Netto-Fondsvermögen unter 400 Millionen Euro Interesse am offenen Infrastruktur-Sondervermögen bleibt bisher gering

Das offene Infrastruktur-Sondervermögen nimmt – ähnlich wie ein Güterzug – bisher nur langsam an Fahrt auf. Und durch den Eltif gibt es ein Konkurrenzprodukt.

Das offene Infrastruktur-Sondervermögen nimmt – ähnlich wie ein Güterzug – bisher nur langsam an Fahrt auf. Und durch den Eltif gibt es ein Konkurrenzprodukt. Foto: Imago Images / Arnulf Hettrich

Vor etwa drei Jahren wurde das offene Infrastruktur-Sondervermögen (OISV) eingeführt. Mit großen Zielen. Ähnlich wie beim European Long Term Investment Fund – Eltif – soll das OISV ein ambitioniertes Ziel erfüllen: Die riesigen benötigten Investitionen in die Infrastruktur zu bewältigen. Allein zwei Billionen Euro werden bis 2050 nach Schätzungen des Klassifikationsdienstleisters DNV investiert, um erneuerbare Energien auszubauen. Dafür sollen neben Staaten und institutionellen Investoren auch Privatanleger gewonnen werden. 

Nur: Bisher hält sich das Interesse an dem Fondsvehikel in Grenzen. Laut einer BVI-Statistik aus dem Mai 2024 beläuft sich das Netto-Fondsvermögen aller OISV nur auf circa 364 Millionen Euro. Doch woran liegt das?

Kompliziertes und engmaschiges Vertragswerk 

Ein Faktor dürfte das komplizierte Vertragswerk sein. So dauerte es ganze zwei Jahre, bis erste Produkte auf den Markt gebracht wurden. In der Regelungstechnik (Paragraf 260a des KAGB) sind etwa häufig breite Verweise auf Regelungen des Kapitalanlagegesetzbuches für offene Immobilienfonds. Diese Praxis sorgte laut Markus Wollenhaupt, Partner bei Linklaters dafür, dass es viel Klärungsbedarf mit der Bafin gab. Im Sommer 2023 brachte der Fondsverband BVI eine Muster-Anlagebedingung heraus. Damit waren dann Produktauflegungen möglich.

Wollenhaupt sieht einen Grund für die geringe Nachfrage nach OISV seitens der Produktanbieter im engmaschige Regulierungsrahmen. Dieser regelt viele technische Details und macht das OISV wenig flexibel. So gelten folgende Grenzen:

  • Maximal 10 Prozent in eine einzige Infrastruktur-Projektgesellschaft
  • Mindestens 60 Prozent in Infrastruktur-Projektgesellschaften, Immobilien und Nießbrauchrechte
  • Maximal 30 Prozent in Immobilien und Rechten
  • Maximal 80 Prozent in Infrastruktur-Projektgesellschaften, dabei nicht mehr als 30 Prozent in Minderheitsbeteiligungen 
  • Mindestens 10 Prozent in liquide Anlagen
  • Maximal 20 Prozent in Wertpapiere
  • Maximal 30 Prozent Fremdkapitalquote auf Fondsebene
  • Derivate dürfen nur für Absicherungszwecke verwendet werden

„Die engmaschige Regulierung macht das offene Infrastruktur-Sondervermögen als Produkt kompliziert und wenig flexibel. Hier wäre weniger Regulierung besser“, sagt Wollenhaupt. Die starren Grenzen für Anleger bei Mindesthaltefristen und Rückgaben sowie die feste Vorgabe einer zehnprozentigen Mindestliquidität erschienen vor dem Hintergrund der Diskussion zu vergleichbaren Themen bei den technischen Standards (RTS) beim Eltif und der AIFMD-II-Reform nicht mehr zeitgemäß.

Liquiditätsregelungen sind vergleichsweise starr 

Die Liquiditätsregelungen beim offenen Infrastruktur-Sondervermögen sind identisch zum Immobilien-Sondervermögen. So gibt es eine Mindesthaltefrist von 24 Monaten und eine feste Rückgabefrist von 12 Monaten vor dem jeweiligen Rücknahmetermin. Die Aussetzung der Rücknahme kann maximal 36 Monate betragen.

„Reichen die liquiden Mittel des OISV an einem Rücknahmetermin nicht aus, muss die KVG die Rücknahme aussetzen und Vermögensgegenstände des OISV, gegebenenfalls mit Abschlägen zur letzten Bewertung, veräußern. Es ist jedoch fraglich, ob der Zwang zur Veräußerung von Infrastruktur-Assets in der gleichen Weise wie bei Immobilen umsetzbar ist“, erklärt Wollenhaupt.

Bisher wenige Beispiele

Bislang findet man lediglich einen großen Fonds: den DWS Infrastruktur Europa, jeweils in zwei institutionellen Tranchen und einer für Privatanleger. Zum 30. Juni 2024 waren hier 367 Millionen Euro investiert – also das gesamte Netto-Fondsvermögen aller OISV. EB Sim und Quadoro haben inzwischen einen zweiten Fonds gestartet.

In dem Fonds von DWS, den es erst seit einem Jahr gibt, liegt die Wertentwicklung je nach Tranche bei 5,69 Prozent, 6,86 Prozent und 6,92 Prozent. Zum Stand 31. Dezember 2023 investieren die Portfoliomanager in vier Photovoltaikanlagen. 

Braucht es das offene Infrastruktur Sondervermögen überhaupt noch?

Durch die Eltif-Reform und die neue Verwaltungspraxis der Bafin komme daher die Frage auf: Wozu braucht man das offene Infrastruktur-Sondervermögen? Gerade, da es strengeren Anlagegrenzen unterliegt und – anders als der Eltif – keinen europäischen Vertriebspass hat.

 

„Mit der Eltif 2.0 Regulierung und der Verwaltungspraxis zum deutschen Eltif gibt es ein neues Rechtskleid für Infrastrukturfonds, welches flexibler ist und dem offenen Infrastruktur-Sondervermögen die Daseinsberechtigung nehmen könnte“, schätzt Wollenhaupt. Infrastrukturfonds für den deutschen Privatanleger-Markt könnten daher in Zukunft eher als Eltif aufgelegt werden.

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