Notwendige Weichenstellungen Auf Autohersteller kommen schwierige Zeiten zu

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Anbieter langlebiger Konsumgüter – wie Autos – haben ein grundsätzliches Problem: Je zuverlässiger ein Produkt, desto zufriedener sind zwar die Kunden, desto seltener kommt es aber auch zu Wiederholungskäufen. Insofern ist es für sie wichtig, das Argument der Zuverlässigkeit vor allem für die Neu-Kundengewinnung zu nutzen. Dies geschieht am besten, indem es Bestandteil der Markenidentität wird. Die deutschen Hersteller haben aus den Fehlern der 90er Jahre gelernt und dies weitgehend geschafft, wie übrigens auch Hyundai und Toyota.

Für den kommerziellen Erfolg eines Automobils wird immer wichtiger, inwieweit es und seine Marke von seinen Fahrern als Repräsentant eines bestimmten Lifestyles und weniger als Träger von Sozialstatus im Allgemeinen wahrgenommen wird. Hierbei haben sich vor allem sechs Kategorien herauskristallisiert, in denen sich überdurchschnittliche Margen erwirtschaften lassen: Luxus & Premium für Statusbewusste; allradgetriebene Geländewagen; sportiv & Macho für klassische Sportwagen; technisch hochwertige Kleinwagen für junge Gutverdiener; Familienautos; Energiesparwagen für umweltbewusste Fahrer.

Insbesondere die Nachfrage nach Geländewagen steigt weltweit immer weiter an und hat sich unter diesen Trends als der bisher dominanteste erwiesen. In Hinblick auf die zielgruppengerechte Ansprache bestimmter Lifestyles hat sich bisher die Multimarkenstrategie von Volkswagen besonders bewährt. Aber auch speziell BMW hat sich bei den gehobenen Lifestyles hervorragend positioniert. Toyota hingegen spricht sehr stark Geländewagenkäufer, Familien und Umweltbewusste an.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich in der Vergleichsgruppe der großen internationalen Autokonzerne die deutschen Anbieter sowie Toyota und Hyundai deutlich von ihren Wettbewerbern abgesetzt haben. Ob die bisherigen Verlierer dies wieder aufholen können, muss bezweifelt werden. Viel eher ist anzunehmen, dass sich die Sieger der vergangenen Jahre im Qualitätswettbewerb auch in den nächsten Jahren besser als die Konkurrenten schlagen werden.

6. Innerhalb der verschiedenen Lifestyle-Märkte wird das Premium-Segment immer umkämpfter

Das Premium-Segment war in den vergangenen Jahren von deutschen Herstellern dominiert. Insbesondere BMW schaffte es, durch gezieltes Markenmanagement die Emotionen seiner Zielgruppen besser anzusprechen als bei den meisten anderen Konkurrenten. Diese Stärke führte ebenfalls zu einer weit überdurchschnittlichen Profitabilität. In den vergangenen Jahren konnte allerdings Audi – sowohl was die Absatzerfolge wie auch die Profitabilität angeht – aufschließen. Daimler hinkt trotzt jüngster Absatz-Erfolge mit der margenstarken S-Klasse noch etwas hinterher.

Dennoch dominierten die drei deutschen Autokonzerne mit ihren Premium-Marken bisher das gehobene Segment. Toyotas Tochterunternehmen Lexus kann zwar technisch mithalten, spricht aber die gerade in diesem Segment bedeutsame Emotionalität weniger gut an. Allerdings schlägt sich Lexus viel besser als die Premium-Marken der US-Hersteller Cadillac (GM) und Lincoln (Ford), bei denen sich exemplarisch der Niedergang der US-Autoindustrie widerspiegelt. Verarbeitungsmängel und unattraktives Design haben den Ruf dieser einstmals renommierten Premium-Marken dermaßen ruiniert, dass sie derzeit trotz wieder verbesserter Modelle von den Kunden gemieden werden.

Entscheidend für den Erfolg deutscher Anbieter war auch, dass es ihnen gelang, den Premium-Gedanken auf Segmente wie Kleinwagen und Geländewagen auszudehnen. BMW versucht sich mit seinen neuen Modellen derzeit am Premium-Familienvan. Allerdings werden hier inzwischen die Grenzen der permanenten Ausdehnung des Premium-Konzepts sichtbar: Wenn irgendwann alles einmal Premium sein kann, dann verkommt der Begriff zu einer reinen Marketing-Worthülse. Wenn die Kunden dies realisieren, könnte es mit ihrer Bereitschaft, Premium-Preise zu zahlen, vorbei sein.

Gefährlich könnte für die bisherigen Platzhirsche des Premium-Segments auch werden, dass es mit Jaguar Land Rover jetzt erstmals ein Anbieter geschafft hat, die Erfolgsrezepte erfolgreich zu kopieren. Dies steht im Gegensatz zu Firmen wie Toyota, GM oder Hyundai, die im Premium-Segment seit Jahren trotz teilweise großer Bemühungen nicht richtig vorankommen.

Dies dürfte daran liegen, weil sie die Bedeutung der Emotionalität in diesem Segment unterschätzen: Ihre Angebote erscheinen im Grunde als aufwendig ausgestattete Massenware, was für ein echtes Premium-Angebot zu wenig ist. Tata Motors hingegen konnte seine Traditions-Marken Jaguar und Land Rover innerhalb weniger Jahre wieder international für Premium-Kunden emotional ansprechend erfolgreich positionieren.

Unruhe im Premium-Segment kann der zu erwartende Markteintritt von Apple bringen. Wie kein anderer Konsumgüterkonzern hat es der US-Technologieriese verstanden, einerseits Massenprodukte herzustellen, diese andererseits durch Hochwertigkeit und richtige emotionale Ansprache der Kunden als hochprofitable Premiumprodukte zu verkaufen. Zwar ist über die konkreten Pläne von Apple noch wenig bekannt, allerdings dürfte die Hauptzielgruppe Kunden mit hohem Markenbewusstsein sein, die auch für Daimler, BMW und Audi sehr relevant sind.

7. Der Verbrennungsmotor wird zunehmend durch andere Antriebsformen ersetzt (Elektromotor beziehungsweise Brennstoffzelle) beziehungsweise ergänzt (Hybridantrieb)

Seit den Anfangstagen des Automobils konkurrieren Batterieantrieb und Verbrennungsmotor miteinander um den Rang der bevorzugten Antriebstechnologie. Trotz anfangs schlechterer Leistungen setzte sich relativ zügig der Verbrennungsmotor durch. Dies hatte vor allem drei Ursachen: Zum einen fehlte es sehr lange an einer leistungsfähigen Speichertechnik für Energie, sodass die Reichweite von Elektroautos vergleichsweise gering blieb. Weiterhin dauerte es damals wie heute vergleichsweise sehr lange, ein Elektroauto mit Strom zu „betanken“. Zum anderen gelang mit dem zügigen Aufbau eines Netzwerks mit Benzintankstellen die Schaffung einer notwendigen Infrastruktur.

Seit einigen Jahren hat jedoch das Interesse an der Elektromobilität wieder zugenommen. Dies hat einerseits damit zu tun, dass inzwischen immer leistungsfähigere Speichertechnologien entwickelt werden, die erwarten lassen, dass der Leistungsrückstand zu Verbrennungsmotoren bald auf ein erträgliches Maß reduziert wird. Heute haben marktübliche Elektrofahrzeuge mit einer Ladung eine Reichweite von 150-200 Kilometer (bei Tesla ist sie etwas höher), die für Fernreisen aber noch zu gering ist.

Sie sprechen daher bisher vor allem ausgesprochene Stadtbewohner an. Audi hat allerdings vor wenigen Tagen den R8 e-tron für 2016 angekündigt. Dieser Sportwagen wird vollständig mit einem Batterieantrieb ausgestattet und hat eine Reichweite von 450 Kilometern. Für die langen Ladezeiten (80 Minuten mit Schnellladesystem) ist bisher noch keine befriedigende Lösung absehbar.

Die Beliebtheit des Elektroantriebs hängt aber vor allem von der Förderung durch die Politik ab. Elektrotechnik gilt als „grün“, weil sie zu keinem direkten CO2-Ausstoß führt, wobei der tatsächliche Umwelteffekt letztlich davon abhängt, mit welchen Kraftwerken der Strom für das Elektroauto erzeugt wird.

In Ländern wie Norwegen, wo die Anschaffung steuerlich gefördert wird und eine Infrastruktur mit Elektrotankstellen konsequent aufgebaut wurde, beträgt der Anteil bei den Neuzulassungen (inklusive Plug-in Hybrid) bereits ca. 33 Prozent. In Deutschland hingegen gibt es aller Lippenbekenntnisse der Politik zum Trotz weder genügend Aufladestationen noch ausreichende steuerliche Förderungen.