Donald Trump und sein politisches Programm könnten den globalen Ölmarkt beeinflussen. Zusätzlich dürften komplexe geopolitische und wirtschaftliche Faktoren die Energielandschaft neu definieren.
Verlangsamt sich das Nachfragewachstum im Jahr 2025 und darüber hinaus?

Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) wird die weltweite Ölnachfrage 2025 voraussichtlich nur um etwa 1 Millionen Barrel pro Tag (mbpd) auf 103,8 mbpd steigen. Diese Verlangsamung spiegelt die weniger günstigen wirtschaftlichen Bedingungen, das Abflauen der Post-Covid-Erholung und die Entwicklung hin zu saubereren Energien wider. Auch China, ein historischer Treiber der Nachfrage, verzeichnet eine Stabilisierung seines Verbrauchs.
Eine sorgfältige Koordination zwischen den Mitgliedern der OPEC+1 wird notwendig sein, um das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage aufrechtzuerhalten, da diese Gruppe Marktanteile verliert und die meisten ihrer Mitgliedsländer zusätzliche Einnahmen anstreben beziehungsweise benötigen. Den Prognosen der Internationalen Energieagentur zufolge ist zu erwarten, dass die OPEC+ ihre Produktion im Jahr 2025 erhöhen könnte, während die weltweite Ölnachfrage bis 2030 ihren Höhepunkt erreichen und dann bis 2035 allmählich zurückgehen könnte.
Ölpreis 2025: Zwischen Geopolitik und Trump-Paradoxon
Im Jahr 2025 dürften viele geopolitische, wirtschaftliche und politische Faktoren die Kurse beeinflussen. Wir erwarten einen durchschnittlichen Brent-Preis von etwa 70 US-Dollar pro Barrel, was leicht über den aktuellen Markterwartungen liegt, aber unter den Kosten vieler neuer Ölprojekte. Eine Preisspanne von 50 bis 80 US-Dollar bleibt jedoch plausibel, je nachdem, wie sich die internationalen Spannungen entwickeln.
Das Paradoxon der US-Politik ergibt sich aus den Versprechungen des gewählten Präsidenten Donald Trump, die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Die Erhöhung der Zölle und die Verschärfung der Einwanderungspolitik, die Eckpfeiler seiner Politik, sind inflationstreibende Maßnahmen. Um die durch diese beiden politischen Schwerpunkte angeheizte Inflation auszugleichen, wäre unserer Ansicht nach ein Ölpreis von rund 40 US-Dollar pro Barrel erforderlich. Trumps Versprechen, die US-Ölindustrie unter dem Motto „Drill, baby, drill!“zu fördern, erfordert jedoch einen Ölpreis von 70 US-Dollar oder mehr, um die US-Unternehmen zu schützen, die im Schieferölgeschäft tätig sind.
Die Spannungen im Nahen Osten bleiben ein potenzielles Risiko für steigende Ölpreise, insbesondere wenn sich die Konflikte zwischen Israel und dem Iran verschärfen sollten.
Öl- und Gassektor: Anpassungsfähigkeit in komplexem Marktumfeld
Trotz der Schwierigkeiten passt sich der Öl- und Gassektor an ein sich veränderndes Umfeld an, indem er operativ effizienter wird und die Finanzdisziplin stärkt.
Aktienausblick: Die Unternehmensgewinne stehen aufgrund der weltweiten Überkapazitäten unter Druck, aber die Abwärtsrisiken scheinen begrenzt zu sein. Die Unternehmen stellen sich auf die Unsicherheit ein, indem sie ihre Investitionen kürzen und ihre Aktienrückkaufprogramme anpassen. Die jüngsten Aktienkursrückgänge haben den relativen Wert der Aktien verbessert. In Anbetracht der bereits negativen Marktstimmung sind wir bei Energieaktien neutral positioniert.
Ausblick für Anleihen: US-Hochzinsanleihen aus dem Energiesektor weisen 2025 im Vergleich zu 2024 ein etwas höheres Risikoprofil auf, trotz der soliden Fundamentaldaten der Unternehmen. Die Unternehmen verfügen weiterhin über hohe Credit-Ratings und eine hohe Liquidität. Sollten die Ölpreise weiter sinken, könnte es in der Branche zu einer Anpassung der Bewertungen kommen, aber wir rechnen nicht mit einem signifikanten Anstieg der Anzahl der Zahlungsausfälle. Gegenüber Ölanleihen bleiben wir zurückhaltend.
Fazit: Mit Ölaktien und -anleihen diversifizieren
Die Aussichten für Aktien und Anleihen im Ölsektor bleiben verhalten, aber das Marktumfeld unterstreicht die Bedeutung von Rohstoffen als Diversifikationsfaktor in einem Portfolio. Selbst wenn die Prognosen für den Ölpreis rückläufig sind, könnte mit Hilfe eines Finanzexperten eine Long-Position auf Öl als Absicherung gegen geopolitische Risiken dienen und Investoren eine Form von Schutz im Portfolio bieten.
1 Die OPEC (Organisation erdölexportierender Länder) hat derzeit 12 Mitgliedsländer (Gründungsmitglieder und Vollmitglieder): Iran, Irak, Kuwait, Saudi-Arabien, Venezuela, Libyen, Vereinigte Arabische Emirate, Algerien, Nigeria, Gabun, Äquatorialguinea und Kongo. Seit 2016 gehören der OPEC+ zehn „Nichtmitglieder“ an, nämlich Aserbaidschan, Bahrain, Brunei, Kasachstan, Malaysia, Mexiko, Oman, Russland, Südsudan und Sudan.
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