Praxisbeispiel Nießbrauchvorbehalt – warum es sich lohnt, die Vermögensnachfolge früh anzugehen

Ralf Niederdränk, Geschäftsführer und Gründer von Genaplan.

Ralf Niederdränk, Geschäftsführer und Gründer von Genaplan. Foto: GENAPLAN Gesellschaft für Nachfolgeplanung mbH

Empfohlener redaktioneller Inhalt
Externe Inhalte anpassen

An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der unseren Artikel ergänzt. Sie können sich die externen Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen. Die eingebundene externe Seite setzt, wenn Sie den Inhalt einblenden, selbstständig Cookies, worauf wir keinen Einfluss haben.

Externen Inhalt einmal anzeigen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt und Cookies von diesen Drittplattformen gesetzt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Die lebzeitige Übertragung (Schenkung) von Immobilien und anderen Vermögenswerten ist ein beliebtes Instrument der vorweggenommenen Erbfolge. Gängiges Gestaltungsmodell ist der Vorbehaltsnießbrauch, der es ermöglicht, bei der Vermögensübergabe Steuern zu sparen und zugleich die Versorgungsbedürfnisse der älteren Generation zu wahren. Was dabei zu beachten ist: Der erzielbare Steuervorteil wird von Jahr zu Jahr geringer.

Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Freibeträge bereits ausgenutzt sind, zum Beispiel im Rahmen der Unternehmensnachfolge. Unser Praxisbeispiel zeigt, dass es in vielen Fällen lukrativer ist, die Vermögensnachfolge zügiger umzusetzen.

Bei der Übertragung von Vermögen unter Nießbrauchvorbehalt zu Lebzeiten geht das Eigentum an einem Vermögenswert, zum Beispiel eine vermietete Immobilie, an den Beschenkten über. Die Erträge stehen jedoch zu Lebzeiten weiterhin dem Schenkenden zu, der auch alle Kosten zu tragen hat. Dies wird Vorbehaltsnießbrauch oder Nießbrauchvorbehalt genannt.

Vergleichbar ist das mit einem Obstbaum, der verschenkt wird, dessen Früchte zu Lebzeiten aber dem Schenker zustehen. Der ist jedoch weiter dafür verantwortlich, den Baum zu pflegen und trägt die Kosten.

Was macht eine Schenkung mit Vorbehaltsnießbrauch steuerlich attraktiv?

Um die steuerlichen Auswirkungen einer Nießbrauchlösung zu ermitteln, wird der Vermögenswert getrennt vom steuerlichen Wert des Nießbrauchs berechnet. Der Nießbrauchwert, vergleichbar mit dem kapitalisierten Rentenbarwert der lebenslangen Zahlungen, wird vom Steuerwert des zugewendeten Vermögens abgezogen. Der Abzug des Nießbrauchwertes vom Vermögenswert bewirkt somit einen Steuervorteil und belässt die Einkünfte („Früchte“) aus Immobilien weiterhin bei der Seniorgeneration.

So entwickeln sich die Vorteile des Nießbrauchs

Der Steuervorteil ist umso höher, je jünger der Nießbrauchberechtigte (Schenker) zum Zeitpunkt der Schenkung ist. Dieser ist von der statistischen Lebenserwartung abhängig.

Wird eine Vermögensübertragung aufgeschoben und erst einige Jahre später durchgeführt, wird oft der Immobilienwert weiter gestiegen sein, während der abzugsfähige Nießbrauchwert geringer geworden ist. Folglich wird die Differenz beider Werte, der steuerliche Erwerbswert, Jahr für Jahr größer.

Praxisbeispiel zeigt Steuerwert der Zuwendung

Markus Vielhäuser ist 62 Jahre alt und Vater dreier Kinder. Er besitzt ein umfangreiches Immobilienportfolio, das im Rahmen der Vermögensnachfolge bereits zu Lebzeiten an die nächste Generation übertragen werden soll.

Daher sind die Schenkungssteuerfreibeträge, jeweils 400.000 Euro pro Kind, im laufenden Jahr bereits durch Schenkungen ausgeschöpft. In zehn Jahren, wenn die Freibeträge erneut genutzt werden können, sind andere Maßnahmen im Rahmen der Unternehmensnachfolge geplant, sodass im vorliegenden Szenario bewusst davon ausgegangen wird, dass für die Immobilienschenkung keine Freibeträge in Abzug zu bringen sind.

Sie sind neugierig aufs Private Banking?

Wir auch. Abonnieren Sie unseren Newsletter „pbm daily“. Wir versorgen Sie vier Tage die Woche mit aktuellen Nachrichten und exklusiven Personalien aus der Welt des Private Bankings.

Vielhäuser möchte wissen, ob es sinnvoll ist, sein 2019 fertiggestelltes, vermietetes Mehrfamilienhaus mit einem Marktwert von circa 2,2 Millionen Euro ebenfalls bereits heute auf seine Kinder zu übertragen. Da die Freibeträge ausgeschöpft sind, würde für diese Zuwendungen Schenkungssteuer fällig.

Kaltmiete: 71.633 Euro pro Jahr (Rohertrag)

Bodenwert: 358.900 Euro

Ziel ist es, den geeigneten Zeitpunkt für die Übertragung zu berechnen, um die Vermögensnachfolge zu optimieren.

Der Steuerwert der Zuwendung hängt von mehreren Faktoren ab, die sich über die Dauer der betreffenden Zeitspanne ändern können. Dies sind zum Beispiel der Bodenrichtwert des Grundstücks, die erzielte Kaltmiete (Reinertrag), der Liegenschaftszins und die Inflation. Die verlässlichste Einflussgröße ist das Alter des Schenkers, das jedes Jahr um ein Jahr steigt. Unser Rechenbeispiel unterstellt eine moderate Steigung der Mieteinnahmen und des Bodenwertes um jährlich 2 Prozent.

Starten oder Warten?

Da Markus Vielhäuser mit 62 Jahren noch recht jung ist, lässt sich durch Abzug des Nießbrauchs aktuell ein nennenswerter Steuervorteil erzielen:

 

Der steuerliche Wert der Zuwendung des betreffenden Hauses beträgt nach Abzug des Nießbrauchswertes nur rund 501.000 Euro. Das ist weniger als ein Viertel des aktuellen Marktwertes von 2,2 Millionen Euro.

Bei einer Übertragung auf Vielhäusers drei Kinder im Jahr 2023 erhielte jedes Kind eine Zuwendung im steuerlichen Wert von 167.082 Euro. Hierauf würde das Finanzamt Schenkungssteuer in Höhe von 18.379 Euro (Steuersatz 11 %, Steuerklasse I) erheben. Zehn Jahre später, im Jahr 2033, könnten sich die Eckdaten wie folgt verändert haben:

 

Wartet Vielhäuser mit der Übertragung also bis zum Jahr 2033, ergibt sich eine um 62 Prozent höhere Schenkungssteuer – unterstellt, dass der Gesetzgeber die Steuersätze nicht zwischenzeitlich verändert. Dieser Effekt beschleunigt sich mit abnehmender Lebenserwartung des Schenkers, wie die nachfolgende Grafik zeigt.

 

Es kann sinnvoll sein, Schenkungen im Zehnjahresrhythmus durchzuführen, um die Freibeträge optimal auszunutzen. Reichen hingegen die Freibeträge aufgrund der Vermögensdimension nicht aus, sollte die Entscheidung von der erwarteten Entwicklung des steuerlichen Zuwendungswertes abhängig gemacht werden. Ebenso sollten eventuelle, zukünftige Änderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen zum Anlass genommen werden, entsprechende Verfügungen vorzuziehen.

Noch im Herbst 2022 forderte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), die derzeitigen Erbschaftsteuerfreibeträge an die Inflationsentwicklung anzupassen. Ein entsprechendes Gesetzgebungsvorhaben wurde jedoch bislang nicht initiiert. Im Gegenteil: inzwischen mehren sich auch bei den konservativen Oppositionsparteien CDU/CSU die Sympathien für eine „gerechtere Gestaltung“ der Erbschaft- und Schenkungssteuer. Gemeint ist damit unter dem Strich, dass Steuern erhöht werden.

Schließlich ist bei allen Grundstücksschenkungen, die die persönlichen Freibeträge der Beschenkten übersteigen, zu berücksichtigen, dass diese über die zur Begleichung der Schenkungsteuer erforderliche Liquidität verfügen sollten.


Über den Autor:

Ralf Niederdränk ist Gründer und Geschäftsführer von Genaplan Gesellschaft für Nachfolgeplanung. Der CFEP-Zertifikatsträger und zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT) ist Mitglied im FPSB Deutschland.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?
Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen