Oliver Wyman Ausblick Die 10 wichtigsten Trends im Wealth Management für 2023

Goldene Kreditkarte

Goldene Kreditkarten allein genügen nicht. Vermögende Mandanten erwarten von ihren Banken und Vermögensverwaltern weit mehr als standardisierte Extras. Foto: Imago / Mc Photo

Schwächelndes Wirtschaftswachstum und Zinsen auf der einen Seite, steigender Wettbewerbsdruck und höhere Kundenansprüche auf der anderen. Vermögensverwalter und Wealth Manager stehen vor zwei Möglichkeiten: Zurückfallen oder das Geschäftsmodell anpassen. Diese zehn Punkte werden das Wealth Management laut Oliver Wyman 2023 am stärksten beeinflussen:

1. Rückkehr der Spareinlagen

Die steigenden Zinsen bescheren Vermögensverwaltern zunächst höhere Nettozinserträge aus Einlagenbeständen. Doch angesichts des Wettbewerbs im Wealth Management müssen sie auch einen Teil dieser Gewinne über die Preisgestaltung an ihre Kunden weitergeben. Je vermögender der Kunde, desto höher der Anteil der Zinsgewinne, die er erwartet. Wealth Manager müssen ihre Preise so gestalten, dass sie Kunden gewinnen, ohne das Gewinnpotenzial aus zukünftigen Zinserhöhungen zu stark zu begrenzen.

2. Preis- und Rabattmanagement

Spätestens dieses Jahr müssen Wealth Manager ihr Preismanagement überdenken. Die in der Vergangenheit gewährten Preisnachlässe bei den Standardtarifen haben dafür gesorgt, dass einige Vermögensverwalter für die Hälfte ihrer Kunden nicht kostendeckend arbeiten. Ist das Unternehmen insgesamt rentabel, kann dieses Problem lange unentdeckt bleiben. Steigender Wettbewerbsdruck und unsichere Marktaussichten sollten Vermögensverwalter jedoch dazu veranlassen, Rabatte sowie die Rabatt-Vergabe zu prüfen, um langfristig profitabel zu bleiben, und um in ihr Wachstum investieren zu können.

3. Kostentransformation

In den vergangenen Jahren ist das verwaltete Vermögen allein durch Renditegewinne gestiegen. Das ermöglichte großen Wealth Managern ein Kosten-Ertrags-Niveau von rund 70 Prozent. Langsamer wachsende Vermögen zwingen Vermögensverwalter nun dazu, ihre Kosten nachhaltig und systematisch zu reduzieren. Die größten Einsparpotenziale sieht Oliver Wyman im Front Office sowie in den Bereichen für Technologie und Betrieb.

4. Verändertes Investmentumfeld

Nach einer jahrzehntelangen Hausse und niedrigen Zinsen sind die kurzfristigen Marktaussichten unsicher. Höhere Renditen werden Anlegern erst mittel- bis langfristig ermöglichen, in weniger risikoreiche Anlagen umzuschichten. Vermögensverwalter mit hoher Beratungsqualität werden in den nächsten Monaten überlegen sein. Reine Vermögensverwaltungs-Plattformen könnten laut Oliver Wyman Schwierigkeiten haben.

5. Private Markets werden Mainstream

Je leichter der Zugang zu Private Markets, desto stärker müssen Vermögensverwalter ihr Produkt- und Beratungsangebot differenzieren, um ihren Kunden einen Mehrwert zu bieten. Vermögende Kunden beispielsweise könnten sie Zugang zu direkten Co-Investments sowie Nischen-, Themen- oder Impact-Fonds bieten, möglich wären auch Sekundärhandelsoptionen oder Dachfonds über verschiedene Anlageklassen und Jahrgänge hinweg. Profitieren werden Vermögensverwalter, die gute Beratung skalieren und operative sowie regulatorische Herausforderungen für ihre Kunden lösen.

6. Integration von Wealth as a Service

Immer mehr Vermögensverwalter arbeiten mit Wealth-as-a-Service-Anbietern zusammen, um ihre Vertriebs-, Produkt-, und Technologiekapazitäten zu verbessern. Durch diese Partnerschaften mit Technologieunternehmen werden bisher getrennte Geschäftsbereiche miteinander verbunden und das Kundenerlebnis verbessert. Beide Partner können dann zudem Lösungen anbieten, die über ihr Kerngeschäft hinausgehen.

 

 

7. Die Zukunft liegt in hybriden Modellen

Digitale Produkte und Dienstleistungen können schon seit Jahren personalisiert werden. Dadurch werden sich hybride Angebote in allen Kundensegmenten durchsetzen. Wealth Manager, die sich auf diesen Wandel nicht vorbereiten, werden benachteiligt. Das größte Wachstumspotenzial hat laut Oliver Wyman das Segment der Kunden mit einem Vermögen zwischen 300.000 und 5 Millionen US-Dollar. Bis 2026 werde es rund 45 Milliarden US-Dollar an neuen Einnahmen generieren und etwa 60 Prozent der gesamten Einnahmen aus der Vermögensverwaltung ausmachen. 

In der Vergangenheit wurde dieses Segment weder von Vermögensverwaltern noch von Banken ausreichend bedient. Die entsprechenden Kunden erwarten persönliche Beratung mit der Möglichkeit, selbstständig zu investieren, zu erschwinglichen Preisen. Um Kunden in allen für sie lukrativen Segmenten anzusprechen, müssen Vermögensverwalter hybride Dienstleistungen anbieten, die die persönliche Beratung nahtlos mit digitalen Angeboten kombinieren.

8. Die Zukunft ist weiblich

Das Wealth Management war jahrzehntelang männlich geprägt. Bemühungen, inklusiver zu beraten und auch Frauen anzusprechen, waren wenig erfolgreich. Doch schon heute sind 40 Prozent der vermögenden Privatpersonen weltweit weiblich und ihr Anteil wird voraussichtlich steigen. Frauen investieren Studien zufolge risikoscheuer und stärker an ihren Lebenszielen orientiert. Zudem würden sie mehr Beratung erwarten. Darin liegt aber auch eine Wachstumschance für Wealth Manager, die ihr Angebot und ihre Betreuungsstrategie anpassen. Vermögensverwalter, die diesen Prozess bereits gestartet haben, konnten ihren Umsatz Oliver Wyman zufolge um rund 10 Prozent steigern.

9. Konsolidierungswelle erreicht Europa

Die Zahl der Privatbanken ist laut Oliver Wyman weltweit in den letzten Jahren geschrumpft, in der Schweiz beispielsweise von mehr als 150 im Jahr 2010 auf heute 90. In den USA und Großbritannien habe Private Equity eine Konsolidierungswelle der unabhängigen Vermögensverwalter und Finanzberater ausgelöst. Über die Hälfte der zertifizierten Berater (Registered Investment Advisors, RIA) sei mit den größten 10 Prozent der RIA-Vermögensverwalter verbunden. Der Trend halte an.

Kontinentaleuropa habe bisher zurückgelegen.  Doch besonders für kleine und mittelgroße inhabergeführte unabhängige Vermögensverwalter biete der starke Kosten- und Regulierungsdruck attraktive Gelegenheiten zur Konsolidierung, insbesondere in Verbindung mit der Notwendigkeit, die eigene Nachfolge zu regeln.

10. Wachstum dank betrieblicher Vermögensseminare

Eine wachsende Zahl von US-Unternehmen bietet ihren Arbeitnehmern Finanzschulungen- und -seminare an, die von Vermögensverwaltern abgehalten werden. Diese wiederum haben dadurch die Möglichkeit, preisgünstig Kunden zu gewinnen, meist aus dem mittleren und oberen Management. Außerhalb der USA ist dieses Modell noch unterentwickelt. Das Potenzial ist laut Oliver Wyman aber beträchtlich.

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