Gleichberechtigung in der Finanzbranche Finanzbranche – Männer verdienen 26 Prozent mehr als Frauen

Demonstrierende Frauen am Weltfrauentag in New York.

Frauen demonstrieren am Weltfrauentag in New York für mehr Sichtbarkeit und Teilhabe. Foto: Imago / Pacific Press Agency

Bis Anfang April arbeiten Frauen in der Finanz- und Versicherungsbranche umsonst. Rein rechnerisch betrachtet, wenn sie den Rest des Jahres den gleichen Bruttostundenverdienst wie ihre männlichen Kollegen beziehen würden. Anders ausgedrückt: Männer verdienen 26 Prozent mehr als Frauen. Damit belegt die Finanz- und Versicherungsbranche den traurigen ersten Platz. Das geht aus Daten zum unbereinigten Verdienstunterschied im Jahr 2024 des Statistischen Bundesamts hervor.

Über alle Branchen hinweg lag der Unterschied 2024 bei 16 Prozent. Rechnet man die Lücke in Tage um, würden Frauen bis zum 06. März umsonst arbeiten. 2023 lag der unbereinigte Einkommensunterschied sogar noch bei 18 Prozent, das bedeutet kein Gehalt bis zum heutigen Equal Pay Day.

Wie sich die Gehaltslücke erklären lässt

Während Männer einen durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von 26,34 Euro haben, kommen Frauen nur auf 22,24 Euro, 4,10 Euro weniger. Das statistische Bundesamt hat aufgeschlüsselt, dass 87 Cent davon auf Beruf und Branche entfallen. 79 Cent lassen sich dadurch erklären, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten, dort sind die Stundenlöhne häufig niedriger als in Vollzeitstellen. 48 Cent Unterschied liegen darin begründet, dass Frauen häufiger in Berufen mit niedrigeren Qualifikations- und Anforderungsniveaus arbeiten. 23 Cent entfallen darauf, dass Frauen öfter geringfügig beschäftigt sind, 18 Cent auf den Ausbildungsabschluss und 3 Cent auf sonstige Faktoren.

Unerklärlicher Rest der Gehaltslücke: zum Teil Diskriminierung

Damit bleibt ein unerklärter Rest von 1,52 Euro, oder 6 Prozent: der bereinigte Einkommensunterschied. Bereinigt bedeutet, dass man statistisch um Faktoren wie Branche, Position, Qualifikation, Arbeitszeit etc. korrigiert. Das heißt, dass Frauen auch in vergleichbaren Positionen und mit vergleichbaren Qualifikationen weniger als Männer verdienen.

Sowohl der bereinigte, als auch der unbereinigte Gender Pay Gap lassen sich nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) durch mehr Frauen in Führungspositionen senken. So sei es wahrscheinlich, dass Unternehmen mit einem höheren Frauenanteil im Management Frauen eher befördern, und dass Männer und Frauen in vergleichbaren Positionen ähnlich hohe Löhne erhalten.

Anteil von Frauen in Führungspositionen steigt

Und genau in diesem Punkt bewegt sich die Finanzbranche schneller als andere Unternehmen. Nach Angaben des DIW saßen bei 62 der 100 größten deutschen Banken 2024 mindestens eine Frau im Vorstand, beziehungsweise in der Geschäftsführung. 2023 waren es noch 49 Banken und damit nicht einmal die Hälfte aller untersuchten Institute.

Wie zu erwarten, ist auch der Anteil der Frauen im Vorsitz der Geschäftsführung oder im Vorstand gestiegen. Während er 2023 noch bei 11,6 Prozent lag, waren im vergangenen Jahr 14,1 Prozent aller Vorstandsvorsitzenden oder Vorsitzende der Geschäftsführung der 100 größten Banken weiblich. Insgesamt waren im vergangenen Jahr 20,7 Prozent aller Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder der 100 größten deutschen Banken weiblich (2023: 16,8 Prozent).

In den Aufsichts- und Verwaltungsräten sitzen bei fast allen Banken (99 Prozent) mindestens eine Frau. Diese Quote liegt schon seit Jahren nahe der 100-Prozent-Marke. Schaut man allerdings genauer hin, sind die Vorsitze der Aufsichtsräte meist männlich besetzt, der Frauenanteil aller Mitglieder lag bei 28 Prozent. Die Quote im Vorsitz ist entsprechend geringer: 2024 waren 12,1 Prozent aller Aufsichtsratsvorsitzenden weiblich. 

Finanzbranche holt auf

Mit diesen Zahlen haben die Banken aufgeholt. Bei den 200 größten deutschen Unternehmen saßen 2024 bei knapp 60 Prozent der Unternehmen mindestens eine Frau im Vorstand, beziehungsweise in der Geschäftsführung (bei Banken: 62 Prozent). 2023 waren es noch 56 Prozent (bei Banken: 49 Prozent). Allerdings waren 2024 nur 7,3 Prozent aller Vorstandsvorsitzenden weiblich (bei Banken: 14,1 Prozent). 2023 waren es nur 5 Prozent (bei Banken: 11,6 Prozent). Insgesamt waren im vergangenen Jahr 19,1 Prozent aller Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder der 200 größten deutschen Unternehmen weiblich (2023: 17,5 Prozent).

In den Aufsichts- und Verwaltungsräten ist das Bild ähnlich. Mit mehr als 96 Prozent sitzt in nahezu allen Gremien der 200 großen Unternehmen mindestens eine Frau. Ein Drittel aller Aufsichts- und Verwaltungsräte ist weiblich. 2024 waren 9,4 Prozent aller Aufsichtsratsvorsitzenden weiblich.

 

Die Zahlen zeigen: Die Wirtschaft und die Finanzbranche bewegen sich. Das private banking magazin hat Vertreterinnen der Finanzbranche gefragt, was Unternehmen ändern müssen, um die Aufstiegschancen für Frauen zu verbessern. Die häufigste Antwort: Mehr Flexibilität und weibliche Vorbilder. Und Frauen sollten sich mehr zutrauen, sich vernetzen und sichtbarer werden.

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