Passporting, Quellensteuer & Co. Was ein harter Brexit für die Fondsbranche bedeutet

Hält Ausnahmeregelungen im Rahmen der nach dem Brexit auszuhandelnden bilateralen Handelsabkommen für denkbar: Aykut Bußian von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baker Tilly Roelfs

Hält Ausnahmeregelungen im Rahmen der nach dem Brexit auszuhandelnden bilateralen Handelsabkommen für denkbar: Aykut Bußian von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baker Tilly Roelfs

Die britische Regierung hat heute in Brüssel den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union beantragt. Damit nimmt das Szenario eines von Premierministerin May angekündigten harten Brexits langsam aber sicher Konturen an. Bereits die Zustimmung des britischen Unterhauses im Februar hatte die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Konsequenzen weiter geschürt, da in das sogenannte Brexit-Gesetz keine aufweichenden Regelungen für den zumindest teilweisen Verbleib im europäischen Binnenmarkt übernommen wurden.

So rückt eine Zugehörigkeit zumindest zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWS) und damit sowohl eine Aufrechterhaltung des Freihandels als auch des „Passporting-Regimes“ in weite Ferne. Um den Freihandel aufrechtzuerhalten verbleibt lediglich die Möglichkeit einer Europäischen Freihandelsassoziation oder die Begründung bilateraler Handelsabkommen, etwa auf Basis der WTO-Regeln. Bei jeder der verbleibenden Optionen ist jedoch von einem Verlust des Passporting-Regimes auszugehen. Was bedeutet das für die britische Fondsindustrie?

Erste Auswirkungen bereits sichtbar

Erste Auswirkungen machen sich bereits bemerkbar: Obwohl Großbritannien aktuell noch im EU-Raum verbleibt und dieser Zustand auch noch mindestens zwei Jahre anhalten wird, verkaufen aktuell viele Anleger ihre Anteile an britischen Fonds.

Bislang ist die Situation wie folgt: Bei der Zulassung von Fondsmanagern beruht die vereinheitlichte europäische Finanzmarktregulierung grundsätzlich auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der jeweiligen staatlichen Aufsichtsbehörden im EU-Raum. Grundlage bilden die Ucits- (Wertpapiere) oder die AIFM-Richtlinie (alternative Investments).

Um Fondsprodukte im EU-Ausland aufzulegen und zu vertreiben, haben lizenzierte Fondsmanager mit Sitz im EU-Raum mehrere Möglichkeiten. Diese reichen von der Gründung einer rechtlich unselbständigen Niederlassung im Tätigkeitsland bis zum grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr.

Verliert das Vereinigte Königreich den Status eines EU-Landes, ergeben sich diverse Nachteile für die dortige Finanzwirtschaft. Als „Drittstaat“ käme die britische Fondsbranche weder in den Genuss der Dienstleistungsfreiheit durch die europäischen Pässe, noch könnte sie den Vorteil der europaweit freien Wahl einer Niederlassung in Anspruch nehmen. Für die Fondslandschaft im Vereinigten Königreich ergeben sich hieraus unterm Strich immense Wettbewerbsnachteile. Diese betreffen die Kapitalverwaltungsgesellschaft, die Fondsstrukturierung und die Fondsvermarktung.