Bernd Franken von der Nordrheinischen Ärzteversorgung „Wir glauben fest an aktives Management“

Bernd Franken von der Nordrheinischen Ärzteversorgung: „Trotz Zinsanstieg hat die Diversifikation wunderbar funktioniert.“

Bernd Franken von der Nordrheinischen Ärzteversorgung: „Trotz Zinsanstieg hat die Diversifikation wunderbar funktioniert.“ Foto: Markus Kirchgessner

leitwolf: Herr Franken, als Sie bei der Nordrheinischen Ärzteversorgung anfingen, machten zinsbasierte Anlagen 80 Prozent der Kapitalanlage aus. Sie haben radikal umgesteuert. Wie sieht Ihre Asset Allocation heute aus?

Bernd Franken: In der Tat machten Zinsträger Anfang 2014 fast 80 Prozent der Kapitalanlage aus. Der Rest verteilte sich auf Immobilien, Aktien und Hedgefonds sowie Absolute-Return-Strategien. Unter anderem wegen des Niedrigzinsumfelds war schnell klar, dass wir den angestrebten Rechnungszins von 3,5 Prozent so nicht erreichen werden. Heute machen zinsbasierte Anlagen nur noch 35 Prozent aus. Stark ausgebaut haben wir die Bereiche Infrastruktur, Private Debt und Private Equity mit jetzt jeweils rund zehn Prozent. Dazu kommen Aktien mit zehn Prozent und Immobilien mit 25 Prozent.

Welche Grundsätze verfolgen Sie beim Investieren?

Franken: Mein Herz schlägt für die Diversifikation. Unser Aktienanteil entfällt zum Beispiel auf zehn Fonds mit 540 verschiedenen Aktien. Diversifikation bedeutet für mich auch die Streuung über Large und Small Caps, verschiedene Stile wie Growth und Value sowie unterschiedliche Regionen. Früher waren wir fast ausschließlich in Europa investiert. Heute entfallen nur noch 50 Prozent unserer Investments auf Europa, 30 Prozent sind global angelegt und jeweils zehn Prozent in Amerika und Asien. Ich halte zudem nichts von Timing. Wir setzen alle drei Jahre eine Asset-Liability-Management-Studie mit einem Zielhorizont von zehn Jahren auf und jedes Jahr einen Umsetzungsplan. Habe ich eine Idee für eine Portfolio-Struktur, halte ich mich daran. Kurzfristige Marktbewegungen sind für uns nicht relevant.

Auffällig ist der geringe Aktienanteil. Was ist der Grund?

Franken: Entscheidend ist für uns, ob es sich um eine unternehmerische Betei­ligung handelt. Und das gilt auch für Private Equity und Infrastruktur. Insgesamt ergibt sich somit ein Anteil von rund 30 Prozent an Unternehmensbeteiligungen. Im Übrigen ist die extreme Kursentwicklung der Magnificent Seven meiner Einschätzung nach eine massive Anomalie. Wir halten zwar auch Nvidia, Meta & Co, aber nicht in der hohen Gewichtung wie im MSCI World.

Wie stehen Sie zum Thema „aktiv versus passiv“?

Franken: Passiv investieren wir nur, wenn wir einen Markt testen oder das Anlagevolumen klein ist. Bei Summen ab 60 Millionen Euro vergeben wir ein Mandat. Wir glauben fest an aktives Management. Aktive Manager können durch Informationsvorsprünge strukturelles Alpha erwirtschaften.

 

Der Anteil an Alternatives ist relativ hoch, viele Bereiche liefen lange auch sehr gut. Wie sind Ihre jüngsten Erfahrungen mit Private Equity, Private Debt und Infrastrukturinvestments?

Franken: Der Zinsanstieg hat sich erwartungsgemäß unterschiedlich auf die Anlageklassen ausgewirkt. Immobilien hat es schwer getroffen, Private Equity hat allenfalls eine „Pause“ eingelegt, ebenso Infrastrukturanlagen. Private Debt ist wegen der variablen Verzinsung dagegen durch die Decke gegangen. Insgesamt hat die Diversifikation somit wunderbar funktioniert. Die Zeitverzögerung bei der Marktbewertung illiquider Anlagen ist für uns übrigens extrem wertvoll. Ein Markteinbruch schlägt sich in illiquiden Anlagen erst drei oder vier Quartale später nieder als in liquiden. Dann hat der liquide Markt meist schon die Talsohle verlassen.

Wie wirken sich die starken Wertkorrekturen auf Ihren Immobilienanteil aus?

Franken: Das wird Folgen haben. Einen so starken Preisrückgang am Immobilien­markt wie in den vergangenen Jahren hat es in den 30 Jahren zuvor nicht gegeben. 2023 konnten wir noch durch Reserven ausgleichen. 2024 mussten wir über 100 Millionen Euro abschreiben. Der Einbruch findet sich jetzt in den Datenreihen und verschlechtert das Risiko-Ertrags-Verhältnis von Immobilien für die Zukunft. Ich bin zudem überzeugt, dass die strukturellen Herausforderungen noch groß sind, siehe Büro- und Gewerbeimmobilien und energetische Sanierungen. Ich gehe daher davon aus, dass wir unsere Immobilienquote senken und in Richtung 20 Prozent gehen werden.

Planen Sie noch weitere Veränderungen in der Asset Allocation?

Franken: Unsere Zielquoten aus dem aktuellen Umsetzungsplan von 2022 haben wir schon 2024 erreicht. Für den neuen Umsetzungsplan gehe ich davon aus, dass der Absolute-Return- und Hedgefonds­anteil steigen wird. Zudem wird der Ausbau von Private Equity weitergehen.

Ungewöhnlich für einen institutionellen Investor ist, dass Sie kleinere Positionen in Kryptowährungen halten …

Franken: Wir haben seit einigen Jahren die Möglichkeit, neue Ideen in einem Inkubator auszuprobieren. Dafür müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Unter anderem darf es sich maximal um 0,1 Prozent unserer gesamten Kapitalanlage handeln. Bislang haben wir sieben Strategien getestet, darunter zwei im Kryptobereich. Bei der einen handelt es sich um einen Korb aus den zehn größten Coins. Die andere besteht aus Aktien von Unternehmen aus dem Blockchain-Bereich, ergänzt um zehn Prozent Direktinvestments in Kryptowährungen. Beides sind UCITS-konforme und an den Börsen handelbare ETPs.

Wie zufrieden sind Sie mit den Ergebnissen?

Franken: Die Renditen lagen bei 130 Prozent und 200 Prozent in knapp zwei Jahren. Die erste Strategie werden wir dennoch beenden. Kryptowährungen werfen keinen Ertrag ab, es handelt sich um reine Preisspekulation. Was die zweite angeht, sind wir noch in der Entscheidungsphase. Hier gefällt mir der Gedanke, dass es sich um Investments in Unternehmen handelt. Die Volatilität ist aber eher ein Problem für uns.

Ein großes Thema in der Branche ist künstliche Intelligenz. Setzen Sie KI ein?

Franken: Wir selbst setzen KI bislang nicht ein. Wir haben in unserem Inkubator eine Strategie mit KI-basierter Aktienauswahl getestet. Diese hat allerdings nicht einmal die Benchmark geschlagen. Wir verfolgen das Thema dennoch sehr genau. Wir hören auch von mandatierten Managern, dass sie KI nutzen. Einer unserer Manager im Währungsoverlay ist damit extrem erfolgreich. Und bei der Auswertung von Geschäftsberichten bringt KI natürlich eine extreme Zeitersparnis.

 

Sie haben Ihre Nachhaltigkeitsstrategie einmal als „Wanderung“ bezeichnet, also als Weg in einem sich ständig ändernden Umfeld. Wie weit sind Sie auf dieser Wanderung gekommen?

Franken: Ich habe eine Affinität zu dem Thema, vielleicht auch durch meine Vergangenheit bei kirchlichen Einrichtungen. Ich bin davon überzeugt, dass man sich in jeder Assetklasse mit Nachhaltigkeit beschäftigen und versuchen muss, etwas zu bewirken. Dabei geht es nicht nur um den CO2-Fußabdruck. Labels à la Artikel 8 und 9 überzeugen mich nicht. Wir wollen Ergebnisse sehen, den Impact. So investieren wir beispielsweise in Start-ups aus dem Bereich Wasserstoffinfrastruktur. Neuinvestitionen in Öl- und Gasprojekte lehnen wir mittlerweile ab. Wir haben genügend Alternativen, etwa Erneuerbare-Energien-Projekte in Australien.

Sie haben langjährige Erfahrungen an den Kapitalmärkten. Haben Sie – neben Diversifikation und Verzicht auf Timing – noch ein Erfolgsrezept?

Franken: Ich kenne Versorgungswerke mit lang währenden Geschäftsbeziehungen zu einer Bank oder einem Asset Manager, die gar nicht mehr infrage gestellt werden – auch wenn Qualität oder Preis nicht mehr stimmen. Wir wollen aber immer mit den Besten zusammenarbeiten. Und das gelingt uns auch.


Über den Interviewten: 

Bernd Franken ist seit 2014 Geschäftsführer für Kapitalanlagen bei der Nordrheinischen Ärzteversorgung. Seine ersten Berufsjahre hat er bei einer US-Unternehmensberatung und im Bereich Finanzen/Con­trolling der Malteser Krankenhäuser und Heime verbracht. Im Jahr 2000 wurde der Diplom-Kaufmann Finanzdirektor des Bistums Trier, 2006 dann Direktor des „Zentralbereichs Ressourcen“ in Trier. 2008 ging Franken nach Köln als Vorstand der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse KZVK, zuständig für die Kapitalanlage.

Dieses Interview wurde uns freundlicherweise von Lupus Alpha zur Verfügung gestellt und stammt aus dem aktuellen leitwolf-Magazin: (leitwolf-magazin.de) 

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