Pensionskassen stehen vor zahlreichen Herausforderungen – nicht nur im Hinblick auf das anhaltende Niedrigzinsumfeld, sondern auch auf die Regulierungsdichte, die in den vergangenen Jahren bereits erheblich gestiegen ist. Für die Zukunft befürchten Unternehmens- und Branchenpensionskassen noch weiter steigenden Aufwand für die Erfüllung regulatorischer Anforderungen.
Dies ergab eine Umfrage unter rund 30 Vertretern von Unternehmens- und Branchenpensionskassen im Rahmen des diesjährigen Pensionskassentags des Beratungsunternehmens Willis Towers Watson. Bis 2021 erwartet ein knappes Drittel (30 Prozent), dass sich der Aufwand im Vergleich zum Jahr 2014 fast verdoppeln könnte (+ 75 bis 100 Prozent). Ein weiteres knappes Drittel rechnet mit einer Aufwandssteigerung von 50 bis 75 Prozent.
Die steigenden regulatorischen Anforderungen stellen nach Einschätzung von Heinke Conrads für die meisten Pensionskassen eine besondere Herausforderung dar, wie die Leiterin Retirement Deutschland und Österreich bei Willis Towers Watson mit Blick auf die Umsetzung der EbAV-II-Richtlinie sowie das anstehende EZB-Reporting sowie das Reporting der europäischen Aufsichtsbhörde Eiopa sagte. „Dadurch gebundene Ressourcen stehen für andere wesentliche Kernaufgaben der Pensionskassen nicht mehr zur Verfügung beziehungsweise die Kosten steigen deutlich an“, so Conrads.
Bei den regulierten Themenbereichen gelte es nach Einschätzung der Berater von Willis Towers Watson allerdings, das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Unternehmens- und Branchenpensionskassen im Blick zu behalten. Hier zeigen sich die Pensionskassenvertreter pessimistisch. Fast die Hälfte (48 Prozent) hält das Kosten-Nutzen-Verhältnis für „eher schlecht“, ein Viertel (24 Prozent) für „neutral“ und nur ein Fünftel (20 Prozent) für „eher gut“.
„Wichtig wäre eine viel konsequentere Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips gerade für Unternehmens- und Branchen-Pensionskassen, damit eine im Grundsatz sinnvolle Regulierung nicht über das Ziel hinausschießt und damit durch unverhältnismäßige Kosten und Bürokratie gegebenenfalls selbst zu einem Risikofaktor für die Versorgung der Begünstigten wird“, so die Betriebsrentenexpertin Conrads.
Komplexität der Kapitalanlage bedeutet weiteren Mehraufwand
Hinzu kommt ein wesentlicher zeitlicher Mehraufwand aufgrund der gestiegenen Komplexität der Kapitalanlage. Ein Drittel der Umfrageteilnehmer schätzt ihn auf 25 bis 50 Prozent, ein Fünftel sogar auf 50 bis 75 Prozent. „Viele Pensionskassen begegnen dem herausfordernden Kapitalmarktumfeld mit stärker diversifizierten, an die eigene Risikostruktur angepassten und professionell gemanagten Portfolien. Dies verursacht natürlich auch einen entsprechend höheren Aufwand“, berichtete bAV-Expertin Conrads.
Vielfältige Herausforderungen
Willis Towers Watson veranstaltet den Pensionskassentag seit 2013 jährlich in Frankfurt am Main. Die Teilnehmer diskutierten die aktuellen Herausforderungen sowie mögliche Lösungsansätze. Anhand von Beispielen aus der Praxis stellte Jochen Löhr, Vorstandsvorsitzender der Pensionskasse der Hypovereinsbank, aktuelle administrative Themen vor. Über das „Asset-Liability-Management in der Soka-Bau-Bau“ referierte Christoph Kiehn, Leiter Risikomanagement der Sozialkasse der Bauwirtschaft.
Wie sich Finanzierungsfragen durch verknüpfte, stochastische Prognosen von Vermögen und Verpflichtung lösen lassen, erläuterten Susanna Adelhardt, Leiterin Altersversorgung bei Evonik Industries, und Peter Hermle, Director und Consulting Actuary bei Willis Towers Watson. Fachvorträge beschäftigten sich beispielsweise mit aktuellen steuerrechtlichen Themen der Kapitalanlage (Thomas A. Jesch, Geschäftsführender Vorstand, Bund Institutioneller Investoren) und etwaigen Lücken beim Insolvenzschutz von Pensionskassen.