Notwendige Weichenstellungen Auf Autohersteller kommen schwierige Zeiten zu

Seite 4 / 8



Doch nicht nur Anbieter aus Schwellenländern werden den Platzhirschen der Autoindustrie in den nächsten Jahren zu schaffen machen. Kapitalstarke Technologiefirmen wie Apple oder Google und Newcomer wie Tesla haben den Automobilbau als Expansionsfeld entdeckt. Sie gehen Fahrzeuge anders an als die traditionellen Hersteller: Nicht als Fortbewegungsmittel, das Technologie benutzt; sondern als neue Technologie, die sich in Bewegung befindet. Während bei Apple bisher wenig über die konkreten Pläne bekannt ist, testet Google schon seit einiger Zeit selbstfahrende Automobile.

Diese unterschiedliche Vorgehensweise bei der Konstruktion eines Autos, dieses nicht mehr als Fahrzeug, das einen Computer nutzt, sondern als einen Computer auf Rädern anzusehen, zeigt sich auch daran, wie die unterschiedlichen Wettbewerber bei der Einführung selbstfahrender Autos vorgehen: Während sich etablierte Autoproduzenten über die schrittweise Einführung von Assistenzsystemen in die neue Technologie vortasten; dürfte Google sein Angebot direkt mit einem völlig autonom fahrenden Automobil (ohne Lenkrad, Brems- und Gaspedale) starten, das keine hohen Geschwindigkeiten fahren kann. Es erscheint denkbar, dass Google damit vor allem eine urban orientierte sowie bisher wenig an einem eigenen Auto interessierte Kundschaft anspricht und damit eher den Markt erweitert als etablierte Anbieter verdrängt.

3. China ist kein El Dorado mehr

Das gesamte Wachstum im globalen Automobilabsatz der vergangenen zehn Jahre beruht im Wesentlichen auf einem Nachfrageanstieg in den Schwellenländern. Insbesondere wichtig war hierbei China. Das Land entwickelte sich von einem praktisch nicht existierenden Markt vor 25 Jahren zum inzwischen größten Automarkt der Welt. 2009 überholte der Autoabsatz in China das erste Mal den in den USA. Mehr als ein Viertel der globalen Produktion werden hier inzwischen verkauft. Der Markt ist inzwischen ca. dreimal so groß wie diejenigen der übrigen Bric-Staaten Brasilien, Indien und Russland zusammengenommen.

Aber nicht nur beim Umsatz, sondern auch für die Profitabilität der Autoindustrie hat China eine entscheidende Bedeutung bekommen. Weit überdurchschnittliche Absatzpreise haben es Premium-Anbietern wie BMW ermöglicht, die Umsatzrendite auf über 10 Prozent im Gesamtkonzern zu steigern; vermutlich hingen 2014 mehr als 50 Prozent der Gewinne von China ab. Für Massenanbieter wie GM ist das Land sogar überlebenswichtig. 2013 wurde zum Beispiel bei einem Umsatzanteil von 35 Prozent praktisch der gesamte Jahresgewinn des US-Konzerns in China erwirtschaftet.

Im ersten Halbjahr 2015 hat sich die Situation jedoch deutlich verschlechtert. Zum einen hat sich das Nachfrage-Wachstum deutlich abgeschwächt. Zum anderen gehen chinesische Wettbewerbsbehörden inzwischen gegen überhöhte Preise vor. Mercedes, Audi und Chrysler wurden mit Millionenstrafen belegt; BMW, Jaguar Land Rover und Lexus senkten „freiwillig“ ihre Preise deutlich. Einige Anbieter mussten ihrem Händlernetz mit Unterstützungszahlungen finanziell unter die Arme greifen.

Der Wettbewerbsdruck hat sich auch deshalb verschärft, weil die Produktionskapazitäten noch stärker gewachsen sind als die Nachfrage. Die Kapazitätsauslastung in chinesischen Autofabriken dürfte von etwa 95 Prozent 2010 im ersten Halbjahr 2015 auf deutlich unter 70 Prozent gefallen sein. Als Faustregel wird gemeinhin angenommen, dass eine Produktionsstätte rund 75 Prozent Auslastung benötigt, um profitabel arbeiten zu können. Hiervon sind viele Werke in China weit entfernt.

Langfristig dürfte der chinesische Automobilmarkt aufgrund der nach wie vor geringen Marktsättigung außerhalb von Metropolregionen wie Schanghai zwar ein Wachstumsmarkt bleiben. Kurzfristig steht jedoch ein zyklischer Abschwung bevor, der insbesondere die westlichen Premium-Hersteller hart treffen kann. Bei einem Wiederaufschwung muss angesichts der bestehenden Überkapazitäten befürchtet werden, dass sich zwar die Volumen, aber nicht die Margen erholen. Insofern werden die „goldenen Zeiten“ hochprofitablen und starken Wachstums für ausländische Anbieter in China auf jeden Fall vorbei sein.