Arbeit und Kapital Nur ein Gleichgewicht führt zu nachhaltigem Wachstum

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Die Internationale Arbeitsorganisation brachte es 2019 in ihrer Studie zur Einkommensverteilung auf den Punkt: 48,9 Prozent des globalen Gehaltseinkommens fließen nur 10 Prozent aller Angestellten zu, aber die schlechter bezahlte Hälfte der Arbeitnehmer verdient zusammen lediglich 6,4 Prozent aller Löhne weltweit. Wenn man bedenkt, welch entscheidende Bedeutung die Mittelschicht – und damit mittel- und geringer qualifizierte Arbeitnehmer – bei der Schaffung von Wachstum und der Gewährleistung der Stabilität demokratischer Institutionen spielt, sollte dies Anlass zur Sorge geben.

Welche Faktoren auf Arbeit und Kapital einwirken

1. Globalisierung: Die Globalisierung hat dazu geführt, dass sich kapitalintensive Volkswirtschaften auf die Produktion kapitalintensiver Güter spezialisieren und arbeitsintensive Volkswirtschaften das Gegenteil tun. In einer Welt mit einer starken Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer, die höhere Löhne sichert, könnten beispielsweise die höheren Kosten für die Unternehmen über höhere Preise an die Verbraucher weitergegeben werden. Das jedoch würde die Kaufkraft wiederum senken – jedenfalls für diejenigen Arbeitnehmer, die kaum Zugang zu den bestbezahlten Jobs erhalten. Durch die Vernetzung in globalen Wertschöpfungsketten sind außerdem viele Arbeitsplätze in Schwellenländer verlagert worden, was die finanzielle Teilhabe der Arbeitnehmer in den Industrieländern geschwächt hat.

2. Technologie: Der technologische Fortschritt in kapitalintensiven Sektoren senkt die Preise von Investitionsgütern. Die Automatisierung von Routineaufgaben verdrängt Arbeitnehmer. Aber: Technologie kann die Arbeitsquote auch erhöhen, indem sie den Output und die Produktivität und dann die Löhne erhöht.

3. Demographie: Demographische Entwicklungen spielen ebenfalls eine Rolle, nämlich die Migration und die Alterspyramide einer Bevölkerung. Migration kann den Arbeitsanteil erhöhen (mehr Menschen im erwerbsfähigen Alter), während ein Anstieg des natürlichen Zuwachses (mehr Geburten) den Arbeitsanteil durch eine höhere Zahl an Abhängigen – ebenso wie ein immer höherer Altersdurchschnitt – verringern kann.

4. Institutionen: Ein Rückgang der gewerkschaftlichen Organisationen kann zu einer geringeren sozialen Verhandlungsmacht führen. Eine auf Lohnerhöhungen ausgerichtete Politik kann den Anteil der Arbeit kurzfristig erhöhen und langfristig verringern, indem sie den Unternehmen Anreize bietet, Arbeit durch Kapital zu ersetzen. Eine Senkung der Körperschaftssteuersätze kann die Substitution von Arbeit durch Kapital ebenso fördern.