Interview mit Oddo-BHF-Vorstand Joachim Häger „Das verzeihen Kunden ihrer Bank nicht“

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Wir haben eine Passion für People, wir leben vor und suchen ein hohes Energielevel, aber auch Offenheit und Neugier. Mit Oddo BHF können alle einen echten europäischen Champion als Mitunternehmer mitgestalten. „Make every day an opportunity“ ist daher auch nicht überraschend unsere Mission und treibt uns an.

Wie unterscheidet sich die Arbeit bei Oddo BHF von der bei einer Großbank wie der Deutschen Bank, bei der Sie lange Jahre Chef des Wealth Management waren?

Häger: Ich bin dankbar für fast zehn Jahre als Leiter Wealth Management der Deutschen Bank. Einen spannenden Turnaround der BHF-Bank nach häufigen Eigentümerwechseln mitzugestalten, dazu das französische PWM als einziger deutscher Partner aus Paris zu leiten, das war dann aber doch wahnsinnig reizvoll. Dies mit der Unternehmerpersönlichkeit Philippe Oddo, der beim Erwerb der BHF-Bank ein klares Zielfoto im Kopf hatte. Eine deutsch-französische Gruppe, familiär und professionell. Langfristig denkend, aber immer energetisch. Die Kunden im Fokus. Kunden, Kunden, Kunden.

Quelle: Oddo BHF

Neue Kolleginnen und Kollegen als Mitunternehmer. Als Aktionäre, nicht nur als Mitarbeiter. Ich selbst habe viel mehr Zeit mit unseren Kunden verbracht. Das Vorleben ist bei unserer Größe noch viel wichtiger, es muss erlebbar sein. Anders als erwartet ist die Komplexität der Aufgabe nochmals höher, denn hier kocht der Chef immer selbst. Und das mit großer Eigenverantwortung. Überlegen Sie mal, jede unnötige Ausgabe richtet sich zuerst gegen die eigenen Kollegen, denn sie sind meine Mitaktionäre.

In der Ukraine sehen wir unfassbares menschliches Leid und Zerstörung. Was bedeutet die aktuelle Lage für die Märkte und das Private Wealth Management?

Häger: An erster Stelle denken wir an die Opfer und das Leid, dass dieser sinnlose Krieg verursacht. Bezogen auf die Märkte sind wir der Meinung, dass es angesichts der hohen Unsicherheit noch zu früh ist, Aktien zu kaufen. Wir verfolgen dazu eine sehr enge Kommunikation mit unseren Kunden mit der Kernbotschaft, dass aufgrund der gestiegenen Risiken in diesem Umfeld der Vermögenserhalt oberste Priorität hat und die Portfolios bis auf Weiteres vorsichtig positioniert bleiben.

Der digitale Wandel verändert die Rolle des Beraters zusehends, welche Herausforderungen, welche Chancen sehen Sie darin?

Häger: Die wichtigste Berateraufgabe wird in absehbarer Zeit nicht digital darstellbar: eine echte Vertrauensbeziehung aufzubauen. Auch die junge Generation schätzt die persönliche Beratung. Sie ist nochmals anspruchsvoller, was die soziale und fachliche Kompetenz des Beraters angeht. Aber ganz klar: Der Faktor Mensch bleibt wichtig. Es geht bei der Anlage um nichts weniger als die finanzielle Lebensleistung des Mandanten.


Die digitale Transformation ist im PWM ein Glücksfall. Sie erlaubt die technologisch unterstützte Konzentration auf die wertstiftende Beratung. Alles was digitalisierbar ist, sollte deshalb auch genauso dargestellt werden: schneller, verlässlicher, transparenter. Wir investieren deshalb immer weiter in unsere IT, in künstliche Intelligenz, in neue Anwendungen wie unsere Website, die App, in ein digitales Live-Forum und vieles mehr.

In Frankreich unterhält Oddo vier, in der Schweiz drei Standorte. In Deutschland ist man weniger zentral, mit 14 Standorten dafür gut in der Fläche aufgestellt. Stehen Sie zu allen hiesigen Standorten?

Häger: Deutschland und Frankreich sind strukturell nicht vergleichbar. Wenn wir für Unternehmerfamilien in Deutschland ein wichtiger Partner sein wollen, dann ist die räumliche Nähe sehr wichtig, ob in Hamburg, Mainz oder Stuttgart. Anders als viele Wettbewerber haben wir neue Niederlassungen aufgebaut. Wir sind gerne zu unseren Kunden gekommen. Zuletzt haben wir Büros in Saarbrücken und Siegen eröffnet. Es könnten weitere folgen, wenn sich die Talente finden, die unsere Werte teilen.


Über den Interviewten:
Joachim Häger ist seit 2016 Vorstandsmitglied von Oddo BHF und unter anderem verantwortlich für das  Wealth Management.  Zuvor war er knapp  zehn Jahre Leiter des  Wealth Management  der Deutschen Bank.

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