OCIO, hinter diesen vier Buchstaben verbirgt sich ein Angebot, das die Verantwortlichkeiten in der Kapitalanlage eines institutionellen Investors elementar verändern kann. Ein Outsourced Chief Investment Officer, also ein externer Investmentchef, übernimmt die Anlagetätigkeit – wenn gewollt für alle Vermögensklassen, sozusagen als Rundum-Service. Anbieter des Modells versprechen unter anderem eine verbesserte Governance, Zugang zu einer breiten Palette von Anlagemöglichkeiten und Fachwissen.
Dennoch findet das Geschäft hierzulande bislang wenig Beachtung – und institutionelle Investo-
ren, die es bereits in Anspruch nehmen, beantworteten für diesen Artikel zwar Fragen, möchten allerdings anonym bleiben. In den USA, Australien, Großbritannien oder auch den Niederlanden dagegen ist das Modell anscheinend salonfähig, weil etablierter – in erster Linie bei Einrichtungen, die bis zu einer Milliarde Euro verwalten. In den USA lagern laut aktuellen Zahlen des „Council on Foundations and Commonfund“ knapp 94 Prozent der privaten Stiftungen und Gemeinschaftsstiftungen mit einem Vermögen von bis zu 100 Millionen US-Dollar Teile ihrer Investmenttätigkeiten aus.
Bei den Stiftungen mit einem Vermögen zwischen 101 und 500 Millionen Dollar sind es rund 90 Prozent. An der Umfrage nahmen 291 Organisationen mit einem Gesamtvermögen von 126 Milliarden Dollar teil. Gerade für die „kleineren“ Einrichtungen kann das Auslagern Kostenvorteile bieten, indem sie günstigere Gebührenstrukturen und Größenvorteile bei der Zusammenarbeit mit Anbietern wie Mercer, Schroders oder auch Amundi und Berenberg erzielen.
Kostenvorteile
Ein Portfolio muss diversifiziert sein, um die Volatilität gering zu halten, beispielsweise mit alternativen Investments. Die Balance aus liquiden und illiquiden Anteilen muss stimmen, ebenso das sektorale und geografische Streuen vor dem Hintergrund globaler Krisenherde – und
Nachhaltigkeitsaspekte sind ebenfalls wichtig.
Um das allein stemmen zu können, benötigt es hoch qualifizierte und damit kostenintensive Mitarbeiter. Aber warum eigentlich allein? „Die Kapitalanlage ist nicht unsere Kernkompetenz“, sagt der verantwortliche Manager eines global aktiven Konzerns mit hierzulande mehreren Tausend Mitarbeitern. Er ergänzt: „Wir haben ein umfangreiches Pensionsprogramm, das wir ausfinanziert haben. Die Anlageentscheidungen und das gesamte technische Set-up können und wollen wir intern nicht mehr unterstützen.“
Vier bis fünf verschiedene Fonds beaufsichtigte man zuletzt intern, was mit der Zeit schwieriger wurde. Zudem war eine noch breitere Risikoabdeckung das Ziel – je höher der Ausfinanzierungsgrad, desto wichtiger ist es, das Risiko möglichst klein zu halten. Seit knapp vier Jahren setzt der Manager deshalb auf die Dienste von Mercer. Das US-Unternehmen entwickelte 1995 erstmals eine OCIO-Masterfonds-Lösung für einen institutionellen Investor aus Australien.
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OCIO, hinter diesen vier Buchstaben verbirgt sich ein Angebot, das die Verantwortlichkeiten in der Kapitalanlage eines institutionellen Investors elementar verändern kann. Ein Outsourced Chief Investment Officer, also ein externer Investmentchef, übernimmt die Anlagetätigkeit – wenn gewollt für alle Vermögensklassen, sozusagen als Rundum-Service. Anbieter des Modells versprechen unter anderem eine verbesserte Governance, Zugang zu einer breiten Palette von Anlagemöglichkeiten und Fachwissen.
Dennoch findet das Geschäft hierzulande bislang wenig Beachtung – und institutionelle Investo-
ren, die es bereits in Anspruch nehmen, beantworteten für diesen Artikel zwar Fragen, möchten allerdings anonym bleiben. In den USA, Australien, Großbritannien oder auch den Niederlanden dagegen ist das Modell anscheinend salonfähig, weil etablierter – in erster Linie bei Einrichtungen, die bis zu einer Milliarde Euro verwalten. In den USA lagern laut aktuellen Zahlen des „Council on Foundations and Commonfund“ knapp 94 Prozent der privaten Stiftungen und Gemeinschaftsstiftungen mit einem Vermögen von bis zu 100 Millionen US-Dollar Teile ihrer Investmenttätigkeiten aus.
Bei den Stiftungen mit einem Vermögen zwischen 101 und 500 Millionen Dollar sind es rund 90 Prozent. An der Umfrage nahmen 291 Organisationen mit einem Gesamtvermögen von 126 Milliarden Dollar teil. Gerade für die „kleineren“ Einrichtungen kann das Auslagern Kostenvorteile bieten, indem sie günstigere Gebührenstrukturen und Größenvorteile bei der Zusammenarbeit mit Anbietern wie Mercer, Schroders oder auch Amundi und Berenberg erzielen.
Kostenvorteile
Ein Portfolio muss diversifiziert sein, um die Volatilität gering zu halten, beispielsweise mit alternativen Investments. Die Balance aus liquiden und illiquiden Anteilen muss stimmen, ebenso das sektorale und geografische Streuen vor dem Hintergrund globaler Krisenherde – und
Nachhaltigkeitsaspekte sind ebenfalls wichtig.
Um das allein stemmen zu können, benötigt es hoch qualifizierte und damit kostenintensive Mitarbeiter. Aber warum eigentlich allein? „Die Kapitalanlage ist nicht unsere Kernkompetenz“, sagt der verantwortliche Manager eines global aktiven Konzerns mit hierzulande mehreren Tausend Mitarbeitern. Er ergänzt: „Wir haben ein umfangreiches Pensionsprogramm, das wir ausfinanziert haben. Die Anlageentscheidungen und das gesamte technische Set-up können und wollen wir intern nicht mehr unterstützen.“
Vier bis fünf verschiedene Fonds beaufsichtigte man zuletzt intern, was mit der Zeit schwieriger wurde. Zudem war eine noch breitere Risikoabdeckung das Ziel – je höher der Ausfinanzierungsgrad, desto wichtiger ist es, das Risiko möglichst klein zu halten. Seit knapp vier Jahren setzt der Manager deshalb auf die Dienste von Mercer. Das US-Unternehmen entwickelte 1995 erstmals eine OCIO-Masterfonds-Lösung für einen institutionellen Investor aus Australien.
Hierzulande gibt es das Angebot seit 2016. Dabei gilt stets: Jedes Mandat muss individuell auf die Bedürfnisse des Auftraggebers zugeschnitten sein. „Es war sicherlich ein Kostenthema, aber nicht nur. Wir haben großen Wert auf das Verhältnis von Kosten und Service gelegt“, beschreibt der Pensionsmanager, der heute in gut 20 Fonds investiert ist, seine OCIO-Anfänge. Für John O’Toole, Leiter Multi-Asset-Investmentlösungen bei Amundi, keine Überraschung: „In Europa sind es eher der Gebührendruck und das regulatorische Umfeld, die dazu führen, sich für eine OCIO-Struktur zu interessieren.“
Spannend ist für ihn wie auch alle weiteren Anbieter, was ausgelagert wird. „In manchen Fällen möchte der Kunde nur spezialisierte Asset-Klassen wie Private Markets an einen OCIO vergeben, andere Kunden hingegen erwarten die Umsetzung der kompletten Kapitalanlagestrategie“, sagt Jeffrey Dissmann, Leiter Investments von Mercer. In Deutschland beobachte er zudem einen wachsenden Markt. Mercer betreute Ende Juni 2024 weltweit Kapitalanlagen im Wert von 461
Milliarden Euro. Auf Deutschland entfallen dabei gut 10,3 Milliarden Euro.
Zwei Gründe für das hierzulande verhaltene Interesse sind laut Michael Kreibich von Berenberg die vergleichsweise konservative Investmentkultur sowie die für die unterschiedlichen institutionellen Investorengruppen sehr individuelle Regulatorik. Die Privatbank aus Hamburg bietet ebenfalls eine modulare Beratung an. Beinhalten kann diese das Aufsetzen einer Anlagestrategie, Zielfunktionen inklusive SAA- und ALM-Studien werden priorisiert, umgesetzt und implementiert, Asset-Manager ausgewählt und überwacht – alles aus einer Hand, womit die gesamte Kapitalanlage ausgelagert wäre.
„Im Bereich der kleineren bis mittelgroßen institutionellen Investoren werden häufig alle Module gleichzeitig in Anspruch genommen“, berichtet Kreibich. Ist dies der Fall, kann das in seinen Augen auch negative Folgen haben. „Es entsteht eine gewisse Abhängigkeit vom gewählten Partner. Da ein Wechsel mit zeitlichem und operativem Aufwand verbunden ist, sollte die Auswahl des Anbieters daher sorgfältig durchdacht werden.“
Eigenständigkeit und Transparenz
Er spricht damit einen Punkt an, der das hierzulande eher geringe Interesse am OCIO-Modell aufgreift: die Befürchtung einer Abhängigkeit oder auch eines Kontrollverlusts. Denn bei all den Vorteilen, die das Modell bieten kann, ist es doch ein großer Schritt, so etwas Elementares wie die Kapitalanlage in externe Hände abzugeben – vor allem, wenn zuvor teils jahrzehntelang konservativ angelegt wurde.
Die Anbieter des OCIO-Modells betonen daher, dass die Auftraggeber jederzeit alle Zügel in der Hand behalten. „Jeder institutionelle Anleger kann genau festlegen, wie und zu welchem Grad wir seine spezifischen Bedürfnisse unterstützen sollen, ohne dass damit der Verlust einer zentralen Investitionskultur einhergeht“, sagt Dissmann von Mercer.
Sein Kunde erläutert: „Zweimal im Jahr haben wir ein gemeinsames Anlage-Meeting, in dem wir über Performance, aktuelle Themen und Updates von einzelnen Managern sprechen. Wir können jederzeit Anlage- oder Risikoentscheidungen anpassen, aber das Tagesgeschäft liegt
komplett bei Mercer.“
Ein folgenreiches Unterfangen, das deshalb gut abgesichert wurde: „In unseren Verträgen mit
Mercer haben wir "Reißleinen" definiert.“ Werden diese zuvor festgelegten Grenzen überschritten, wird der Auftraggeber informiert und kann eingreifen. „Aber bisher läuft alles in dem vordefinierten Fahrwasser“, erklärt der Pensionsmanager.
„Es besteht kein Zweifel, dass die Delegation von Anlageentscheidungen eine große Tragweite hat“, weiß auch Neil Walton, Leiter OCIO und Kunden-Speziallösungen von Schroders. Die Briten
bieten das Modell seit 2003 an. In Waltons Augen besteht allerdings der weit verbreitete Irrtum, dass das Mandat an eines externen OCIO einen erheblichen oder gar totalen Kontrollverlust bedeute.
Die spezifische Governance-Beziehung zwischen Investor und OCIO hängt in seinen Augen vom Kundentyp und der Gerichtsbarkeit, in der sie tätig sind, ab. Normalerweise werde ein Vertrag
zu einer bestimmten Einheit festgelegt, wie beispielsweise zu einem Treuhänder, einem Anlageausschuss oder einem Unternehmen.
Vorkommen könne es laut Walton zudem, dass in diesem Kontext der OCIO mit weiteren vom Kunden mandatierten externen Beratern eng zusammenarbeitet. „In einigen Fällen unterstützt darüber hinaus ein externer Berater den Kunden dabei, den Service und den additiven Wert, den wir als OCIO erbringen, zu überwachen“, erklärt Walton.
Für Chetan Ghosh, CIO des Pensionsfonds des britischen Energieversorgers Centrica und mittlerweile der OCIO für Centrica innerhalb von Schroders, ist das Auslagern ein durchdachter Ansatz, bei dem das ursprüngliche Investmentteam seine Kultur beibehalten und sich gleichzeitig auch in die Firmenkultur des OCIO integrieren kann. „Wir haben von den besten Elementen beider Kulturen profitiert“, sagt er.
In seltenen Fällen übernimmt Schroders Mitarbeiter. Voraussetzung dafür sei eine kulturelle Über-
einstimmung. Für Ghosh war diese gegeben. Für ihn zählt nur eins: „Wir müssen optimale Ergebnisse für die zukünftigen Pensionäre erzielen.“
Das Ziel von Anthos Fund and Management ist dasselbe, der Ansatz ein anderer. „Unser OCIO-Modell ist so konzipiert, dass es mit dem bestehenden Anlageteam und der Anlagekultur des Kunden zusammenarbeitet, anstatt sie zu ersetzen“, sagt Marjolein van Dongen. Die Vermögensverwaltung der C&A-Inhaberfamilie Brenninkmeijer strebt eine partnerschaftliche Zusammenarbeit an, bei der der Kunde die Kontrolle über die strategische Ausrichtung behält.
In der Regel verbleiben zwei Verantwortlichkeiten beim Kunden – die Bereitstellung von relevanten Informationen für Anthos und die Überwachung der Performance im Vergleich zu den Anlagezielen und Risikoparametern. Der Kunde kann jedoch auch die volle Verantwortung delegieren oder abgeben und sich ein Vetorecht bei den Anlageempfehlungen einräumen lassen.
„Die Entscheidung für ein OCIO-Konzept erforderte eine sorgfältige Abwägung sowohl der rechtlichen als auch derinternen Faktoren“, sagt ein Kunde von Anthos. Für ihn entscheidend: Der Vermögensverwalter hält die lokalen Vorschriften ein, baut eine solide Governance auf und gewährleistet, dass alle Stakeholder einbezogen werden. „Intern waren Faktoren wie die Bewertung unserer eigenen Kapazitäten, die Durchführung eines gründlichen Auswahlverfahrens und die Entwicklung eines umfassenden Umsetzungsplans notwendige Schritte, um den Übergang zu meistern“, erklärt er und sieht Erfolge in der Umstellung: „Das OCIO-Modell hat uns dabei geholfen, einen dynamischeren und reaktionsfähigeren Ansatz bei der Vermögensalloka-
tion zu verfolgen.“
Dazu passt, dass die Chestnut Advisory Group, ein US-Unternehmensberater, ausgerechnet hat, dass sich das global per OCIO verwaltete Vermögen in den vergangenen acht Jahren auf über 3 Billionen Dollar mehr als verdoppelt hat. Bis 2029 sollen es 4,7 Billionen Dollar sein, womit die jährliche Wachstumsrate bei 8,9 Prozent läge.
Ein Wert, der zumindest für Deutschland optimistisch klingt. Zumal Anleger zur Umsetzung eines OCIO-Modells laut van Dongen ihr Organisationsmodell anpassen, sich auf neue Denkweisen einlassen und Vertrauen aufbauen müssen. All dies brauche in ihren Augen Zeit: „Deswegen sehen wir auch keine massive Verbreitung des OCIO-Modells über Nacht.“
Gebühren
Zudem gäbe es laut O’Toole von Amundi keine „Standardstruktur“ für Gebühren, weshalb Transparenz wichtig sei. „Wo wir Kostenvorteile in der Kapitalanlage erzielen, geben wir diese vollumfänglich weiter“, sagt auch Jeffrey Dissmann von Mercer. Schroders berechnet in der Regel
eine Overlay-Gebühr für die angebotenen Lösungen, beispielsweise für das Erstellen von regulatorischen oder Governance-Offenlegungen sowie Gebühren für die Anlagekomponenten.