Notenbankpolitik Am Ende wird es Geld vom Himmel regnen

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Am Ende dürfte sich bei der EZB die Erkenntnis durchsetzen, dass eine expansive Geldpolitik zwar in Krisenzeiten helfen kann, aber kontraproduktiv wirkt, wenn sie extrem exzessiv betrieben wird. Immer mehr Anleger zweifeln am Nutzen der EZB-Maßnahmen, da hinsichtlich Inflation, Wirtschaftswachstum, Strukturreformen und Kreditvergabe kaum Erfolge zu sehen sind.

Aus unserer Sicht bewegt sich die westliche Welt in Richtung gigantischer fiskalpolitischer Programme, ohne Rücksicht auf die jetzt schon sehr angespannte Verschuldungssituation. Daher ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Zentralbanken einen maßgeblichen Anteil zur Finanzierung beitragen werden. Ein derartiges Vorgehen nennt man dann wohl Helikoptergeld.

Angespannte Verschuldungssituation

Ben Bernanke, der ehemalige Chef der US-Notenbank FED, ist einer der bekanntesten Verfechter dieser Idee. Angewendet wurde sie aber noch nie, auch nicht zu der Zeit, als Bernanke in geldpolitischer Verantwortung war.

EZB-Chef Mario Draghi hatte die Debatte neu angefacht, als er bei einer Pressekonferenz am 10. März 2016 das Konzept des „Helikoptergelds“ als „sehr interessant“ bezeichnete. Zwar wiegelte er das Thema in der Folge wieder ab, aber der Boden für Spekulationen und Interpretationen war bereitet.

Doch was ist „Helikoptergeld“ und wie könnte es eingesetzt werden? Grundsätzlich wird Helikoptergeld als ein geldpolitisches Konzept bezeichnet, bei dem Zentralbankgeld direkt an Staaten oder Bürger ausgezahlt wird.

Lösung Helikoptergeld?

Die Öffentliche Hand könnten dann beispielsweise große Infrastrukturprojekte finanzieren wie den Ausbau von Autobahnen, die Sanierung öffentlicher Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäuser und dergleichen mehr. Böse Zungen behaupten, es würde vielleicht sogar eine 17. Brücke über das Rheintal gebaut, unabhängig davon, ob sie gebraucht wird oder nicht.

In der Ära von George Bush hatten die Vereinigten Staaten bereits den Versuch unternommen, mit massiven Geldgeschenken an alle Bürger in Form von Steuerschecks den Konsum anzukurbeln.

Grotesk, aber durchaus vorstellbar, ist auch die Idee, dass Notenbanken den Schuldendienst von Staaten übernehmen: Sie würden die Zinsen zahlen und Investoren von Staatsanleihen auszahlen, wenn diese auslaufen. Dabei müssten nicht mal neue Staatsanleihen zur Finanzierung der Rückzahlung ausgegeben werden.

Effekt verpufft

Der absolute Schuldenstand des Staates würde sich somit verringern, die Bilanz der Notenbank jedoch gewaltig aufgebläht. Nach den Vorstellungen der Befürworter sollen die Programme laufen, bis die gewünschte Inflationsrate von zwei Prozent erreicht ist. Entscheidend wäre, dass die Staaten das Geld nicht zurückzahlen müssen.

Ziel ist, dass das Geld direkt in die Realwirtschaft umgeleitet und diese dadurch angekurbelt wird. Das Problem: Sollten die Konsumenten das zusätzlich verfügbare Einkommen dazu nutzen, um Schulden abzubauen oder zu sparen würde der gewünschte Effekt in großen Teilen verpuffen.

Geldpolitik ist kein Allheilmittel. Sie kann notwendige Reformen in einzelnen Staaten nicht ersetzen und löst auch keine Wachstumsprobleme aufgrund mangelnder Wettbewerbsfähigkeit. Wer das von ihr verlangt, überfordert sie und wird am Ende bitter enttäuscht werden.


Über den Autor:
Michael Reuss ist Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung. Seine Karriere begann er bei der Bayerischen Hypotheken und Wechselbank 1986. Reuss hat langjährige Erfahrung im Asset Management sowie in der Betreuung institutioneller und vermögender Privatkunden.

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