbar – tatsächlich kann dieses Versprechen wohl keine Anlageklasse per se einlösen. Eine Möglichkeit bieten jedoch Pfandbriefe, außerhalb Deutschlands als Covered Bonds bekannt. Sie kombinieren hohe Sicherheit mit auskömmlichen Renditen.

Lange Historie verzeichnet keine Zahlungsausfälle

Pfandbriefe, einst in Deutschland erfunden, blicken auf eine über 200-jährige Geschichte ohne einen einzigen Zahlungsausfall zurück. Diese Erfolgsbilanz basiert auf einem doppelten Sicherheitsmechanismus: erstens dem Rückgriff auf die Vermögenswerte des Emittenten und zweitens dem Zugang zum Deckungsstock, der in der Regel überbesichert ist. Diese Überbesicherung schützt Anleihegläubiger selbst im Falle eines Ausfalls des Emittenten.

 

Zwar sind Pfandbriefe als festverzinsliche Wertpapiere, die von Banken ausgegeben und durch Hypotheken oder öffentliche Darlehen besichert werden, naturgemäß einem Emittentenrisiko ausgesetzt. Doch selbst in Fällen, in denen sich dieses Risiko materialisiert hat, haben die Sicherheitsmechanismen wie insbesondere der Deckungsstock stets ausgereicht, um die Investoren vor einem nominalen Kapitalverlust zu schützen.

Das zweitgrößte Anleihensegment in Europa

Als weiterer Pluspunkt von Covered Bonds in Stressphasen ist die große Markttiefe und Liquidität zu nennen. Innerhalb Europas sind Covered Bonds nach Staatsanleihen das zweitgrößte Segment im Anleihenmarkt – mit einem ausstehenden Volumen von über 3 Billionen Euro. Neben Deutschland verfügt insbesondere Dänemark über einen umfangreichen Pfandbriefmarkt, doch auch in Ländern wie Frankreich erfreut sich das Instrument großer Beliebtheit bei Emittenten wie Investoren.

Aus Investorensicht ist neben geringem Risiko, vernünftigen Renditen und hoher Liquidität auch die regulatorische Behandlung von Pfandbriefen vorteilhaft. Nach der EU-Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie für Banken (Bank Recovery and Resolution Directive, kurz BRRD) darf eine Abwicklungsbehörde intervenieren und eine Bank umstrukturieren, wenn diese als ausfallgefährdet gilt. Da europäische Pfandbriefe von der Übernahme von Verlusten durch Gläubigerbeteiligung ausgenommen sind, können sie – anders als erst- und verbleibende nachrangige Verbindlichkeiten – im Zuge dessen keine Wertminderungen erfahren. Dieser aufsichtsrechtliche Vorteil macht sie besonders attraktiv für stark regulierte Investoren.

Darüber hinaus bieten Covered Bonds Streuungsvorteile. Sie sind in der Regel weniger volatil als Unternehmensanleihen, weisen geringere kreditbezogene Schwankungen auf und reagieren vorhersehbarer auf Marktveränderungen. Ihre Risikoaufschläge variieren zwar auch analog zum allgemeinen Marktumfeld, grundsätzlich schwanken sie aber deutlich weniger als bei Unternehmensanleihen.

Ein Anker der Stabilität im Portfolio

Für die Erzielung konstanter Renditen sind jedoch nicht nur die in der absoluten Höhe bereits ordentlichen Kupons maßgeblich. Der 3 Billionen Euro schwere europäische Covered-Bond-Markt bietet zudem interessante Möglichkeiten, gezielt von Bewertungsunterschieden zu profitieren. So kann es vorkommen, dass ein Pfandbrief eines hochwertigen französischen Emittenten niedriger bewertet wird als eine vergleichbare französische Staatsanleihe – trotz besseren Ratings.

In einem solchen Fall lässt sich über entsprechende Finanzinstrumente darauf setzen, dass sich dieser offenkundig ungerechtfertigte Bewertungsabschlag des Pfandbriefs über die Zeit verringert. Bei richtigem Einsatz der Finanzinstrumente lässt sich eine solche Positionierung sogar laufzeitneutral umsetzen, sodass Investoren gezielt von der relativen Bewertungsdifferenz profitieren können, ohne zusätzliches Zinsänderungsrisiko einzugehen.

 

In einem insgesamt hoch konservativen Portfolio bieten solche Positionierungen mit einer sehr hohen Erfolgswahrscheinlichkeit die Möglichkeit auf attraktive Zusatzrenditen und unterscheiden ein gutes Covered-Bond-Investment damit deutlich von den schwachen Cash-Renditen – ohne dabei die hohe Sicherheit der Anlageklasse aufgeben zu müssen.

Auch Neuemissionen ermöglichen oft Zusatzrenditen, da Erstemittenten oft signifikante Prämien zahlen, um Investoren anzulocken. Langjährige und angesehene Marktteilnehmer haben hier bessere Chancen auf Zuteilungen bei gut gefüllten Orderbüchern. 

Vielversprechender Einstiegszeitpunkt

Während die globalen Finanzmärkte weiterhin mit Volatilität zu kämpfen haben, bleiben Pfandbriefe jedoch vor allem eine sichere und zuverlässige Anlageklasse. Sie verbinden die Stabilität hochwertiger festverzinslicher Wertpapiere mit zusätzlicher Sicherheit durch den Deckungsstock und bieten gleichzeitig Potenzial für konstante attraktive Renditen.

Zudem bieten sich in diesem Markt trotz der enormen Liquidität und Markttiefe durch vorhandene Ineffizienzen einige Möglichkeiten, dauerhaft Überrenditen zu erzielen. Covered Bonds sind damit nicht nur ein taktisch wichtiger sicherer Hafen in Krisenzeiten, sondern sollten dauerhafter Bestandteil einer robusten Vermögensallokation sein.


Über den Autor:

Henrik Stille ist Portfoliomanager bei Nordea Investment Management mit über 17 Jahren Erfahrung im Fixed-Income-Bereich. Er verantwortet mehrere Fonds, darunter den European Covered Bond Opportunities Fund. Der Experte für relative Wertchancen im G10-Zinsenuniversum fokussiert sich auf Marktforschung, Portfoliokonstruktion und die Identifikation hochwertiger Marktopportunitäten.

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