Omnikanal-Ansatz im Wealth Management „Die Marktmacht verschiebt sich zum Kunden“

Dunja Warzecha ist Expertin für Online-Vertrieb bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank

Dunja Warzecha ist Expertin für Online-Vertrieb bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank

Schon seit einiger Zeit steht der margenträchtige und attraktive Wealth-Management-Markt unter Druck. Auch hier sind die anhaltende Niedrigzinsphase, zunehmende regulatorische Anforderungen und die steigenden Kosten fast Normalzustand für die Anbieter geworden.

Größte Herausforderung im digitalen Zeitalter sind die rasanten und nachhaltigen Veränderungen bei der Mediennutzung vermögender Kunden. Mehr denn je entscheidet der Kunde über den Kommunikationsweg und nutzt dabei zunehmend digitale Formen der Kontaktaufnahme.

Meinungsbildung und der Erfahrungsaustausch sind zudem stark von der Interaktion zwischen den Kunden geprägt. Auf diese Weise verschiebt sich mit den neuen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten die Marktmacht deutlich zum Kunden hin.

Evolution des Kunden

Im Zeitalter von Internet, Smartphone und sozialen Netzen steht den Wealth-Management-Anbietern also ein bestens informierter Kunde gegenüber. Dieser Kundentypus scheut sich nicht, Teile seines Vermögens selbst anzulegen und zu verwalten. Nicht selten wird sogar eine vom persönlichen Wealth Manager empfohlene Strategie mit Hilfe einer Direktbank selbständig nachgebildet.

Die digitalen Angreifer haben – bei geringem Stellenwert für die persönliche Beratung – häufig günstige Gebührenmodelle und bieten genau die digitalen Zugangswege, die sich auch Vermögende wünschen: einfach zu handhabende Live Chats, Self-Help-Communities und mobile Apps führen diese Liste an.

Handlungsbedarf für Wealth-Management-Anbieter

Um mit den Kundenbedürfnissen Schritt halten zu können, gilt es für Wealth-Managment-Anbieter ihre Geschäftsmodelle mit Blick auf eine kanalübergreifende und integrierte Kundenbeziehung zu prüfen. Denn statt unabhängig voneinander bestehenden Kanälen zu folgen, bevorzugt der Kunde unterschiedliche Kommunikationskanäle nebeneinander.

Die im Rahmen des Multikanalansatzes historisch gewachsenen und teilweise streng voneinander abgeschotteten Vertriebskanäle sind dafür nicht mehr zeitgemäß. Zwar werden die zahlreichen Zugangswege grundsätzlich unterstützt, aber ein spontaner, kundenseitiger Wechsel zwischen diesen ist in der Regel nicht möglich.

Aus Multi wird Omni

Der sogenannte Omnikanal-Ansatz, oder auch Cross Channel Banking, steht für den Mix aller Kommunikationskanäle. Der Nutzer wählt, ausgehend von Gewohnheiten und Vorliege für Endgeräte, seine Wege quer über alle Kanäle hinweg.

Die klare Erwartung der Nutzer: Die Kontaktkanäle müssen einen einfachen Zugang und eine hohe Anwenderfreundlichkeit bieten. Eine Kapitalanlage kann hier ohne Weiteres auch über Online-Kanäle erfolgen. In Situationen mit Erklärungsbedarf ist nicht unbedingt der persönliche Besuch in einem Bankhaus erforderlich.

Alternativ kann die persönliche Beratung auch räumlich entkoppelt per Chat oder Videogespräch stattfinden. Wichtig dabei: Wechselt der Kunde spontan den Kanal, sollte der Prozess ohne Informationsverlust jederzeit in einem anderen Kanal fortgesetzt werden können. Es bleibt dem Kunden überlassen, wie weit er seinen Kaufprozess in einem Kanal fortsetzt und ab wann er in eine persönliche Beratung wechseln möchte.

Für das Alltagsgeschäft von Privatkunden bestehen schon viele Lösungen im Omnikanalvertrieb. Die Mehrheit der Wealth-Management-Anbieter steht dem Thema Digitalisierung jedoch immer noch sehr verhalten gegenüber. Die Realität ist oftmals weniger von Vernetzung als von erzwungenen Kanalwechseln geprägt. Das nur sehr eingeschränkte digitale Angebot wird mit den hohen Vertraulichkeitsansprüchen der Klientel und den sehr komplexen Produkten erklärt.