Parallelen NSA-Skandal und ungleiche Vermögensverteilung

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Inequality – Marktversagen durch Spionage

Alle anderen kritischen Punkte, wie beispielsweise Government oder Bank Defaults, lassen sich durch bestehende oder im Auf-/Ausbau befindliche Strukturen bei professioneller Umsetzung und intaktem Code of Law abarbeiten, ohne an den Systemannahmen operieren zu müssen.

Beispielhaft sei Griechenland genannt, dessen Schuldentragfähigkeit trotz diesjährig erzieltem Primarüberschuss nicht gegeben ist. Deshalb wird es auch zu einem Schuldenschnitt in einer Form kommen, die Deutschland nicht als Schuldenschnitt benennen muss. Wohl wird man sich auf eine Laufzeitverlängerung und einer weiteren Kürzung der Coupons, also der laufenden Zinslast, einigen.

Das Institut für Weltwirtschaft errechnete, dass eine Laufzeitverlängerung auf 50 Jahre einen Barwertverlust für die Kreditgeber zwischen 7,5 und 13,5 Milliarden Euro ergibt, je nach Annahmen über die Entwicklung des Zinsspreads. Viel Geld. No doubt. Aber keine Range, die die europäischen Partner und der IWF nicht darstellen könnten.

Zudem sind die großen Notenbanken in der Zwischenzeit ausreichend eng an die politischen Entscheidungsprozesse herangeführt, sodass sie bei ähnlichen, aus der Great Recession bekannten Situationen ihr nun ausgebautes Repertoire an Interventionsmöglichkeiten (QE, LTRO, et cetera) wieder zum Einsatz bringen werden. Sie nahmen die Rolle an, nun müssen sie liefern.

Gehen wir auf die beiden Faktoren näher ein.

Inequality

Die Sprengkraft ist gegeben, weil im Zuge des Deleveragings das sich Öffnen der Arm-Reich Schere sogar noch beschleunigte. Sowohl die durch Notenbank-Interventionen direkt, wie indirekt ausgelöste Asset Price Inflation (siehe neue Höchststände an den Aktienmärkten),  als auch die finanzielle Repression tragen dazu bei.

Erstaunlich nun, welch geringe Rolle die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland und Österreich im Laufe der Nationalratswahlkämpfe eingenommen hat. Zwar spielen SPD, SPÖ und Grüne das Thema in ihren Parteiprogrammen. Doch sind die genannten Maßnahmen wie Anhebung des Spitzensteuersatzes (SPD) oder Einführung einer Vermögenssteuer light (SPÖ) zu kurz gegriffen, um den seit 2008 sich in seiner Dynamik nochmals verschärfenden Trend in Richtung historische Normalität umkehren zu können.

Persönliche Note. Als liberaler Agnostiker schätze ich Freiheit, Eigenverantwortung und Marktprinzip. Zugleich erschließen sich mir die Vorteile der Vergemeinschaftung von großen Lebensrisiken. Dieses Gleichgewicht einer sozialen Marktwirtschaft, eingebettet in eine demokratische Grundordnung, ist diffizil zu halten und dementsprechend fragil. Mein persönlicher Exkurs soll zeigen, dass mein Hinweis auf die Sprengkraft von Inequality keine Frage einer politischen Ausrichtung ist, sondern Ausdruck meiner Sorge über einen großen blinden Fleck in unseren Gesellschaften.´

Selbst der IWF wacht langsam auf. Der Fonds ist als eindeutig wirtschaftsliberal in seiner Ausrichtung bekannt. Deshalb kommt seine Studie von Mitte Oktober einer kleinen Revolution gleich. Die Botschaft lautet: „Besteuert die Reichen!“. Im Original: „In many countries it might indeed be possible to raise more from those with the highest incomes.“ Abschließend stellt der IWF fest, dass die gegenwärtigen Steuersysteme der entwickelten Volkswirtschaften die Reichen mehr schont als früher.

Oil Fraud Phenomenon

Noch einen letzten Punkt zu Inequality. Die Frage bleibt, weshalb das Elektorat keinen ausreichenden Druck erzeugt. Meine Erklärung ist im „Oil Fraud Phenomenon“ zu finden.

Darunter versteht man die Schwierigkeit, langsame, graduell ablaufende Veränderungen wahrzunehmen. Selbst deren ultimative Wirkung ist demnach schwierig auszumachen. Inequality und finanzielle Repression entsprechen diesem Phänomen.

Das Ergebnis dieses schleichenden Prozesses der steigenden Einkommens- und Vermögensverteilung ist eine sinkende soziale Mobilität, also einer steigenden Undurchlässigkeit sozialer Schichten. Diese mündet in einer Situation, in der nicht Fertigkeiten, sondern Netzwerke den Weg nach oben ermöglichen. So wandelt sich eine meritokratische Plutokratie zu einer nepotistischen Plutokratie. Keineswegs erstrebenswert und trotzdem bereits heute beobachtbar.