Ostsächsische Sparkasse Dresden „Wir wollten weg von der Silo-Denke“

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Mättig: Zu alledem gibt es noch das Spielbuch. Das hat jede American-Football-Mannschaft. Darin ist klar geregelt, wer wann welche Funktion und was zu tun hat, die Spielzüge sind festgelegt und auch, welche Aufgabe die Coaches in den verschiedenen Situationen haben. Also wissen so auch die Führungskräfte, was sie zu tun haben.

Kobarg: Das Spielbuch haben wir dann in Kartenform mit unseren Mitarbeitern aufbereitet. So können wir recht einfach alle zwei Jahre das Ganze überdenken und weiterentwickeln – und nicht ein ganzes Handbuch neu schreiben.

Und wer ist der Quarterback, also derjenige, der am Kunden die Spielzüge ansagt?

Mättig: Das sind in aller Regel die Firmenkundenberater. Ich mache auch keinen Hehl daraus, dass dies anfänglich für meine Mitarbeiter mit Blick auf die alleinige Verantwortung bei ihren nichtselbstständigen Kunden in dieser Konstellation eine nicht ganz einfache Umstellung war.

Kobarg: Die Entscheidung lag aber nahe. Ein Unternehmer oder Freiberufler steckt im Normalfall viel stärker in seinen betrieblichen Themen, sodass der Kontakt häufiger und intensiver zum Firmenkundenberater besteht. Das kann sich über die Jahre wandeln, weil sich die Lebenssituation des Unternehmers ändert. Vielleicht ist seine Firma ausfinanziert und benötigt keine Investitionskredite mehr, sein Privatvermögen wird komplexer, oder er beschäftigt sich vermehrt mit seiner Nachfolge. Spätestens wenn er das Unternehmen verkauft und ins Privatleben übertritt, endet dann die Bindung zum Firmenkundenberater. Der Private-Banking-Berater übernimmt hier nahtlos.

Mättig: Natürlich war das alles ein Kulturwandel. Beide Berater so zu verzahnen, dass sie erleben, dass man gemeinsam erfolgreicher sein kann. Sich dabei im Team auch peu à peu einen höheren Reifegrad für die Kooperation zu erarbeiten, das ist anspruchsvoll, weil man dafür auch mal seine Komfortzonen verlassen und sich mit seinem Tandempartner austauschen muss, was meine und seine Stärken und auch Schwächen sind. Das alles mit dem Ziel, um sich letztlich am Kunden sinnvoll zu ergänzen. Dazu gehören auch eine wertschätzende Fehlerkultur und die Toleranz für den anderen. An diesen Themen wollen wir auch weiter kollegial miteinander arbeiten.

Müssen die Firmenkundenleute wieder fitter im Wertpapiergeschäft und die Private Banker in Finanzierungsthemen werden?

Kobarg: Nein, das ist nicht nötig. Wir bilden unsere Mitarbeiter in ihren jeweiligen Fachgebieten weiter. Ich muss nicht können, was der andere kann. Stattdessen geht es um den intensiven Austausch mit den Kollegen. Die Tandems müssen sich gut auf Kundengespräche vorbereiten, sich fragen, ob beim Kunden eher noch einmal ein weiteres Finanzierungsthema ansteht oder ob man in diesem Jahr das Nachfolgethema ansprechen möchte, weil der Kunde das zuletzt signalisiert hat. Die intensive, geradlinige Kommunikation intern und am Kunden ist für uns einer der Erfolgsfaktoren. Das macht das Kooperationsmodell so komplex und anspruchsvoll.

Wie weit sind Sie in den fünf Jahren gekommen?

Mättig: Es ist uns gelungen, dass sich die Mannschaft auf unsere Art Unternehmerberatung einlässt. Mittlerweile erzielen wir in der Kooperation jährlich einen siebenstelligen Betrag auf der Provisionsseite. Damit sind wir sehr zufrieden. Parallel dazu haben wir aber auch einen ökonomischen Wandel im Private Banking vollzogen: weg von Einmal- und Zertifikate-Erträgen, hin zu einer Verstetigung der Erträge. Mit höheren laufenden Einnahmen bleibt mehr Zeit, unsere Kunden auf andere Themen unseres Leistungskatalogs anzusprechen. Und natürlich auch neue Kunden für uns zu begeistern.

Und was kommt als Nächstes?

Kobarg: Wir wollen es schaffen, beim Unternehmer in unserer Region mindestens die zweite private Bankverbindung zu werden. Plus die erwähnte Marktführerschaft. Dafür haben wir schon einiges getan: Mittlerweile sind wir bei anstehenden Pitches zur Optimierung der Vermögensstruktur nach Unternehmensverkäufen deutlich öfter mit im Boot oder direkt am Steuer. Wir entwickeln zudem im Haus und im Sparkassenverbund aktuell eine Konzeption zur Betreuung des Segments der Einkommenskunden. Auch die weitere Digitalisierung im Beratungsprozess steht im Fokus.


Über die Interviewten:
Jens Kobarg ist seit 2014 stellvertretendes Vorstandsmitglied der Ostsächsischen Sparkasse Dresden und für die Geschäftsfelder Unternehmenskunden und Private Banking zuständig.

Jörg Mättig ist seit 2013 Direktor Private Banking bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden. Zuvor war der 50-Jährige viele Jahre bei der Commerzbank tätig, unter anderem im Wealth Management.

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